Saemtliche Werke von Heinrich von Kleist (Illustrierte) (German Edition)
der Blitzstrahl, der den Wandrer trifft,
Die Welt noch einmal purpurn ihm erleuchtet,
So laß dein Wort sein; Nacht, wenn du gesprochen,
Mög über meinem Haupt zusammenschlagen.
Mörner (tritt, geführt von den beiden Reutern, vor ihr).
Der Prinz von Homburg war, sobald der Feind,
Gedrängt von Truchß, in seiner Stellung wankte,
Auf Wrangel in die Ebne vorgerückt;
Zwei Linien hatt er, mit der Reuterei,
Durchbrochen schon, und auf der Flucht vernichtet,
Als er auf eine Feldredoute stieß.
Hier schlug so mörderischer Eisenregen
Entgegen ihm, daß seine Reuterschar,
Wie eine Saat, sich knickend niederlegte:
Halt mußt er machen zwischen Busch und Hügeln,
Um sein zerstreutes Reuterkorps zu sammeln.
Natalie (zur Kurfürstin).
Geliebte! Fasse dich!
Kurfürstin. Laß, laß mich, Liebe!
Mörner.
In diesem Augenblick, dem Staub entrückt,
Bemerken wir den Herrn, der, bei den Fahnen
Des Truchßschen Korps, dem Feind entgegenreitet;
Auf einem Schimmel herrlich saß er da,
Im Sonnenstrahl, die Bahn des Siegs erleuchtend.
Wir alle sammeln uns, bei diesem Anblick,
Auf eines Hügels Abhang, schwer besorgt,
Inmitten ihn des Feuers zu erblicken:
Als plötzlich jetzt der Kurfürst, Roß und Reuter,
In Staub vor unsern Augen niedersinkt;
Zwei Fahnenträger fielen über ihn,
Und deckten ihn mit ihren Fahnen zu.
Natalie.
O meine Mutter!
Erste Hofdame. Himmel!
Kurfürstin. Weiter! Weiter!
Mörner.
Drauf faßt, bei diesem schreckenvollen Anblick,
Schmerz, unermeßlicher, des Prinzen Herz;
Dem Bären gleich, von Wut gespornt und Rache,
Bricht er mit uns auf die Verschanzung los:
Der Graben wird, der Erdwall, der sie deckt,
Im Anlauf überflogen, die Besatzung
Geworfen, auf das Feld zerstreut, vernichtet,
Kanonen, Fahnen, Pauken und Standarten,
Der Schweden ganzes Kriegsgepäck, erbeutet:
Und hätte nicht der Brückenkopf am Rhyn
Im Würgen uns gehemmt, so wäre keiner,
Der an dem Herd der Väter, sagen könnte:
Bei Fehrbellin sah ich den Helden fallen!
Kurfürstin.
Ein Sieg, zu teu’r erkauft! Ich mag ihn nicht.
Gebt mir den Preis, den er gekostet, wieder.
(Sie sinkt in Ohnmacht.)
Erste Hofdame.
Hilf, Gott im Himmel! Ihre Sinne schwinden.
(Natalie weint.)
Sechster Auftritt
Der Prinz von Homburg tritt auf. – Die Vorigen.
Der Prinz von Homburg.
O meine teuerste Natalie!
(Er legt ihre Hand gerührt an sein Herz.)
Natalie.
So ist es wahr?
Der Prinz von Homburg.
O! könnt ich sagen: nein!
Könnt ich mit Blut, aus diesem treuen Herzen,
Das seinige zurück ins Dasein rufen!
Natalie (trocknet sich die Tränen).
Hat man denn schon die Leiche aufgefunden?
Der Prinz von Homburg.
Ach, mein Geschäft, bis diesen Augenblick,
War Rache nur an Wrangel; wie vermocht ich,
Solch einer Sorge mich bis jetzt zu weihn?
Doch eine Schar von Männern sandt ich aus,
Ihn, im Gefild des Todes, aufzusuchen:
Vor Nacht noch zweifelsohne trifft er ein.
Natalie.
Wer wird, in diesem schauderhaften Kampf,
Jetzt diese Schweden niederhalten? Wer
Vor dieser Welt von Feinden uns beschirmen,
Die uns sein Glück, die uns sein Ruhm erworben?
Der Prinz von Homburg (nimmt ihre Hand).
Ich, Fräulein, übernehme eure Sache!
Ein Engel will ich, mit dem Flammenschwert,
An eures Throns verwaiste Stufen stehn!
Der Kurfürst wollte, eh das Jahr noch wechselt,
Befreit die Marken sehn; wohlan! ich will der
Vollstrecker solchen letzten Willens sein!
Natalie.
Mein lieber, teurer Vetter!
(Sie zieht ihre Hand zurück.)
Der Prinz von Homburg. O Natalie!
(Er hält einen Augenblick inne.)
Wie denkt Ihr über Eure Zukunft jetzt?
Natalie.
Ja, was soll ich, nach diesem Wetterschlag,
Der unter mir den Grund zerreißt, beginnen?
Mir ruht der Vater, mir die teure Mutter,
Im Grab zu Amsterdam; in Schutt und Asche
Liegt Dortrecht, meines Hauses Erbe, da;
Gedrängt von Spaniens Tyrannenheeren,
Weiß Moritz kaum, mein Vetter von Oranien,
Wo er die eignen Kinder retten soll:
Und jetzt sinkt mir die letzte Stütze nieder,
Die meines Glückes Rebe aufrecht hielt.
Ich ward zum zweitenmale heut verwaist.
Der Prinz von Homburg (schlägt einen Arm um ihren Leib).
O meine Freundin! Wäre diese Stunde
Der Trauer nicht geweiht, so wollt ich sagen:
Schlingt Eure Zweige hier um diese Brust,
Um sie, die schon seit Jahren, einsam blühend,
Nach eurer Glocken holden Duft sich sehnt!
Natalie.
Mein lieber, guter Vetter!
Der Prinz von Homburg. – Wollt
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