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Saemtliche Werke von Karl May - Band 01

Saemtliche Werke von Karl May - Band 01

Titel: Saemtliche Werke von Karl May - Band 01 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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suchte fleißig denjenigen Teil des Horizontes ab, an welchem die Tramps erscheinen mußten. Nach lange vergeblich angestrengter Aufmerksamkeit entdeckte er endlich an einer Stelle, welche mit dem unbewaffneten Auge unmöglich erreicht werden konnte, eine Menge Menschen und Pferde. Das waren gewiß die Tramps. Bald sonderten sich von ihnen drei Gestalten ab, welche sich in der Richtung der Farm weiter bewegten, nicht zu Pferde, sondern zu Fuß.
    »Ah, man schickt Kundschafter voraus!« sagte Old Firehand. »Vielleicht sind sie gar so frech, Einlaß zu begehren.«
    »Das wäre eine Kühnheit, die ich diesen Menschen nicht zutraue,« bemerkte der Lord.
    »Warum nicht? Man schickt drei Kerls, welche hier niemand kennt, sie kommen unter irgend einem Vorwand herein, wer kann ihnen da etwas anhaben? Gehen wir hinab in den oberen Stock, damit sie uns nicht auf dem Dache sehen. Wir aber können sie von dem Fenster aus durch das Fernrohr beobachten.«
    Die mitgebrachten Pferde befanden sich hinter dem Hause, so daß sie nicht gesehen werden konnten. Auch sämtliche Verteidiger mußten sich verstecken. Die drei Tramps sollten, falls sie auf den Hof kamen, der Ansicht werden, daß das Haus ohne hinreichende Bewachung sei.
    Sie kamen langsam näher und Old Firehand bemerkte, daß einer den andern hob, damit dieser durch eine Schießscharte in den Hof blicken könne. Er erteilte schnell noch einige Befehle, welche er für nötig hielt, und begab sich dann in den Hof hinab. Es wurde an der Glocke gezogen; er ging zum Thore und fragte nach dem Begehr.
    »Ist der Farmer daheim?« fragte eine Stimme.
    »Nein, er ist verreist,« antwortete er.
    »Wir wollen um Arbeit anfragen. Wird kein Hirt oder Knecht gebraucht?«
    »Nein.«
    »Dann möchten wir wenigstens gern um einen Imbiß bitten. Wir kommen von weit her und haben Hunger. Bitte, laßt uns ein!«
    Das wurde in einem sehr kläglichen Tone gesagt. Es gibt im ganzen Westen keinen Farmer, welcher einen Hungrigen von sich weist. Bei allen Naturvölkern, und in allen Gegenden, wo es keine Hotels und Gasthäuser gibt, wird dieser Mangel durch die schöne Sitte der Gastfreundschaft ausgeglichen, so auch im fernen Westen. Es wäre nicht nur grausam gegen den Bedürftigen sondern auf der andern Seite auch eine Schande für die Farm, vielmehr für den Besitzer, einen Fremden, welcher um Aufnahme bittet, dieselbe zu verweigern.
    Die Leute wurden also eingelassen, und nachdem das Thor wieder verriegelt worden war, zu den Sitzen gewiesen, welche sich an der Seite des Hauses befanden. Dieses letztere schien aber nicht nach ihrer Absicht zu sein. Sie gaben sich zwar den Anschein der Unbefangenheit, doch konnte es nicht entgehen, daß sie das Haus und dessen Umgebung mit scharf forschenden Blicken betrachteten, und sich dann gegenseitig in bezeichnender Weise anschauten. Der eine von ihnen sagte: »Wir sind arme, geringe Leute, die nicht inkommodieren wollen. Erlaubt, daß wir hier am Thore bleiben, wo wir überdies auch mehr Schatten haben als dort. Wir werden uns einen Tisch holen.«
    Dieser Wunsch wurde ihnen erfüllt, obgleich er ein heimtückischer war, denn sie wollten am Thore bleiben, um dasselbe ihren Genossen zu öffnen. Sie trugen sich den Tisch und einige Sitze herbei, und dann wurde ihnen von einer Magd ein reichlicher Imbiß vorgesetzt. Nun war auf dieser Seite des Hofes kein Mensch zu sehen, da alle, selbst die Magd, sich zurückgezogen hatten.
    Die angeblichen Arbeiter waren über diesen Umstand sehr befriedigt, wie Old Firehand scharfes Auge aus ihren Mienen und Gesten, mit denen sie ihr leises Gespräch begleiteten, erkannte. Sie hatten die Überzeugung erlangt, daß das Farmhaus so wenig Verteidiger beherberge, daß dieselben gar nicht in Betracht zu ziehen seien. Nach einiger Zeit stand der eine von ihnen auf und ging anscheinend harmlos zu der nächsten Schießscharte, durch welche er hinausblickte. Dies wiederholte sich einigemal und war ein sicheres Zeichen, daß diese Kerls die Ankunft der Tramps bald erwarteten. Old Firehand stand wieder oben am Fenster und beobachtete durch das Fernrohr die Gegend, aus welcher dieselben kommen mußten. Sie hatten sich vorhin nach Absendung der Boten wieder zurückgezogen, so daß man sie nicht mehr sehen konnte; jetzt aber kamen sie endlich abermals zum Vorscheine und zwar im Galopp, um die Strecke, auf welcher sie von der Farm aus gesehen werden konnten, so schnell wie möglich zurückzulegen.
    Man sah, daß sich unter ihnen welche

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