Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Saftschubse - Lies, A: Saftschubse

Saftschubse - Lies, A: Saftschubse

Titel: Saftschubse - Lies, A: Saftschubse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Annette Lies
Vom Netzwerk:
Kollege wird Sie bedienen.«
    Verdammt, ist der Gang eng! Ich manövriere meinen Trolley vorsichtig Zentimeter um Zentimeter nach vorn. Der Flieger liegt ganz ruhig in der Luft. Nicht auszudenken, es herrschten auch noch Turbulenzen …
    Meine Räder verhaken sich in den Henkeln von Handtaschen und Rucksäcken und werden durch herumliegende Zeitungen und heruntergefallene Kissen gebremst. In den Gang gestreckte Beine blockieren meinen Weg teils völlig. Hier und da stoße ich versehentlich mit 0,1 Stundenkilometer an einen Fuß oder ein Knie. Ich kann unmöglich rechts und links gleichzeitig gucken, zumal über die ganzen Säfte und Flaschen hinweg. Die Betroffenen blinzeln kurz, stöhnen genervt und werfen mir hasserfüllte Blicke zu. Andere, die ich zärtlich antippe, um sie darauf aufmerksam zu machen, dass ich nicht vorbeikomme, ignorieren mich schlichtweg.
    Endlich bin ich in Reihe neun. »Was möchten Sie gerne trinken?« »Kannst weiter …« Antoine hat schon wieder aufgeschlossen. Ich komme mir vor wie eine Vollversagerin.
    Die nächsten zwei Reihen übernehme ich endlich alleine und stoße dann auf Ingrid, die von hinten angefangen und auf mich zugearbeitet hat.
    »Na, gefällt es dir?«, fragt sie lächelnd.
    »Ganz toll!«, strahle ich und möchte am liebsten heulen.
    Ich ziehe meinen Trolley in Zeitlupe zurück, wobei die hervorstehende Eiszange regelmäßig am Kopfteil der Gangsitze hängen bleibt. Ein kantiger Ellbogen prallt schmerzhaft gegen meinen Po. Es ist Millimeterarbeit, mit der man auch prima als Außenwette bei »Wetten dass …?« auftreten könnte.
    Nassgeschwitzt erreiche ich nach gefühlten zwanzig Minuten wieder die vordere Galley. Antoine hat bereits seinen Trolley abgebaut, schnappt sich meinen und drückt mir die »Waste« in die Hand, einen leeren Trolley mit einer Mülltüte darin, und stellt einen leeren Einschub obendrauf, in dem ich die sperrigen Becher sammeln und ineinanderstecken kann.
    »Alles d’accord , Scharlott?«
    »Ja, alles très bien !«, strahle ich ihn an, und diesmal spüre ich fast die Tränen in mir aufsteigen.
    Dann gehe ich zurück in die Kabine. Das »Wasten« geht schon deutlich besser. Brav reichen mir fast alle Menschen ihre Becher an, ich sage artig Danke und lächle milde in grantige, verschlafene Gesichter.
    Ein Mann mit selbstbewusstem Mittelstandsunternehmen-Igel-Haarschnitt sieht nicht einmal auf und hält nur stumm seinen Becher in die Höhe, während er ein Memo liest. Trotzdem bedanke ich mich reflexartig, was mir fatalerweise seine Aufmerksamkeit einbringt.
    »Sie bedanken sich auch noch für den Müll?«, fühlt er sich berufen festzustellen, und schon ist mein winziges Hoch wieder dahin. Ich spüre, dass ich zwei Möglichkeiten habe: Ich breche auf der Stelle vollends in Tränen aus, oder ich gebe Kontra. Mein Lächeln gefriert schlagartig, und alleine das tut gut.
    »Ich bedanke mich nicht für den Müll, sondern schlichtweg für das Anreichen des Mülls!«, gebe ich ihm zu verstehen.
    Er schüttelt mitleidig den Kopf und versinkt wieder in sein Memo. Trotzdem geht es mir gleich ein bisschen besser. Immerhin habe ich diesen, wie ich finde, doch recht schlagfertigen Satz nicht nur gedacht, sondern auch ausgesprochen. Und zwar ohne ihm so nahe zu treten, dass er sich beschweren könnte.
    Unser Airbus 320, die Backnang , ist jetzt stark im Sinkflug. Ich habe großen Druck auf den Ohren, und mein Körper wird unangenehm von allen Seiten zusammengedrückt. Im Flugzeug zu stehen fühlt sich an wie in einer Presse. Der Flieger zieht kräftig nach links in eine Kurve, und in der Galley, auf die ich zum letzten Mal für diesen Flug zusteuere, sind nur kleine Bullaugen in der Tür, so dass ich die Orientierung verliere. In der Kabine kann man wenigstens durch die Passagierfenster die bayerischen Baumwipfel sehen und die Allianz-Arena. Oh je, mir wird schlecht. Furchtbar schlecht.
    »… alle mitgebrachten elektronischen Geräte wieder auszuschalten, die Rückenlehnen in eine aufrechte Position zu bringen und die Tische vor sich hochzuklappen«, hallt Antoines Stimme fröhlich französisch durch die frühmorgendliche Kabine. »Gehst du checken, Scharlott?«
    Ich wanke, jetzt grün statt rot im Gesicht durch die Kabine. Ich finde, das hier ist ein ziemlicher Alptraum … Na ja, erste Arbeitstage sind ja nie besonders toll, oder? Ich warte einfach mal ab, bis ich in New York bin. Oder in Bangkok oder Mailand …
    Auf den nächsten drei Flügen an diesem

Weitere Kostenlose Bücher