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Sag, dass du eine von ihnen bist

Sag, dass du eine von ihnen bist

Titel: Sag, dass du eine von ihnen bist Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Uwem Akpan
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ihr, dass du mehr brauchst – Schuhe, Geld für die Eltern-Lehrer-Vereinigung, die Schulgebühr. Wir verzichten auf alle Weihnachtsausgaben, deine Ausbildung geht vor, erster Sohn. Sag ihr, sie soll aufhören, diese affigen Designerklamotten zu kau
fen; die stinken nach toten Weißen. Sie soll das Geld lieber uns geben.«
    Bei diesen Worten begann sie, wütend auf den Koffer einzudreschen. Er versperrte alles, unser einziges solides Möbelstück. Maisha hatte ihn vor einem Jahr mitgebracht und uns immer aus dem Verschlag gescheucht, bevor sie ihn aufmachte, weshalb wir seinen geheimnisvollen Inhalt nicht kannten, nur den Duft nach Parfüm, der von ihm ausging. Der Koffer war uns Ungewissheit und Trost, und jedes Mal, wenn Maisha mit neuen Sachen zurückkehrte, wuchs dieses Gefühl. Blieb Maisha mal länger fort, wurde in unserer Sorge der Koffer zu einem Unterpfand ihrer Rückkehr.
    » Malaya! Hure! Wenn die heute Abend nicht kommt, breche ich diese Kiste auf«, zischte Mama, spuckte auf das Kombinationsschloss und schüttelte den Koffer, bis wir den Inhalt klappern hörten. In Maishas Abwesenheit ließ sie ihre Wut immer am Koffer aus. Ich griff nach ihren Händen.
    »Du Zuhälter!«, knurrte sie. »Du hilfst der Hure auch noch.«
    »Sie kann nichts dafür. Die Touristen, diese musungu , sind schuld.«
    »Sieh zu, dass du mit der Schule anfängst, bevor sie verschwindet.«
    »Ich sag ihr, was du da machst.«
    »Und ich begrab dich und dein Plappermaul in diesem Koffer.«
    Wir kämpften. Sie kratzte mit ihren langen Fingernägeln; Blut lief mir über die Stirn. Trotzdem hörte sie nicht auf, den Koffer zu schütteln. Ich warf mich herum, stürzte mich auf sie und biss ihr in den rechten Oberschenkel. Weil meine Milchzähne vorn schon ausgefallen waren, floss kein Blut. Sie ließ los und fiel taumelnd zurück auf die Leiber unserer schlafenden Familie. Atieno stieß einen kurzen, gespenstischen Schrei aus, als durchlebte er einen Alptraum, schlief aber weiter. Ba
ba stöhnte und sagte, es passe ihm nicht, wenn seine Familie sich an Weihnachten prügle. »Du beißt meine Frau? Wegen dieser Hure?« schnaufte er. »Der Rohrstock soll dich strafen. Ich werde den Direktor persönlich bitten, einen großen für dich auszusuchen.«
    Auf Mamas Schenkel schwoll der Biss an. Sie rollte das Kleid hoch, massierte die Stelle, und stieß dabei stumme Flüche aus. Zur Strafe nahm sie das kabire , das sie für mich abgefüllt hatte, und behandelte damit die Beule. Sie drückte den Flaschenhals an die Haut und hoffte, die Dämpfe würden den Schmerz lindern.
    Als sie sich fertig verarztet hatte, gab sie mir die Flasche zurück. Das kabire war noch fast unverbraucht, deshalb schnüffelte ich nicht gleich, sondern schloss die Lippen um den Flaschenhals und inhalierte so langsam, als wäre es ein übergroßer Joint mit indischem Bhang. Erst war mir, als hätte ich keinen Speichel mehr im Mund, dann begannen die Dämpfe meine Zunge zu betäuben. Die Hitze stieg mir in die Kehle und kitzelte meine Nase wie ein unterdrücktes Niesen. Ich beruhigte mich ein wenig und blies den Dampf aus. Dann saugte ich erneut und schluckte. Mir kamen die Tränen, der Kopf drehte sich; ich ließ die Flasche fallen.
    Als ich aufsah, hatte Mama sich auch etwas eingegossen und inhalierte. Sie und Baba schnüffelten nur selten kabire . »Ist bloß für Kinder«, hatte Babas kürzlich verstorbener Vater immer geschimpft, wenn er sie dabei ertappte, wie sie nach unserem Kleber schielten. Diese Weihnachten waren wir nicht besonders hungrig. Zusätzlich zu dem Geld, das die Bettelei mit Baby einbrachte, hatte Baba ein paar noch eingewickelte Geschenke klauen können. Er war auf Einladung einer NGO auf einem Fest für machokosh- Familien gewesen, dessen Veranstalter so geizig waren, dass sie Obstsaft wie Schnaps ausschenkten. Also war er zum nächsten Fest gelaufen und hatte die nutzlosen Geschenke – Plastikbesteck, Bilderrahmen, Brief
beschwerer, Insektengift – gegen drei Tassen Reis und Zebragedärm getauscht, gespendet von einem Touristenhotel. Das hatte es heute an Heiligabend zu essen gegeben.
    »Frohe, frohe Weihnacht, darling !«, prostete Mama mir nach einer Weile zu und rieb sich dabei den Schädel.
    »Dir auch, Mama.«
    »Also, wo sind nun diese Töchter? Wollen die nicht an Weihnachten mit uns beten?« Sie schnüffelte an der Flasche, bis ihre Augen ganz schmal wurden und ihr Gesicht ganz verkniffen aussah wie das einer verrückten Kuh. »Lecker, und

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