Saftschubse - Lies, A: Saftschubse
mich todmüde in ein Restaurant zu schleppen! Ich will in mein Hotelzimmer, die Uniform loswerden und schlafen!«
»Och … hab dich doch nicht so! Der Typ ist steinreich, steht offenbar auf dich und lädt dich ein! Ich sag immer: alles mitnehmen! So eine Chance kriegst du nicht oft. Du könntest schon längst selber in der First Class sitzen!«
Hatte sie womöglich Recht? Ich meine, klar, irgendwann bist du vierzig, wachst auf und stellst fest, dass du nie mit dem Leadsänger von Kings of Leon geschlafen hast. Aber du weißt auch nicht, ob es das wert gewesen wäre, dass du deinen Freund, der praktischerweise Steuerberater ist, dafür hättest sitzenlassen.
Und war ich nicht eigentlich deshalb hier? Um Abenteuer zu erleben? Doch während der Crewbus uns ins Hotel fuhr und sich in der Dämmerung langsam die Skyline des näher kommenden Stadtzentrums abzeichnete, freute ich mich darauf, am nächsten Tag am Pier neununddreißig den Seehunden zuzusehen, und hatte meinen Verehrer schon vergessen.
Bis mich zwei Stunden später im Zimmer das schrille Klingeln meines Telefons aus dem gerade gefundenen Tiefschlaf riss.
»Hello?«, murmelte ich verschlafen, in dem Glauben, es könne sich nur um eine wichtige Mitteilung von Skyline bezüglich des Rückflugs oder einem Erdbeben dank der San-Andreas-Spalte handeln.
»Hi. It’s Joseph!«
In Sekundenschnelle war ich wach.
»Look, sorry to bother you, but you are just such a pleasant person. Can I invite you to dinner?«
»Joseph, I already told you …«
»Oh yes, you are probably tired! I understand that. So maybe tomorrow? I just wanna show you around. I have a wonderful house in Half Moon Bay and some of my business friends are coming. I’d be glad to have you at my side!«
Ich sagte nichts. Ich war sauer. Und verdammt müde. Wie hatte er überhaupt mein Hotel ausfindig gemacht? Und wieso hatte man ihn zu mir durchgestellt? Es musste an meinem neuen Namensschild liegen, auf dem seit neuestem endlich mein richtiger Nachname stand. Anlässlich meines Aufstiegs in die First Class hatte Skyline es beeindruckend schnell korrigiert.
»I’ll send you a car at twelve o’clock a.m. See you tomorrow!«
»Okay«, seufzte ich resigniert. Ich war inzwischen so müde, mir war im Grunde alles egal. Was sollte schon groß passieren? Ich war nur zwei Tage hier und er ein renommierter Geschäftsmann und kein Serienkiller. Hoffentlich …
Am nächsten Mittag fuhr tatsächlich pünktlich eine schwarze Limousine vor. Natürlich hatte ich wenigstens meiner Küchenfee gesagt, was ich vorhatte, und sie hatte mich beglückwünscht:
»Endlich wirst du vernünftig! Ich sage dann schon mal den anderen, dass du ausgesorgt hast und mit dem Privatjet zurückfliegst!«
Wir hatten noch einen kurzen Disput darüber, wo genau Prostitution beginnt, und dann war es auch schon Mittag gewesen.
Wider Erwarten wurde es ein sehr netter Nachmittag.
Josephs Business Friends entpuppten sich als keine Geringeren als die ein oder andere Größe aus der Finanzwelt und dem Showgeschäft. Und ich gebe zu, als Jay Leno neben mir auf der Terrasse von Josephs Seaside Condo stand, einen ausgehöhlten Kürbis betrachtete und zu mir meinte, er sähe aus wie Oprah, zog ich zum ersten Mal in Erwägung, dass dieses Leben vielleicht doch eine Option war.
Ich nippte an meinem Pumpkin Infused Champagne und sinnierte. Machten andere Frauen das nicht genauso?
Als der Krabbencocktail zur Neige ging, und Josephs Nachbar Sting seine Gitarre hervorholte, verabschiedete ich mich langsam. Joseph war zutiefst betrübt, geleitete mich zur Limousine und zog seinen Blackberry hervor, um seine bevorstehenden Termine in Europa zu checken.
So kam es, dass ich zwei Wochen später auf der Charlotte of the Seas vor Sardinien herumlag. Trotz der Benennung einer Zehn-Meter-Yacht nach mir als kleine Willkommensgeste beabsichtigte ich schon nach einem halben Tag dieses Leben schneller wieder zu verlassen, als ich hineingestolpert war.
Ich starrte auf Flavio Briatores Poritze und fragte mich, ob Berlusconi das jetzt merken würde, wenn ich einfach hier neben Elisabetta durch die Reling fiele. Aber ich kam zu dem Schluss, dass dabei höchstwahrscheinlich auch das mundgeblasene Champagnerglas in meiner Linken zerbrechen würde und war nicht ganz sicher, ob meine Haftpflicht bei der HUK-Coburg Glasbruch wirklich mit einschließt.
Wie beiläufig strich mir Joseph über meinen bewusst unerotisch gewählten Frottee-Bademantel mit Minnie
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