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Saemtliche Werke von Karl May - Band 01

Saemtliche Werke von Karl May - Band 01

Titel: Saemtliche Werke von Karl May - Band 01 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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dem   Posten schläft, kommt in die Einöden der Geister, welche ewig schlafen!«
    Es giebt kein nächtliches Geräusch, welches dem Ohre eines Indianers entgeht, und ihrem durchdringenden Auge entzieht sich nicht so leicht ein Gegenstand, den es zu finden strebt. Allein heute machte der Nebel die Luft wieder sonor und entzog zugleich dem Auge selbst die nahe Umgebung. Nur die gespannteste Aufmerksamkeit konnte die durch den Nebel und die nächtliche Dunkelheit beeinträchtigte Schärfe der Sinne einigermaßen wieder ersetzen.
    Mit geschlossenen Augen und offenen Ohren standen die indianischen Krieger unbeweglich an ihren Feuern und suchten munter zu bleiben, während die ganze Natur in Schlaf versunken war. Von Zeit zu Zeit warf Jeder einen Baumast in das Feuer, um dasselbe zu unterhalten, und nahm dann seine ruhige, aufmerksame Haltung wieder an.
    So verfloß eine geraume Zeit, während welcher nichts zu hören war, als das geschwächte Tosen eines weit oben liegenden Wasserfalles und das leise, flüsternde Murmeln des von dem Wasser bewegten Schilfes.
    Die kalte Nachtluft verdoppelte die Schmerzen des Häuptlings und in Folge dessen auch seinen Grimm. Das Licht des Feuers, welches neben dem Baume brannte, an dessen Stamme er lehnte, beleuchtete seine scharf geschnittenen Züge, welche in Folge des Blutverlustes unter ihrer schwärzlichen Haut bleicher geworden waren. Sein von häßlichen Malereien bedecktes und vom Schmerze verzerrtes Gesicht, seine wilden, unheimlich und rachsüchtig funkelnden Augen gaben ihm ganz das Aussehen jener blutdürstigen Götzenbilder, wie sie in barbarischen Zeiten und Ländern angebetet wurden und heut noch verehrt werden.
    Da rauschte es im nächsten Busche und ein junger Indianer stand vor ihm. Er war vollständig mit Blut überdeckt; seine Brust keuchte, und seine Nüstern standen weit offen, ein Zeichen, daß er lang und schnell gelaufen war. –
    »Was willst Du? Dich sendet Katzenparder, der Häuptling! Es muß etwas Wichtiges sein, da er den schnellsten Läufer unseres Stammes zu mir schickt.«
    »Der Katzenparder sendet keinen Läufer mehr. Das Messer eines Weißen ist in sein Herz gedrungen, und er ist dem Rufe Manitou’s hinüber in die ewigen Savannen gefolgt.«
    »Er wird dort fröhlich sein; denn er ist als Sieger gestorben,« antwortete, seine Wißbegierde beherrschend, einfach der Häuptling.
    »Er ist als Besiegter zur Erde gesunken. Die Männer der Apachen sind geflohen; ihre Anführer und fünfzig berühmte Krieger liegen auf dem Schlachtfelde.«
    Es fehlte nicht viel, so wäre der Häuptling trotz des brennenden Schmerzes seiner Wunde und der von seiner Würde gebotenen Zurückhaltung bei dieser Nachricht aufgesprungen. Er bedurfte einiger Sekunden, um ruhig zu erscheinen, und frug dann ernst und kalt:
    »Wer sendet Dich?«
    »Krieger, welche einen Anführer brauchen, um sich zu rächen. Der Schwarzvogel war bisher das Haupt eines Stammes; jetzt aber ist er das Haupt eines ganzen Volkes.«
    In den Augen des Verwundeten glänzte Stolz und Befriedigung. Einerseits vermehrte sich seine Gewalt, und andererseits bewies die erlittene Niederlage der anderen   vier Häuptlinge die Klugheit seines Rathes, den er heute gegeben hatte.
    »Hätten sich die Büchsen von Mitternacht mit denen unserer Krieger vereinigt, so hätte nicht ein einziger Mann aus Mittag seinen Skalp noch auf dem Schädel. Der ›große Adler,‹ der ›zündende Blitz‹ und der ›Panther des Südens‹ harren jetzt auf die Macana des Apachen. Wer ein bleiches Gesicht hat, muß sterben. Aber was kann ein verwundeter Häuptling thun? Die Hälfte seines Blutes ist geflossen; seine Beine tragen ihn nicht, und er würde auch vom Pferde sinken.«
    »Man wird ihn festbinden,« antwortete der Läufer, welker beinahe erschrocken aufgeblickt hatte, als er die berühmten Namen hörte. »Aber warum legt Schwarzvogel nicht seine starke Faust auf die Häupter der drei weißen Jäger?«
    »Antilope, der Läufer, hat die Füße des Hirsches und den Gedanken des Fuchses. Er mag vernehmen aus dem Munde seines Häuptlings die Erzählung des Kampfes gegen die Könige des Waldes und die Fürsten der Savanne!«
    Der Läufer verneigte sich, stolz auf diese seltene Gunst.
    Der Häuptling erzählte ihm Alles. Als er geendet hatte, hielt Antilope seinen Blick gesenkt. Er sann nach. Nach einer Weile erhob er den Kopf.
    »Die Stille der Nacht hat zu mir gesprochen. Ehe Schwarzvogel vielemal hundert zählen kann, sollen die

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