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Sag, es tut dir leid: Psychothriller (German Edition)

Sag, es tut dir leid: Psychothriller (German Edition)

Titel: Sag, es tut dir leid: Psychothriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Robotham
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jedes Zimmer.
    Über mir knarrt es.
    »Grievous?«
    Nichts. Von der anderen Straßenseite hört man lautes Gelächter, Weihnachtsfeuerwerk wird gezündet, Jubel, Applaus.
    Ich steige in den ersten Stock und schleiche auf Zehenspitzen von Raum zu Raum. Noch bevor ich die Suche beendet habe, weiß ich, wo ich ihn finden werde. Ich steige die letzte Treppe hoch und stoße die Tür auf.
    Grievous sitzt an die Wand gelehnt auf dem Bett. Er hat die Arme und Beine um Piper geschlungen und drückt ihren Körper an seine Brust. Sie ist ein an seiner Schulter schlafender menschlicher Schutzschild.
    »Ich dachte, Sie würden weglaufen«, sagt er.
    »Das dachte ich umgekehrt auch.«
    Sein Haar klebt auf einer Hälfte seines Gesichts, seine Augen sind wie dunkle Höhlen voller Schatten und Bedrohung. Er weist auf das Fußende des Bettes. Auf dem Laken liegt eine Pistole, näher bei mir als bei ihm, neben der Waffe ein Munitionsclip.
    »Für Sie«, sagt er.
    Ich starre auf die Waffe und versuche, das Angebot zu begreifen.
    »Nehmen Sie sie. Sie beißt nicht.«
    Piper sieht in seinen Armen aus wie eine Puppe, ihr Kopf ist zur Seite gesackt, ihre Augen sind geschlossen, ihr Atem geht flach.
    »Was haben Sie ihr gegeben?«
    Er zeigt auf das leere Tablettenfläschchen auf dem Tisch links neben sich. »Diazepam. Sie wird nichts spüren.«
    »Was soll sie nicht spüren?«
    »Sterben natürlich.«
    »Sie müssen sie nicht töten.«
    »Dafür ist es ein bisschen spät. Sie hat die ganze Flasche geschluckt. Wir werden gemeinsam sterben.«
    Er hebt seine linke Hand, um mir zu zeigen, dass sie mit Handschellen aneinandergefesselt sind. In der anderen, bisher verborgenen Hand hält er ein Messer, flach an ihren Körper gepresst, die Spitze ungefähr über ihrem Herzen.
    »In dem Fläschchen müssen um die dreißig Tabletten gewesen sein. Ich glaube nicht, dass sie überlebt, selbst wenn man ihr den Magen auspumpt. Sie haben wirklich keine Zeit zu verlieren. Wenn Sie mich erschießen, können Sie sie vielleicht retten.«
    »Ich werde Sie nicht erschießen.«
    Er sieht mich traurig an und küsst Piper auf die Stirn. »Dann werden wir beide zusehen, wie sie stirbt.« Mit den Fingerspitzen zwirbelt er ihr Haar auf. »Es ist wirklich schade. Sie war so ein liebes, liebes Ding.«
    »Warum machen Sie das?«
    »Sie sind der Psychologe. Sagen Sie es mir.«
    Ich trete näher, gehe in die Hocke und nehme die Pistole und den Clip.
    »Man muss ihn reinschieben, bis er einrastet«, sagt er. »Und jetzt entsichern.«
    Ich habe noch nie mit einer Waffe geschossen. Ich hasse sie. Ich kenne Leute, die den Standpunkt vertreten, es seien bloß Werkzeuge wie ein verstellbarer Schraubenschlüssel oder ein Kugelhammer, aber seien wir ehrlich: Pistolen wurden als tödliche Waffen konstruiert. Daran führt kein Weg vorbei. Es gibt vieles, was ich noch nie getan habe. Ich habe keine Piercings, bin noch nie aus einem Flugzeug gesprungen und habe noch nie versucht, eine Kuh umzukippen. All das erscheint mir im Augenblick erstrebenswerter, als mit beiden Händen eine Pistole festzuhalten.
    »Vorsichtig, sonst erschießen Sie noch jemanden«, sagt Grievous lächelnd.
    »Lassen Sie Piper frei.«
    »Erschießen Sie mich, dann können Sie sie haben.«
    Ich richte die Waffe auf seinen Kopf.
    »So ist es gut.«
    »Ich werde Sie nicht erschießen. Niemand muss sterben.«
    Er lächelt. Er riecht beinahe parfümiert, als hätte er geduscht, sich rasiert und mit Eau de Cologne eingesprüht.
    »Sie waren nie in der Armee, oder?«, fragt er.
    »Genauso wenig wie Sie.«
    »Ich war nah dran.«
    »Das ist, als würde man sagen, man hätte beinahe Sex gehabt, Grievous. Entweder man hatte, oder man hatte nicht – alles andere ist wichsen.«
    Wut blitzt in seinen Augen auf. Bisher habe ich seinen Jähzorn nie bemerkt. Er hat gelernt, ihn gut zu verbergen.
    »Sollte ich Sie Gerald oder George nennen?«
    »Nennen Sie mich, wie Sie wollen.«
    »Piper und Natasha haben Sie George genannt. Es passt zu Ihnen.« Ich trete einen Schritt näher. »Ich werde jetzt die Handschellen aufmachen.«
    Er zeigt mir noch einmal das Messer. »Mit einer kleinen Bewegung aus dem Handgelenk kann ich ihr Herz treffen, bevor Sie einen Schritt machen. Wie gut sind Sie als Arzt? Können Sie ein gebrochenes Herz zusammenflicken?«
    Ich mache einen Schritt zurück und stoße an einen Stuhl mit gerader Lehne. Verkehrt herum setze ich mich darauf und stütze meine ausgestreckten Arme auf die oberste Querstrebe der

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