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Saemtliche Werke von Karl May - Band 01

Saemtliche Werke von Karl May - Band 01

Titel: Saemtliche Werke von Karl May - Band 01 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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Boden, um ihr Wasser links nach dem See zu schicken. Zu beiden Seiten dieses Wasserlaufes brannten acht Feuer, um welche sich wohl gegen achtzig Rote bewegten, denn sie waren soeben beschäftigt, sich die bequemsten Stellen zum Schlafen zu suchen. Zwischen zwei Feuern, welche diesseits des Wassers brannten, lagen sechs Gestalten, welche gefesselt zu sein schienen. Fünf von ihnen waren wie Indianer gekleidet; den Sechsten konnte man seinem Anzuge nach für einen Weißen halten. Da sie mit den Köpfen nach den zwei heimlichen Beobachtern zu lagen, war es diesen unmöglich, die Gesichter zu sehen.
    Diese Schar war indianisch bewaffnet. Sie hatte an den in der Erde steckenden langen Lanzen ihre Köcher und Bogen aufgehängt. Daran lehnten die Blasrohre, deren kleine Geschosse, wenn sie vergiftet sind, so schnell tödlich wirken. Drüben stand unter einem Baume der einzige, welcher ein Gewehr besaß; er hatte es neben sich auf seinem Poncho liegen und schien der Häuptling zu sein, denn er erteilte soeben verschiedene Weisungen, denen sofort nachgekommen wurde. Er bediente sich dabei einer Sprache, welche einen singenden Tonfall hatte. Anton verstand kein Wort davon und fragte darum seinen Gefährten leise:
    »Das ist nicht Ketschua und auch nichts andres, was ich verstehe. Welche Sprache redet der Mann?«
    »Es ist Abiponisch; ich verstehe es ziemlich. Er ist der Anführer dieser Leute, er sagt ihnen, wie sie lagern sollen, und hat soeben befohlen, daß die Nacht in drei Wachen geteilt wird. Jede dieser Wachen betrifft nur zwei Personen, von denen die eine den Pferden und die andre den Gefangenen ihre Aufmerksamkeit zu schenken hat.«
    »Also doch Gefangene! Wer mögen sie sein?«
    »Warte nur! Wahrscheinlich erfahren wir es noch. Ich kenne den Häuptling nicht, habe ihn noch nie gesehen, aber seiner Sprache nach gehört er mit seinen Leuten den Abipones, also unsern Feinden an.«
    »Daraus können wir schließen, daß die Gefangenen Freunde von uns sind.«
    »Ja, denn wer gegen sie ist, der muß für uns sein.«
    »Wenn wir sie befreien könnten! Denkst du, daß dies möglich ist?«
    Der Inka wartete eine kleine Weile, ließ den Blick nachdenklich, aber scharf über die Scene gleiten und antwortete dann:
    »Ich halte es für möglich und bin bereit, den Versuch zu machen. Was sagst du dazu?«
    »Einverstanden!« Er hätte fast vor Freude laut gesprochen und fügte nun desto leiser hinzu: »Aber wie wollen wir das anfangen, da wir nur zu Zweien sind? Wir haben nicht einmal unsre Gewehre mit.«
    »Die würden uns schaden anstatt uns zu nützen. Du hast gehört, wie oft der Vater Jaguar gesagt hat, daß in den meisten Fällen die Klugheit der Gewalt vorzuziehen ist. Nach diesem Rate werden wir handeln.«
    »Ja, handeln werden wir; ich bin bereit dazu. Aber in welcher Weise, das weiß ich noch immer nicht.«
    »Warte nur! Erst müssen diese Abipones eingeschlafen sein; eher läßt sich nichts thun. Wir werden dann erfahren, ob die Wächter vorsichtig sind und ob man die Feuer verlöschen läßt oder nicht.«
    jetzt kam der Häuptling über den Quell herüber, um persönlich nach den Gefangenen zu sehen. Er warf ihnen drohende und verächtliche Worte zu und stieß sie dabei mit den Füßen. Sie wollten diesen Mißhandlungen ausweichen und veränderten dabei ihre bisherige Lage. Dabei konnte man das Gesicht des einen deutlich erkennen. Er war wirklich kein Indianer, sondern ein Weißer. Dann bäumte sich ein Zweiter halb empor, um einem nach ihm gerichteten Fußtritte zu entgehen. Er wendete während dieser Bewegung sein Gesicht nur für einen Augenblick zur Seite, doch war das für das scharfe Auge des Inka genug; er hatte ihn erkannt und flüsterte Anton zu:
    »Das war der Häuptling der Kambas, welchen die Weißen El Craneo duro, den harten Schädel, nennen. Hast du einmal von ihm gehört?«
    »Nein.«
    »Man hat ihm diesen Namen gegeben, weil er einmal acht oder zehn Kolbenhiebe auf den Kopf erhielt und doch nicht an denselben starb. Als die Feinde, welche ihn für tot hielten, sich entfernt hatten, stand er auf, rieb sich den Kopf ein wenig und ging ihnen dann heimlich nach, um sich zu rächen. Sie waren Abipones und sind von seiner Hand getötet worden.«
    »So ist er ein Bekannter von dir?«
    »Sogar ein Freund. Wir waren bei ihm, und er hat uns oft besucht. Welch ein Glück, daß ich da drüben in unserm Lager das Feuer sah und den Rauch gerochen habe! Ich werde das Leben wagen, um ihn zu befreien.«
    »Ich das

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