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Saemtliche Werke von Jean Paul

Saemtliche Werke von Jean Paul

Titel: Saemtliche Werke von Jean Paul Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jean Paul
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Verstandesgaben - sezt man über ienen zärtlichen, liebevollen Menschen hinauf, dessen Verstand zwar weniger gros ist, der aber besser angewandt, dessen Herz milder gewönt wird, und dessen Sitten menschenfreundlicher geformt sind. - Es giebt wenige Leibniz’s, Neuton’s, Wolf’s, in der Welt - — aber noch weniger Göthe’s. — Aus diesem kanst Lieber!
    schliessen, wie wenig Vergnügen ich mir versprechen kan!
    Freund! ich bin so im Geräusch darinnen, daß ich nicht so oft wie sonst an meine Heloise denke. Aber wenn man dem Gewül nichtsbedeutender, die Sele verhungern lassender Dinge, entgangen ist, wenn man einsam in sich selbst sich versenkt - — ach! dan webt’s schon wieder in einem auf - dan braust’s, wie die unterirdischen Feuer, die nur desto heftiger sind, ie länger ihnen der Ausgang verschlossen war. Wenn ich mit meinen Arbeiten fertig bin, und für mich auf dem Klavier phantasire - — dan erscheint dem lechzenden Geist Heloise’s Bild, dan sieht’s nasse Auge zum mondbeglänzten Fenster hinaus, und sent sich - — hinüber - über alle Tal und Hügel zu schauen, sie zu finden - — Wonn’ aus ihrem Anblik zu saugen. Mein Karl wil mir alle Vorfallenheiten mit Heloise schreiben!
     
     
    am 28 Oktober.
    Es ist ein elend Leben so! Da sizz’ ich - habe wenige Freunde, und keinen wie du und Karl - da stürmt’s draussen, da wütet der Winter, und läst einem nicht einmal die Wonne geniessen, unter Gottes freiem Himmel zu sein. Sol ich etwas lernen? Wenn dem Geiste die Kräfte feien, wenn er in sich selbst nicht einig, wenn alles abgespant ist? Ach! hätte mich mein Vater und meine Mutter zu Hausse gelassen, mir alle Tag’ meine Heloise erlaubt, und Bücher gegeben - ich wäre weiter gekommen, und hätt’ al des Kummers, al des Nagens weniger gehabt. Schon lange schreibt mir mein Karl nicht: Ich schrieb ihm neulich, daß er mir den Namen vom verhasten Kerl sagen solte, der Heloise — du weist’s schon. Ich möcht’ ihn kennenlernen, um ihn zu hassen.
     
     
    am 4 Novemb.
    Karl hat mir geschrieben. Von Heloise - sie ist schwermütig, seit der Zeit, als ich von ihr weggekommen bin. Mit innerlichen Kummer geht sie herum, und seufzet nach dem, der weit von ihr lebt - ihr Herz verlangt nach ihm, findet ihn nicht. Dagegen komt sie oft zu meinem Freund Karl, mit ihm unterhält sie sich von mir - wie er schreibt - dan weinen beide - er um den verlornen Freund, sie um den entfernten Geliebten - Ihr Vater, das niedrige Geschöpf, sol Anstalt machen, sie dem Kerl, der Fischer heist, zu überliefern - »Überliefern« sag’ ich. Denn einen gelindem Ausdruk weis ich nicht, wenn man eine dem übergiebt, gegen den iede Fiber ihres Wesens bebend aufstrebt - — dessen Gegenwart ihr Todesqual, und dessen Anblik Höllennäh’ ist. Freund! fast - ob’s gleich das Herz ser leise sagt, so merk’ ich’s doch - fast komt mir der Gedank’ in den Kopf, diesen Bösewicht, diesen Räuber unsrer Glükseligkeit zu mWie schwach ist der Mensch! der beste Mensch! wenn er nur von der Seit’ angegriffen wird, wo’s ihm am schwersten wird, gut zu bleiben! —
     
     
    am 10 Novemb.
    Drei Jar’ hier zu bleiben? - Ich halt’s nicht aus. Las den Verstand hinfaren, und weniger aufgeklärt werden - sol mein Herz immer so verschmachten, so verlechzen? Ich kan’s kaum ertragen, dies ewige Senen, da ich nun ein Monat wegbin - und nun drei Jare - ich bebe. Gestern Abends kont’ ich nicht mer; da must’ ich hinaus. Es war tiefer Schne und acht Ur schon. Da ist ein Hügel, we ich hinüberschauen kan in’s gelobte Land, we Heloise atmet. Ich stand dort, übersah’ die ganze Gegend, we der Schne so schön vom Monde zurükblinkerte und der ganze Boden, we ich stand, wie Feuer glimte. Über mir war eine helle Sternennacht - und der liebe Mond, der einem Leidenden über alles ist, denn er hat so ‘was tröstendes, mitweinendes für Elende - — der liebe Mond gieng seinen blauen Weg am hellen Himmel hin - kalter Wind saust’ um mich - wild stürmten die eisschwangern Wolken im Äter dahin - fürchterlich knasterte das Eis im nahen Flus nacheinander hinauf — Ach! ich stand so da, schaut’
    hin, über iene Gebirg’ hinweg, we sie ist - die Sele sente sich, die Geliebte zu sehen, dachte: Ach! Geliebte! du denkst iezt nicht an deinen elenden Abelard, der von kalten Nordwinden umstürmt, da friert, der da weinend zu dir hinüber schmachtet, den die Qual von dir zu sein, im Herzen engt - der da steht, die Arm’ ausstrekt

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