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Saemtliche Werke von Karl May - Band 01

Saemtliche Werke von Karl May - Band 01

Titel: Saemtliche Werke von Karl May - Band 01 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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pfeifen; sie brachten große, schwere, jetzt noch vereinzelte Wassertropfen mit sich. Die Männer waren fieberhaft thätig; in kaum zehn Minuten waren die Befehle Hammers ausgeführt. Die Pferde, welche sogar noch abgesattelt worden waren, standen in den Räumen, und diejenigen Männer, welche bei ihnen waren, um sie zu beaufsichtigen, brannten Feuer im Innern in der Nähe der Thüren an. Feuer brannten auch in den zwei Gebäuden, welche zur Aufnahme der übrigen Personen bestimmt waren. Dort hinein war auch alles Gepäck geschafft worden, welches die Schar bei sich geführt hatte. Aber es war die höchste Zeit gewesen, daß man damit zu stande gekommen war, denn jetzt brach das Wetter, als ob es nur darauf gewartet hätte, mit einer Gewalt los, welche aller Beschreibung spottete.
    Der vorher gelbhelle Himmel hatte sich mit einem Schlage schwarz gefärbt; ein Ächzen, Stöhnen, Dröhnen und Heulen wie von tausend Teufeln ging durch das Thal; der Orkan war da; die Gebäude zitterten unter seiner Gewalt; sie schienen sich zu biegen, wurden aber durch ihre Elastizität gehalten, und dann that es plötzlich einen Krach, als ob ein Berg eingestürzt sei. Das war der Regen, welcher mit einem Male, und zwar nicht in Tropfen, sondern in geschlossener Masse wie ein See herniederstürzte.
    Dieser Regen ergoß sich mit dem Getöse eines großen Wasserfalles, wurde aber dennoch von der Stärke der Donnerschläge übertönt. Blitze zuckten durch die tiefdunkle Nacht oder vielmehr durch den Regensee, und auch das Wort Blitze ist nicht der richtige Ausdruck, denn es waren Feuerflammen, welche aus der Erde aufzuckten, und Feuerklumpen, welche aus den Wolken niederfielen. So ging es Schlag auf Schlag, Krach auf Krach, Feuerball auf Feuerball, eine ganze Stunde lang und auch noch eine zweite. Es war ganz unmöglich, sich zu unterhalten, denn niemand konnte sein eigenes Wort verstehen. Die Männer saßen still am Boden, welcher aus festgestampfter Erde bestand, und konnten sich nur durch Pantomimen die nötigen Mitteilungen machen.
    Noch schlimmer aber waren diejenigen daran, welche sich bei den Pferden befanden. Die Tiere hatten natürlich nicht angebunden werden können; soweit die vorhandenen Riemen, Stricke und Schnuren zureichten, hatte man ihnen die Beine gefesselt; aber dies war nicht bei allen geschehen, und so gab es außer dem Schnauben und Wiehern ein Stampfen, Schütteln und Umsichschlagen, welches ganz wohl lebensgefährlich genannt werden konnte.
    Jetzt gab es noch einen entsetzlichen Donnerschlag, den stärksten von allen, aber auch den letzten; Himmel und Erde schienen nicht nur in Flammen zu stehen, sondern ein einziges Feuermeer zu bilden; dann trat eine Stille ein, welche so plötzlich kam, daß sie geradezu unheimlich wirkte. Keiner wagte ein Wort zu sagen; die meisten glaubten, daß der Aufruhr der Elemente nur einen Augenblick ausgesetzt habe, um sofort wieder zu beginnen; dem war aber nicht so. Der Vater Jaguar stand von dem Platze auf, an welchem er gesessen hatte, ging an dem Feuer vorüber nach der Thür, sah hinaus, wo die Wasser wie ein einziger, thalbreiter Fluß vorüberrauschten, und meldete dann:
    »Es ist vorüber. Der Himmel steht voller Sterne. Gott sei Dank!«
    »Ja, Gott sei Lob und Dank!« seufzte Doktor Morgenstern erleichtert auf, indem er sich mit beiden Händen über das todesbleiche Gesicht wischte. »So etwas habe ich doch noch nicht erlebt. Ich habe eine Angst ausgestanden, welche gar nicht zu beschreiben ist. Da war doch jeder Donnerschlag ein Gebrüll, lateinisch Rugitus oder auch Mugitus geheißen, und jeder Blitz eine Feuersbrunst, Incendium, welche alles zu verzehren drohte!«
    »Ja, dat ist wahr,« stimmte Fritze bei. »Mir wundert es nur, daß wir nicht erschlagen worden sind, da wir bei dat Wetterleuchten und die vielen Blitze auch noch sechs Feuer jebrannt haben!«
    »Allerdings! Die Wissenschaft hat bewiesen, daß der Blitz vom Feuer angezogen wird. Es ist ein wahres Wunder, daß es hier nicht eingeschlagen hat.«
    »Das war nicht wohl zu befürchten, da der Wald da droben ein sehr guter Blitzableiter war,« bemerkte der Vater Jaguar. »Nun aber will ich sogleich einmal nach den Pferden sehen, ob sie sich beschädigt haben.«
    Er ging hinaus und hatte bis an die Knie im Wasser zu waten, wo es vorher ganz trocken gewesen war. Die Tiere ließen zwar noch Zeichen von Unruhe sehen, standen aber still an ihren Plätzen. Nennenswerte Beschädigungen waren nicht zu bemerken. Einen so

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