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Saemtliche Werke von Karl May - Band 01

Saemtliche Werke von Karl May - Band 01

Titel: Saemtliche Werke von Karl May - Band 01 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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den Weg gefunden?«
    »Ja,« meinte Old Shatterhand, indem er die Augen wieder öffnete; »wenigstens hoffe ich es. Wenn ich mich nicht irre, so war es gar nicht schwierig, ja sogar sehr leicht, die Höhle zu finden. Die vollen Fässer waren schwer, und vierzig waren es. Wo vierzig Fässer hin und her gerollt werden, wird das Gras so fest niedergedrückt, daß es mit den Händen unmöglich aufgerichtet werden kann; es wird mehrere Tage liegen bleiben. Die Arbeit, welche hier geschehen ist, ist aber erst gestern, höchstens vorgestern verrichtet worden. Das Gras müßte also noch niederliegen. Gibt dies mein roter Bruder zu?«
    »Old Shatterhand hat recht,« stimmte der Apache bei.
    »Die Stelle muß also da liegen, wo es kein Gras gibt, kein Gras nämlich auf dem ganzen Wege vom Ufer nach dem Felsen, in welchem sich die Höhle befindet.«
    »Uff, uff!« rief Winnetou aus, indem sein bronzenes Angesicht erglühte, vielleicht vor Freude, vielleicht aber auch vor Scham, nicht auch auf diesen Gedanken gekommen zu sein.
    »Ferner,« fuhr Old Shatterhand fort, »beim Auslaufenlassen der Fässer ist unbedingt Oel verschüttet worden, auch muß der Rand des Ufers beschädigt worden sein. Beides müßte man sehen, wenn dieser Rand aus Rasen bestände. Besteht er aber aus Erde oder Gestein, so kann leicht nachgeholfen werden. Nun suche mein roter Bruder das ganze Ufer ab; er wird überall Gras und Rasen finden, zwei Stellen ausgenommen, die wir sofort untersuchen werden.«
    Die eine dieser Stellen war nicht allzuweit vom Eingange des Thales entfernt. Dorthin gingen die beiden, gefolgt von den Westmännern, welche begierig waren, zu erfahren, ob der Scharfsinn Old Shatterhands auch dieses Mal das richtige getroffen hatte.
    Ein vielleicht drei Ellen breiter, aus Schlammsand und Steingeröll bestehender grasloser Streifen zog sich da von dem Felsen nach dem Wasser hin. Der Jäger kniete in der Nähe des Ufers nieder und beroch den Boden.
    »Gefunden!« rief er aus. »Hier riecht das Gestein nach Oel; es ist welches verschüttet worden.«
    Er scharrte mit den Händen den Boden auf; die untere Schicht war voller Oel; man hatte, um dies zu verbergen, die obere darauf geworfen.
    »Also hier sind die Fässer geleert worden,« sagte er. »Wurde dabei das Ufer beschädigt, so war es leicht und schnell ausgebessert, da es aus Geröll bestand. Ich wette mein Leben, daß dort, wo dieser Streifen an den Felsen stößt, die Höhle zu suchen ist. Laßt sehen!«
    Er folgte dem Streifen, welcher am Felsen in einen hohen Geröllhaufen auslief; die andern kamen hüben und drüben nachgegangen. Er blieb vor dem Haufen stehen, betrachtete denselben nur einen Augenblick und erklärte dann:
    »Ja, wir sind am Ziele. Hinter diesem Steinhaufen befindet sich die Höhle.«
    Der Hobble-Frank wollte sich gern auch als berühmten Westmann aufspielen und fragte darum:
    »Das sehen Sie mit diesem einen Blick, Herr Shatterhand?«
    »Ja,« antwortete der Gefragte.
    »Das müßte ich doch ooch erkennen können. Darf ich ‘mal hinsehen?«
    »Thun Sie es!«
    Frank betrachtete den Haufen von allen Seiten, schien aber nichts zu finden.
    »Nun?« fragte Old Shatterhand. »Was sehen Sie, lieber Frank?«
    »Eenen Haufen, der so wie alle Haufen is; das heeßt een Schteenhaufen, der aus eenem Haufen von Schteenen beschteht.«
    »Sehen Sie denn nur die Steine?«
    »Ja, nur.«
    »Weiter gar nichts?«
    »Nich das Geringste.«
    »Bedenken Sie, daß unter diesen Umständen der kleinste Gegenstand von der größten Bedeutung sein kann!«
    »So, also nach eenem kleenen Gegenschtande soll ich suchen. Ich finde aber nischt.«
    Auch die andern bei ihm Stehenden suchten gerade so vergeblich wie er. Nur der Apache ließ ein leises, befriedigendes »Uff!« vernehmen. Sein Auge war auf einen toten Laufkäfer gefallen, der halb unter einem Steine lag.
    »Sonderbar!« lächelte Old Shatterhand. »Nur Winnetou sieht, was ich meine. Frank, sehen Sie denn den schwarzen Käfer nicht, dessen halber Leib da unter dem Steine hervorblickt?«
    »Ja, den Käfer, den habe ich freilich schon längst entdeckt.«
    »Nun, und – – –?«
    »Nu – – und – –? Ja, was denn nu, und was denn und? Es is eben een Käfer, weiter nischt.«
    »Weiter nichts? Sogar sehr viel, denn er sagt mir, daß wir bei der Höhle sind.«
    »Wie? Der? Was kann der sagen? Selbst wenn er bei Lebzeiten eene verschtändliche Schprache besessen hätte, er is jetzt tot.«
    »Ja, er ist tot. Woran mag er wohl gestorben

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