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Saemtliche Werke von Jean Paul

Saemtliche Werke von Jean Paul

Titel: Saemtliche Werke von Jean Paul Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jean Paul
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Koffer und meine ändern eingepakten Sachen in die Augen - auf’s Herz - — ich gieng an’s Fenster. Sah’ zum leztenmal den Birnbaum, unter dem ich so vertraulich mit meinen Spielkammeraden das iunge Leben verlebte - unter dem ich so senlich auf die Birn hofte, die mir der starke Wind abschütteln solte. Ich sah al das - — es wurde mir heilig - es drängt’ in mir, al dies so verlassen zu müssen, so hinausgeworfen zu werden in die weite Welt. Oh! - Ich trank Kaffee. Aber immer mischten sich die Tränen mit meinem Trank. Ach! wie mein guter Vater mir in die Augen sah, und wegblikte, weinte - wie die liebe Mutter mit nassen Augen den Kaffe einschenkte. Endlich kam das Pferd in den Hof angetrabt, mit welchem ich fortreiten solte. Ach! da flossen die Tränen. Da umklammerte mir mein kleines Brüdergen die Knie! »Lieber Bruder! bleib da! kom bald wieder!« ach kleines Geschöpf! wie innig, wie war hast du dies in deinem Kindessin gesagt! Got! ich kan dir’s kaum hinaus erzälen. Da stand der Vater und weinte, da stand die Mutter und weinte, da war das Hausgesinde, und weinte - immer drehte sich eins um’s andre um, die Tränen zu verbergen. Ach sie sahen mich alle! und sahen nicht den Jammer, den meine Sele fülte - nicht die Wellen, die in mir tobten. Endlich macht’ ich’s ein Ende: Nam meinen Vater bei der Hand, zerdrükt ihm sie, sagte tief heraus: Vater! Leben Sie wol! Dank für Ihre Liebe gegen mich, für Ihre Bemühung wegen mir - Dank Ihnen! o meine Mutter! leben Sie wol! Und auch du kleines Brüdergen! und alle! Ach - - - ich schluchzte. Im Hof war unser alter Holzhakker, der sah auch nach mir, rief »Leben Sie wol, iunger Her!« auch ihr! sagt’ ich mit erstikter Stimme. Ich schwang mich auf’s Pferd, gallopirte durch’s Dorf und hielt immer das Schnupftuch vor die Augen. Freund! das war ein Morgen! Und heut’ abends - o was wird da’s Herz fülen. Morgen früh um 5 Ur geht’s weiter. Heut abends Abschied von Heloise - morgen früh von Karl - Ach! iezt schon stürzen mir die Tränen auf’s Papier! Lieber! ich wil aufhören.
     
     
    am 2 Oktober.
    Noch einmal webt in mir auf, ihr Empfindungen! die ihr heute meine Sel’ erschüttertet, und fliesset noch einmal ihr Tränen, die ihr heut dem Freund’ und der Freundin geflossen seid! - Hier bin ich allein in einem Stübgen des Posthauses, we ich logire. Überal neben mir Getöse - in meiner Sel’ heilige, tiefe Stille - Ach! ich wil mich mit dir unterhalten: denn ich hab’ iezt auf der weiten Gotteswelt keinen ändern, dem ich mich eröfnen, dem ich meine Leiden erzälen könte. Also Erzälung, wie ich mich geschieden habe von meinem Karl, meiner Heloise.
    Auf dem ganzen Weg, bis an’s Dörfgen war ich vol Empfindung - vol des Gedankens an meine Eltern, mein Brüdergen, meine Bekanten. Ich kam an bei meinem Freunde. Es war uns heute nicht wie sonst; es war uns weher - Wir redeten wenig - — wir sahen einander nur an; weinten nicht, ausser mir kam bei’m Tischgebet eine Trän’ in’s Auge. Abends beschlos ich zu meiner Heloise zu gehen, und von ihr Abschied zu nemen. Ich gieng mit schwerem Herzen in den Garten des Amtm[ans], we ich sie erwartete. Im Gartenhaus lag ein Buch aufgeschlagen, ich las, und dieses:
     
    Oft wird heut ein Sturm des Leides
    über dich ergeh’n:
    ach! dan werden trübe Tränen
    dir im Auge steh’n.
     
    Aber Morgen, frommer Knabe,
    Morgen, - freue dich!
    drängen Freudentränen wieder
    aus dem Auge sich.
     
    Es waren Krausenek’s Gedichte. Ach wie das al auf mich paste - — Armer! Tränen weinst du iezt genug - Tränen des Leides, des Kummers; aber wenn, ach wenn wird die Zeit kommen, wo du lächelst, we die Tränen der Wollust im Auge zittern? —
    Ich gieng an’s Gartenfenster: schaut’ hinaus, war beklemt. Oh! wie die dumpfigen, schwärzlichen Wolken dahinschwammen, und den holden Mondstral vor den Augen verbargen - wie’s so duftig mich umgab - wie der Nord in die welkenden Blätter hineinrauschte, sie in Wirbeln zerstreute - wie er sausete, der Nachtgeist, der alles mit Wehen durchnam - wie die herbstliche Lüfte so kalt einem anschauerten - wie der Wind drüben auf dem Hügel die knarrenden Bäum’ abschüttelte, und das Tal mit welken Blättern bestreute - wie der getrübte Bach hinwirbelnd so fürchterlich fortklang und rolte - und wie der blinkende Abendstern droben die senende Sel’ in al iene genossenen Wonnen im Sommer, hinwiegte, hinzaubert’e, hindämmerte!! - Ha! da walt’ es in mir - da

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