Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Saftschubse - Lies, A: Saftschubse

Saftschubse - Lies, A: Saftschubse

Titel: Saftschubse - Lies, A: Saftschubse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Annette Lies
Vom Netzwerk:
merkte es erst, als er von seinem Fensterplatz aus alle anderen Gäste sah, die ihre angesengten Koffer auf dem Vorfeld sortierten. Später hat er die Airline verklagt, weil man ihn nicht hinreichend darüber aufgeklärt habe, dass MP3-Player zu Start und Landung auszuschalten sind und er die Schallschutz isolierten Kopfhörer von Bang & Olufsen hätte absetzen müssen.
    Eine juristische Grauzone, der ich meine Karriere nicht opfern werde!
    »Was machen Sie denn, wenn ich es nicht mache, hm?« Offenbar ist der iProll nun zu allem bereit. Außer zur Einsicht. Zum Zeichen, dass seine Frage rein rhetorisch ist, lässt er seine speckigen Finger wieder über sein kleines Wunder gleiten und dreht den Lautstärkeregler auf Maximum.
    Dass ich in Momenten wie diesen den Gedanken an Kündigung hege, ist natürlich nicht nur auf diesen einen läppischen Fall gezielter Renitenz zurückzuführen, sondern auf eine simple Hochrechnung: Fünf Flüge am Tag und fünf Tage Dienst am Stück bedeuten nämlich (bei Zugrundelegung eines Durchschnittswertes von rund zwei iProlls pro Flug und Start und Landung) rund einhundert Aufständische während eines einzigen Umlaufs.
    Ich fühle mich wie Bill Murray in Und täglich grüßt das Murmeltier . Nur, dass bei mir täglich das Megabyte grüßt. Also, der BlackBerry. Oder das E-Book. Oder das iPhone. Oder das iPad. Oder die PlayStation. Oder … also, Herzschrittmacher sind natürlich okay. Die sieht man ja auch nicht. Aber der Punkt ist doch: Das Ganze ist eine revolutionäre Bewegung . So wie früher die Atomkraftgegner: Atomkraft, nein danke!
    Man sollte in die Sicherheitsansagen an Bord wirklich einbauen, wie elektronische Geräte abzuschalten sind. Ich würde bei der Vorführung meine Arme hoch über den Kopf heben und statt einer Schwimmweste einen vorzugsweise in Stratosphäre-Hellblau gehaltenen iPod nano in die Luft halten, auf dem ich drei Sekunden lang die Pause-/Play-Taste drücke und zusätzlich, nach Dunkelwerden des Displays, oben noch die Tastensperre verriegele.
    Aber ich werde mir meinen Tag von diesem Miesepeter nicht vermiesen lassen! Ich musste heute früh nämlich erst um sechs Uhr aufstehen (für Skyline-Verhältnisse ein Sonntag) und werde heute Nachmittag in Venedig auf dem Markusplatz sitzen und für acht Euro fünfzig einen Cappuccino trinken! Und der Stewardessenschreck hier wird zeitgleich in irgendeinem langweiligen Meeting in Mörfelden-Walldorf hocken. So sieht’s nämlich aus.
    Ich beschließe, ihm die Problematik einfach zu erklären (obwohl ich Männer in rosa Polohemden generell nicht für sehr lernfähig halte). Als ich ansetze, nimmt er immerhin großzügig einen Stöpsel aus dem Ohr, und ich beginne leidenschaftlich mit meinen Ausführungen zu den für ihn im Notfall eventuell nicht hörbaren Evakuierungskommandos und der Pantomime einer verkohlten Leiche mit schallschutzisolierten Kopfhörern.
    Als ich mit einer dramatischen Pause ende, urteilt er:
    »Ach, das glauben Sie doch wohl selbst nicht!«
    Wirklich, jede noch so nachsichtige Grundschullehrerin mit Aszendent Krebs würde das Ding jetzt einkassieren. Dann mache ich es eben auch mal wie die Japaner – ich werde die nächsthöhere Instanz zurate ziehen.
    Entschlossen marschiere ich nach vorne in die Galley und unterrichte Mark, den heutigen Purser, über den Ernst der Lage.
    »Hast du ihn denn nett gebeten?«
    »Ja.«
    »Hast du ihm erklärt, warum …«
    »Jaaaaaaa …«
    »Charlotte, dann machen wir jetzt einfach erst einmal die Sicherheitsvorführung, und dann kannst du ja nochmal nach ihm sehen, okay?«
    Nochmal nach ihm sehen? Man sieht nach süßen kleinen Kindern, die womöglich ein zweites Fläschchen wollen. Aber nicht nach fiesen Typen, denen jeder Anblick lieber ist als meiner. Deeskaliert der Purser etwa mich?!
    Ich finde das äußerst unbefriedigend. Ich will, dass der iProll eine Verwarnung kriegt – diesen tollen vorgedruckten Brief, den der Kapitän unterschreiben muss und der ihn darüber aufklärt, dass er sich unmöglich verhält und er sich mir unterwerfen muss und dass er ansonsten notfalls mit Polizeigewalt in Handschellen …
    Vielleicht hat Mark ja Recht. Ein wenig Abstand wird mir guttun. Rückzug. Und vielleicht ist es ja auch so, dass der iProll nur nicht unter meiner Aufsicht, sondern von ganz alleine bestimmen möchte, wann er sein elektronisches Gerät ausschaltet. Ich glaube, das ist überhaupt für viele Männer wichtig – das Gefühl zu haben, die Kontrolle zu

Weitere Kostenlose Bücher