Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Saemtliche Werke von Karl May - Band 01

Saemtliche Werke von Karl May - Band 01

Titel: Saemtliche Werke von Karl May - Band 01 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
Vom Netzwerk:
blaues Wunder sehen.«
    Dieser letztere hegte aber die entgegengesetzte Ansicht. Er hatte den Weißen mit seiner Kraftprobe mutlos machen wollen und war überzeugt, daß ihm dies gelungen sei. Darum sagte er im Tone der Nachsicht: »Du siehst, was du zu erwarten hast. Die Bleichgesichter pflegen zu beten, wenn sie vor dem sicheren Tode stehen. Ich erlaube dir, zu deinem Manitou zu sprechen, bevor der Kampf beginnt.«
    »Das ist nicht nötig,« antwortete Old Shatterhand. »Ich werde erst dann mit ihm sprechen, wenn meine Seele zu ihm kommt. Du bist ein starker Mann, und ich hoffe, daß du dich in diesem Kampfe nur auf dich allein verlässest!«
    »Das werde ich thun. Wer sollte mir helfen?«
    »Deine Krieger. Wie es scheint, halten sie es doch für möglich, daß du von mir besiegt wirst. Warum haben sie sich bewaffnet, als ob es in den Streit gehen solle?«
    »Sind etwa deine Gefährten unbewaffnet?«
    »Nein. Aber wir werden alle unsre Waffen nach unserm Zelte schaffen. Das ist bei den Bleichgesichtern so Gebrauch. Der Stolz eines tapfern weißen Kriegers duldet es nicht, daß durch irgend einen Umstand der Anschein der Hinterlist erregt wird. Soll ich glauben, daß auch du ein Tapferer bist?«
    »Willst du mich beleidigen?« rief der Rote zornig. »Ich brauche nicht den Beistand eines andern. Meine Krieger sollen alle ihre Waffen in die Zelte tragen, wenn die deinigen dies ebenso thun.«
    »Gut! Du wirst sehen. daß wir es sogleich thun. Ich werde nur mein Messer behalten.«
    Er übergab seine Gewehre dem Hobble-Frank, und Jemmy und Davy thaten desgleichen. Dabei sagte er dem Kleinen in deutscher Sprache: »Du trägst das alles scheinbar in das Zelt, schiebst es aber, wenn niemand dich beobachtet, unter der hintern Seite desselben ins Freie hinaus. Du kehrst nicht zurück. Man wird nur Aufmerksamkeit für den Kampf haben und gar nicht auf dich achten. Du kriechst hinten aus dem Zelte und machst unsre Tiere, welche sich dort befinden, reisefertig.«
    »Was hast du mit diesem Manne zu sprechen?« fuhr ihn der Häuptling an. »Warum redest du mit ihm in einer Sprache, welche wir nicht verstehen?«
    »Weil das die einzige Sprache ist, in welcher er bewandert ist.«
    »Was hast du ihm gesagt?«
    »Daß er diese Gegenstände in unser Zelt tragen und dort bewachen soll.«
    »Warum bewachen? Meinst du, daß wir euch bestehlen werden?«
    »Nein; aber ich kann mein Zaubergewehr nicht allein lassen, da sonst sehr leicht ein Unglück geschehen könnte. Du weißt ja, daß es losgeht und die roten Männer trifft, sobald ein andrer es berührt.«
    »Ja, das habe ich gesehen. Laß es also jetzt noch bewachen. Wenn ich dich getötet habe, werde ich es tief vergraben oder in den See werfen lassen, um es unschädlich zu machen.«
    Auf das Geheiß des Häuptlings legten alle Indianer ihre Waffen ab und übergaben sie den Frauen, welche sie in die Zelte bringen sollten. Auch der Hobble-Frank entfernte sich. Der Häuptling legte seine Oberkleider ab, um nicht durch dieselben gehindert zu sein. Old Shatterhand folgte diesem Beispiele nicht. Falls er siegte, hätte das Ankleiden eine Zeitversäumnis zur Folge gehabt, welche sehr leicht verhängnisvoll werden konnte. Die Frauen kehrten sehr eilig zurück, um sich ja nichts entgehen zu lassen. Aller Augen waren nach dem Innern des Kreises gerichtet, und niemand dachte an den kleinen Sachsen.
    »Jetzt hast du deinen Willen gehabt,« sagte der »große Wolf«. »Soll es beginnen?«
    »Vorher noch eine Frage. Was wird mit meinen Gefährten werden, wenn Du mich tötest?«
    »Sie werden unsre Gefangenen sein.«
    »Aber sie haben sich doch frei gekämpft und können also gehen, wohin es ihnen beliebt.«
    »Das werden sie. Vorher aber sollen sie als Geiseln bei uns bleiben.«
    »Das ist gegen die Verabredung; aber ich halte es für unnötig, ein Wort darüber zu verlieren. Und was geschieht ferner in dem Falle, daß ich dich töte?«
    »Dieser Fall tritt nicht ein!« rief der Rote stolz.
    »Wir müssen ihn aber doch als eine Möglichkeit setzen.«
    »Nun gut! Besiegst du mich, so seid ihr frei.«
    »Und niemand wird uns zurückhalten?«
    »Kein Mensch!«
    »So bin ich befriedigt, und wir können anfangen.«
    »Ja, beginnen wir. Lassen wir uns anbinden. Hier hast du einen Tomahawk.«
    Es waren zwei Kriegsbeile zurückbehalten worden. Der Häuptling, welcher natürlich auch mit seinem Messer versehen war, nahm eins dieser Beile und überreichte es Old Shatterhand. Dieser nahm und betrachtete es und

Weitere Kostenlose Bücher