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Saemtliche Werke von Karl May - Band 01

Saemtliche Werke von Karl May - Band 01

Titel: Saemtliche Werke von Karl May - Band 01 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl May
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gekostet, sie dann aber nie wieder getrunken; er wußte gar wohl, daß das »Feuerwasser« der größte Feind des roten Mannes ist, und, fügen wir hinzu, des weißen Mannes auch!
    Während des Mahles wogte die Unterhaltung erregt hin und her. Old Shatterhand wollte vor allen Dingen wissen, welchem Umstande er sein heutiges Zusammentreffen mit Frank zu verdanken habe. Dieser antwortete:
    »Wir sehen uns hier wieder, weil es mir grad wie Ihnen und der Wachtel geht.«
    »Sonderbare Zusammenstellung!«
    »Gar nich sonderbar! Wenn’s der Wachtel in Deutschland nicht mehr gefällt, wird sie unruhig und fliegt übersch Meer; Sie halten’s ooch nich lang derheme aus. Wenn man mal an Ihre Thüre klopft, um Sie zu besuchen, sind Sie gewöhnlich ausgeflogen. Man muß Ihnen also nachfliegen, wenn man partuh mit Ihnen schprechen will. Ich hatte verschiedene kleene Anliegen an Sie und setzte mich also offs Elbschiff, um zu Ihnen zu fahren. Als ich ankam, waren Sie fort, und man sagte mir, daß Sie herüber seien, um mit Winnetou zusammenzutreffen. Aber wo, das wußte man nich. Da packte mich das Savannenfieber; ich schloß meine Villa ›Bärenfett‹ zu und dampfte Ihnen nach. Ich wußte ja, daß ich bei den Mescalero-Apatschen gewiß erfahren würde, in welcher Gegend Sie zu finden sind. Wir fuhren, so weit, wie es ging, den Arkansas hinauf, und nahmen dann Pferde, um über Santa Fé nach dem Rio Pecos zu reiten.«
    »Wir? Du bist also nicht allein?«
    »Nee. Mein Vetter Droll war natürlich mit.«
    »Die gute ›Tante Droll‹? Wo steckt er denn? Wo hast du ihn gelassen?«
    »Ich habe ihn gar nich gelassen. Und wo er schteckt? Im Bette!«
    »Hier?«
    »Ja, hier.«
    »Aber, Frank, warum weckst du ihn denn nicht?«
    »Weil dem lieben Kerl das bißchen Schlaf zu gönnen is. Er is nämlich krank.«
    »Krank? Da muß ich ihn ja sehen! Hier im wilden Westen krank, das ist etwas ganz andres als daheim! Ist’s gefährlich?«
    »Gefährlich nich, aber sehr schmerzhaft, wie es scheint.«
    »Was ist’s denn für ein Leiden?«
    »Een ganz sonderbares. Ich habe noch nie davon gehört und wollte es erst gar nich glooben. Er hat nämlich die Insel Ischia in den Beenen.«
    »Die – – Insel – – Ischia?« fragte Old Shatterhand gedehnt. Er hätte am liebsten laut aufgelacht, that dies aber nicht, sondern blieb ernst, weil er die Eigenheiten des Hobble kannte; wer sich seine lustigen Verwechslungen nicht gefallen ließ, der durfte sich auf Grobheiten gefaßt machen.
    »Ja, die Insel Ischia,« nickte Frank ernst.
    »Weißt du, wo diese Insel liegt?«
    »Natürlich! Sie liegt zwischen dem Wendekreis des Krebses und Hohenzollern-Sigmaringen.«
    »Oho!« lachte da Kas, der nicht wußte, daß er den Kleinen damit ungeheuer beleidigte. »Ich bin kein großer Geograph; aber wo diese Insel liegt, das weiß ich zufälligerweise ganz genau. Ich las einmal von den schrecklichen Erdbeben, die dort vorgekommen sind, und habe mich nach ihr erkundigt.«
    O weh! Der gute Kas ahnte nicht, daß er jetzt selbst auch ein großes Erdbeben zu erwarten hatte; Frank legte nämlich Gabel und Messer weg, wendete sich ihm langsam zu, sah ihn hoheitsvoll von oben bis herunter an und fragte in seinem kältesten und zugleich verächtlichsten Tone:
    »So, Sie wissen das ganz genau? Sagen Sie doch mal, wie heeßen Sie?«
    »Timpe.«
    »Tim – – Tim – – Timpe! Damit ist eegentlich alles gesagt! Timpe und Ischia! Das klingt grad so wunderbar, wie zum Beischpiel Schtiefelbürschte und Ophelia, oder wie Igelmaul und Morgenröte! Wo soll die Insel Ischia denn wohl nach Ihrer Meenung liegen?«
    »Im Meerbusen von Neapel.«
    »So!« Er dehnte dieses So eine halbe Ewigkeit lang und fügte dann mit blitzenden Augen die Frage hinzu: »Is das etwa nich zwischen dem Wendekreis des Krebses und Hohenzollern-Sigmaringen?«
    »Hm! Das weiß ich nicht; ich habe mich nie um diesen Kreis bekümmert.«
    »So schweigen Sie in Zukunft ganz ergebenst, wenn wissenschaftliche symbolische Autoritäten Ihnen die Ehre anthun, Sie mit dem Abglanze ihres Schpektrums anzuleuchten! Sie haben soeben selbst eingeschtanden, daß Sie keen Geograph sind. Wenn Luna lächelt, muß die Tangente schweigen; das merken Sie sich!«
    Kas hatte keinen Begriff von der Ungeheuerlichkeit einer Zusammenstellung von Luna mit der Tangente; er meinte in entschuldigendem Tone:
    »Ich habe Sie nicht beleidigen wollen, Herr Frank; aber Sie werden doch zugeben, daß kein Kranker die Insel Ischia mit ihren

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