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Saemtliche Werke von Karl May - Band 01

Saemtliche Werke von Karl May - Band 01

Titel: Saemtliche Werke von Karl May - Band 01 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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ungeahnter Angriff, ein solcher Ueberfall vom Rücken her gleicht den Zahlenunterschied vollständig aus. Das werdet Ihr mir zugeben.«
    »Kann nichts dagegen sagen; denke aber doch, daß sie sich hüten werden, das zu thun, was Ihr von ihnen annehmt. Uebrigens gibt es hier einen Umstand, den wir mehr als alles andre in Berechnung ziehen müssen.«
    »Und der ist?«
    »Old Shatterhand und Winnetou, welche uns mit Schi-So vorangeritten sind.«
    »Daß dies geschehen ist, das habe ich erfahren; aber warum sie es gethan haben, das weiß ich noch nicht. Sie wollten wohl die Nijoras beobachten?«
    »Eigentlich nicht. Einer solchen Beobachtung bedurfte es nicht, weil es als sicher anzunehmen war, daß sie direkt zu den Navajos reiten würden. Diese mußten von dem bevorstehenden Ueberfalle benachrichtigt werden.«
    »Ah, so wollten die drei zu uns?«
    »Ja.«
    »Da mußten sie aber doch von den Nijoras gesehen werden, die sich zwischen uns und den dreien befanden!«
    »Nein, denn Old Shatterhand beabsichtigte, einen Bogen zu reiten. Er und Winnetou haben die besten Pferde des ganzen Westens, und für Schi-So wurde von den andern Tieren das schnellste ausgewählt. Es stand also zu erwarten, daß sie die Nijoras rechtzeitig überholen würden.«
    Da machte Wolf ein bedenkliches Gesicht und sagte:
    »Es ist mir nicht lieb, daß sie auf den Gedanken gekommen sind, dies zu thun. Es war gar nicht notwendig, uns zu benachrichtigen.«
    »Aber doch gewiß! Eure Kundschafter waren ergriffen worden; sie konnten euch also keine Nachricht bringen.«
    »Aber unsre Posten waren aufmerksame Leute; sie hätten den anrückenden Feind gewiß bemerkt. Nun müssen wir grad auf die beiden Männer, auf welche wir uns sonst am meisten hätten verlassen können, verzichten, auf Winnetou und auf Old Shatterhand.«
    »Verzichten? Das sehe ich denn doch nicht ein.«
    »Aber gewiß. Wenn es ihnen auch gelingt, die Nijoras zu umreiten und ihnen zuvorzukommen, so treffen sie uns nicht an; sie finden das Lager verlassen und wissen nicht, was sie nun thun sollen. Hinter sich haben sie die Feinde, und wir sind fort. Sie werden dastehen und sich ansehen und ganz verwundert mit den Köpfen schütteln.«
    Da lachte Sam Hawkens laut auf und rief:
    »Dastehen, sich angucken, die Köpfe schütteln? Hihihihi! Was fällt Euch denn ein, Mr. Wolf! Ihr behauptet, diese beiden berühmten Männer zu kennen, und kennt sie doch ganz und gar nicht. Ich sage Euch, sie werden nicht dastehen, sich auch nicht ansehen und noch viel weniger verwundert die Köpfe schütteln. Ich möchte wissen, wann oder von wem sich einer von ihnen jemals hätte verblüffen lassen! Wenn Ihr das von ihnen denkt, so könnt Ihr mir leid thun, herzlich leid!«
    »Ihr nehmt das, was ich gesagt habe, viel zu scharf, Mr. Hawkens. Ja, ich kenne diese beiden Männer, das darf ich gar wohl behaupten; und ich weiß, was sie geleistet haben und noch leisten können; es kommt eben kein andrer Westmann über sie. Aber sie sind doch auch nur Menschen, und es gibt Lagen, in denen selbst ein Ausbund von Klugheit Fehler machen würde.«
    »Die zwei aber nicht; das sage ich Euch. Man hätte wirklich oft denken mögen, daß sie allwissend seien. So eine Divinationsgabe, wie sie besitzen, habe ich noch nie bei einem andern Menschen bemerkt. Sie besitzen ein Ahnungsvermögen, welches fast an das Hellsehen streift. Das ist ihnen natürlich angeboren und durch viele, viele Uebung vergrößert und verfeinert. Ich bin überzeugt, daß sie trotz der vielen Eindrücke, welche eure Pferde beim Verlassen des Lagers gemacht haben, doch noch die Spuren von Grinley, Poller und Buttler entdecken. Sie werden sehen, daß diese hinter euch her sind, und wer weiß, was sie dann thun. Vielleicht etwas, woran kein andrer Mensch denken würde. Doch, da fällt mir ein: wir haben noch nicht von Khasti-tine und dem andern fehlenden Kundschafter gesprochen. Wißt ihr nicht, wo sie eigentlich stecken?«
    »Ja.«
    »Nun?«
    »Es wurden zehn Kundschafter ausgesandt; acht sind bei den Nijoras gefangen; die beiden übrigen aber wurden ermordet.«
    »Von wem?«
    »Von den Nijoras natürlich.«
    »Das vermutet ihr?«
    »Wir vermuten es nicht bloß, sondern wir wissen es.«
    »Von wem?«
    »Von eurem Oelprinzen.«
    »Ah! Der hat es euch gesagt?«
    »Ja.«
    »Und ihr habt es geglaubt?«
    »Gewiß. Warum sollten wir es nicht glauben? Sie sind als Späher gegen die Feinde ausgezogen und von ihnen ertappt und erschossen worden. Das ist doch sehr

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