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Saemtliche Werke von Karl May - Band 01

Saemtliche Werke von Karl May - Band 01

Titel: Saemtliche Werke von Karl May - Band 01 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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himmelblauer Seide gesticktes Taschentuch fast ganz verdeckt wurde. Unter einem glühenden Himmel dient die Weiße dieser Art von Schärpe, pano del sol genannt, wie der Burnus der Araber dazu, die Sonnenstrahlen zurückzuwerfen. An seinen Füßen, die mit halbem Saffianleder bekleidet waren, hielt ein großer, mit   goldenen und silbernen Zierrathen geschmückter Riemen eiserne Sporen fest, deren Räder mit ihren fünf langen Spitzen und hellklingenden Kettchen sich mit jenem silbernen Geklirr bewegten, nach welchem die mexikanischen Reiter den Gang ihrer Pferde zu kadenziren pflegen. Seine Manga (Mantel), die mit goldenen Borten reich verziert war, bedeckte die weiten Beinkleider, die in der ganzen Länge der Beine mit Knöpfen von Silberdraht besetzt waren.
    Sein ursprünglich schwarzes Haar zeigte bereits zahlreiche weiße Fäden; seine schwarzbraunen Gesichtszüge glichen denen der Menschen, welche lange unter einem tropischen Himmel gelebt haben, und schienen mit jener Beweglichkeit begabt, welche ungestüme und ungezügelte Leidenschaften verräth. Seine schwarzen, lebhaften und etwas unstäten Augen glänzten unter einer breiten und knochigen Stirn, welche von frühzeitigen Runzeln durchfurcht war.
    »Was wollt Ihr von mir?« frug er den Ankömmling, der ganz das Ansehen eines jener Banditen hatte, welche die zwischen den mexikanischen Ortschaften liegenden Strecken unsicher machen. Er warf auf ihn einen forschenden, durchdringenden Blick, der ganz auf den Grund der Seele zu tauchen schien, und konnte sich einer Geberde der Ueberraschung nicht enthalten.
    »Ich habe die Ehre, Ew. Sennoria die Hände zu küssen, und bin« – – –
    Cuchillo hielt mitten in seiner Rede inne; er sah einen Mann vor sich, den er trotz der Jahre, die sie sich nicht gesehen hatten, sofort wieder erkannte.
    »Was wollt Ihr von mir, habe ich gefragt!« klang es barsch.
    »Sennor Kapitano, ich bin ebenso erstaunt als erfreut, Sie« – – –
    »Mein Name ist Arechiza, merkt es Euch!«
    Da blitzte es in den Augen Cuchillo’s auf.
    »Sennor, der Name gleicht dem Schlachtpferde; ist das eine unter mir erschossen, so besteige ich ein anderes. Ist es bei Ihnen nicht ebenso?«
    Es war Don Estevan anzumerken, daß er nur mit Mühe einen aufsteigenden Zorn niederzuhalten vermochte, doch klang seine Stimme milder als vorher, als er zum dritten Male frug:
    »Was wollt Ihr von mir, Don Petro Cuchillo?«
    »Nichts. Ich bringe Ihnen Etwas!«
    »Was?«
    »Ein großes, werthvolles Geheimniß.«
    »Wenn es Werth hätte, würdet Ihr es für Euch behalten!«
    »Ich kann seinen Werth nicht ausbeuten und möchte Sie um Ihre Hülfe bitten.«
    »So! Worin besteht dieser Werth?«
    »In einer Bonanza (zu Tage liegende Goldmasse) von geradezu undenkbarem Reichthume.«
    »Wo liegt diese Bonanza? Jedenfalls in Eurer Einbildung.«
    »Läge sie nur da, so würde ich es verstehen, sie auszubeuten, darauf können Sie sich verlassen, Sennor Capit – Don Arechiza, wollte ich sagen; da es aber eine wirkliche Bonanza ist, die mitten im Gebiete der Apachen liegt, so kann sie nur durch eine Expedition gehoben werden, welche stark genug ist, es mit den Indianern aufzunehmen.«
    »Ah! Und Ihr denkt wirklich, ich sei der Mann, der einer solchen Fabel Glauben schenkt?«
    Cuchillo machte Miene, nach dem Messer zu greifen.
    »Glauben Sie es oder glauben Sie es nicht, Sennor, das ist mir vielleicht gleich; aber hüten Sie sich, mir eine Beleidigung zu sagen! Es ist ein Unterschied zwischen dem Decke eines Seeschiffes, wo der Kapitano Alles gilt, und dem freien Sonora, wo jedes unvorsichtige Wort einen Messerstich oder eine Kugel kostet.«
    »Pah! Deck oder Sonora , ich sage meine Meinung. Uebrigens, um die Sache ein- für allemal beizulegen, wird es Euch lieb sein, wenn ich Euch blos als Cuchillo, wie Ihr Euch jetzt nennt, kenne. Ein Aehnliches nehme ich natürlich auch für mich in Anspruch, wenn unser unerwartetes Zusammentreffen Euch von irgendwelchem Nutzen sein soll. Und nun sagt aufrichtig und ohne Hinterhalt, was Ihr bei mir wollt! Ihr kennt mich genugsam, um zu wissen, daß Ueberschwenglichkeiten bei mir nicht verfangen.«
    »Ich bringe Ihnen keine Ueberschwenglichkeit, sondern die reine Wahrheit. Ich kenne eine Bonanza, die Dem, welcher sie auszubeuten vermag, ein unerschöpfliches Vermögen bietet.«
    »Wo liegt sie?«
    »Das zu sagen, halte ich mich nicht für verpflichtet. Nur eine zahlreiche Gesellschaft darf hoffen, das Gold heben zu können; ich habe mir

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