Saftschubse - Lies, A: Saftschubse
mich beschimpfen, wenn die Maschine mal eine Außenposition hat und sie im Regen einen halben Meter von der überdachten Treppe aus zum Shuttle-Bus laufen müssen.
Und Männer, die sich weigern, zu Start und Landung ihre elektronischen Geräte auszuschalten. So wie jetzt.
Ich wähle einen strengen Bundestagsabgeordneten-Tonfall, der keine Zweifel daran lässt, dass ich es ernst meine: »Würden Sie bitte Ihren iPod ausschalten?«
Meiner persönlichen Statistik nach ist es ziemlich unwichtig zu wissen, wie man an Bord mit einer Notaxt umgeht oder den Laptop-Brand eines Lithium-Ionen-Akkus löscht (inzwischen mein Spezialgebiet!), sondern viel mehr, wie man alltägliche Bedrohungen abwendet. Konkret, die durch Kleinelektroartikel und ihre Benutzer.
Ich bewahre uns mal wieder alle vor dem Schlimmsten, und keiner dankt es mir! Nicht einmal merken tut es einer. Der Typ mit seinem iPod, der jetzt vor mir sitzt, schon gar nicht.
Das ist wie auf der Langstrecke, wenn ich den Müttern besorgt rate, ihre Babys nicht mit dem Kopf zum Gang ins Baby-Bassinet zu legen, weil jemand dagegenstoßen oder heißer Kaffee vom Trolley die zarte Babyhaut verbrühen könnte – und es interessiert sie nicht. Manche fühlen sich sogar angegriffen, weil ich mich in ihre Erziehungsmethoden einmische. Demnächst drehe ich einfach nachts, wenn alle schlafen, heimlich alle Babys andersherum.
Drastische Maßnahmen erscheinen mir auch jetzt die geeignete Methode zu sein. Ich habe eine Szene wie diese inzwischen Hunderte Male erlebt. Das macht sie jedoch nicht weniger anstrengend. Im Gegenteil.
Autoritär rücke ich mein schmales Namensschild zurecht. Nach der dritten Falschlieferung habe ich entschieden, dass es besser ist, C. Lo zu sein als niemand. Immerhin klingt das fast wie J. Lo und ist damit doch wieder ganz cool. Ich hatte sogar gehofft, es könnte mein Markenzeichen werden. Die Leute würden über die Basis laufen und sagen: »Hey, bist du auch schon mal mit C. Lo geflogen?«
Aber der einzige Vorteil, der sich bis heute daraus ergeben hat, ist, dass es bei Beschwerden zu »C. Lo« keine Akte gibt. (Nicht, dass das schon mal vorgekommen wäre, aber rein theoretisch …)
Inzwischen verstehe ich es sogar, in Situationen wie dieser die erforderliche Strenge mit der richtigen Dosis Eleganz zu vermischen, wozu nicht unwesentlich das City-Gloss Melone auf meinen Lippen und der Besitz meines neuen Überseekoffers beiträgt: der Sky Wheeler/Panama-Kanal-Edition . (Ich glaube, in der aktuellen Staffel Germany’s next Topmodel haben sie die Gleichen!). So dürfte auch für Außenstehende wie den Gast vor mir kein Zweifel daran bestehen, dass er es mit einem welterfahrenen Skyline-Engel zu tun hat, der nicht zu Scherzen aufgelegt ist.
Also nochmal: »Hören Sie, auch ein iPod ist ein elektronisches Gerät und muss bitte zu Start und Landung ausgeschaltet werden.«
Mit antrainierter Endzeit-Miene schiebe ich auf der letzten Silbe mein Halstuch in Richtung aufgehender Sonne und mache das Bin über dem speckigen Mann im rosa Polohemd mit lautem Knall zu, damit schon mal ein bisschen »Wir starten gleich«-Flair aufkommt und er erkennt, dass es höchste Zeit ist, auf mich statt auf Britney Spears zu hören. Dazu klackere ich in Aufbruchstimmung mit meinem neuen Glitzer-Bracelet aus dem Bordverkauf. (Ein traumhaftes Bettelarmband mit diesen niedlichen Pandora-Anhängern, das ich natürlich perfekt auf mein Outfit abgestimmt habe: ein Reisepass, ein Globus und ein Koffer aus neunhundertfünfundzwanziger Sterling Silber baumeln schon daran. Den Eiffelturm mit Streben aus Blattgold und das strassbesetzte Taj Mahal habe ich im SkyShop vorbestellt.)
Den Typen vor mir beeindruckt nichts von alledem – er wechselt in aller Seelenruhe die Playlist. Ich versuche wirklich, meinen Standpunkt so diplomatisch und unmissverständlich durchzusetzen wie Kelly McGillis in Top Gun , die es »alle sechs Wochen mit zwanzig neuen Draufgängern zu tun hat«. Habe ich nämlich auf jedem Flug. Nur, dass bei mir keiner kommt und sagt: »Hören Sie ihr gut zu – denn das Pentagon hört ihr sehr gut zu.« Himmel, war ich enttäuscht, als ich erfuhr, dass der Film lediglich ein Schachzug der Reagan-Ära war, um für die Rüstungsindustrie und das ramponierte Image der echten Kampfjetpiloten zu werben.
Was bildet sich mein Gegner hier also ein? Alleine wegen meiner schönen, gut sichtbaren Beine verscherzen Männer es sich im Regelfall eigentlich nicht leichtfertig mit
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