Sag, es tut dir leid: Psychothriller (German Edition)
illegal heruntergeladene Filme. Der große Mahagonikleiderschrank hat drei Türen, die mittlere ist ein Spiegel. Zwei Paar Trainingsschuhe stehen ordentlich nebeneinander unter dem Bett. Auf einem Stuhl liegen gefaltete Kleidungsstücke, in einer Bürste steckt ein Kamm.
Es gibt zwei weitere Zimmer. Eins ist das Gästezimmer mit einem Bett samt altmodischem Überwurf und einer Kommode mit einem drehbaren ovalen Spiegel; das andere wird als Abstellraum benutzt.
Ich gehe zurück ins Bad und betätige die Toilettenspülung.
Bleibt nur noch der ausgebaute Speicher. Möglichst leise steige ich die schmale Treppe nach oben und blicke über das Geländer. Ich kann keine Stimmen mehr hören.
Die Tür ist abgeschlossen, doch der Schlüssel steckt. Ich drehe ihn langsam im Schloss. Die Tür geht nach innen auf, und es dauert einen Moment, bis meine Augen sich an das Halbdunkel gewöhnt haben. Die Wände zur Linken und zur Rechten sind schräg. Unter einem zugedeckten Dachfenster an der Stirnwand kann ich ein Bett und einen Haufen Bettzeug ausmachen.
Der Raum sieht leer aus, und ich will gerade wieder gehen, als ich ein leises Geräusch höre.
Ich gehe weiter in den Raum und entdecke unter den Bettdecken ein schlafendes Mädchen, das im Traum wimmert und den Kopf hin und her wirft. Sie hat einen Albtraum, gegen den sich ihr Körper zuckend wehrt. Ich berühre ihren Arm. Ihre Augen gehen auf, starren jedoch blind ins Leere.
»Piper?«
Sie antwortet nicht.
»Kannst du mich hören, Piper?«
Ihre Pupillen sind erweitert. Sie ist betäubt worden.
»Ich bin Joe. Wir haben gestern miteinander gesprochen.«
Ihre Augen fallen wieder zu. Sie will sich zur Seite drehen, doch ihr linkes Handgelenk ist mit einem Paar silberner Polizei-handschellen an das Kopfteil gefesselt. Ohne den Schlüssel oder eine Bügelsäge kann man Piper nicht befreien.
Ich klappe mein Handy auf und schicke DS Casey eine SMS .
Piper ist oben. Vorsicht.
Ich wähle Drurys Nummer. Er geht immer noch nicht dran. Was jetzt? Der Notruf. Ich fordere einen Krankenwagen und die Polizei. Die Frau in der Telefonzentrale will, dass ich am Apparat bleibe, doch ich nenne nur meinen Namen und lege auf.
Ich streiche Piper die Haare aus den Augen. Sie klappen auf.
»Sie haben gesagt, Sie wollten mich gestern abholen kommen.«
»Ich weiß. Tut mir leid.«
»Passen Sie auf, dass er mir nicht wehtut.«
»Mach ich.«
Ihre Augen fallen zu. Sie atmet tief. Sie ist wieder eingeschlafen. Ich steige langsam die Treppe hinunter, spähe über das Geländer und lausche auf Stimmen, doch ich höre nichts. Im Erdgeschoss angekommen schleiche ich in Richtung Küche. Der Raum kommt langsam ins Blickfeld. Ich sehe Bierdosen und zwei Gläser auf dem Tisch stehen.
DS Casey sitzt noch auf demselben Stuhl wie eben. Sein Kopf ist nach vorn gesackt, mit einer Hand hält er sich den Hals, um das Blut zu stoppen, das durch seine Finger blubbert. Er hebt stöhnend das Kinn, sein Blick trifft auf meinen. In seinem liegt der Tod. Und er kommt bald.
Ich presse die Hand auf seinen Hals, lege meine Finger auf seine, um den Druck zu erhöhen, doch die Halsschlagader ist durchtrennt. Er verblutet, verliert das Bewusstsein. Ich will ihm sagen, dass es mir leidtut. Ich hätte bei ihm bleiben sollen. Gemeinsam … vielleicht …
Auf dem Tisch vor ihm liegt ein Handy, auf dem Display meine Nachricht. Das Letzte, was er gelesen hat. Mit einem leisen Rumpeln verstummt der brummende Kühlschrank. Im selben Moment sackt Caseys Kopf nach vorn, und mit einem letzten Beben seines Körpers hört sein Herz auf zu schlagen. Die Pumpe ist ausgetrocknet. In der plötzlichen Stille spüre ich ein Zittern, das sich in meiner Brust bis zum Hals ausbreitet. Ich blicke den Flur hinunter. Grievous könnte in jedem Zimmer warten.
Ich könnte fliehen. Ich könnte nach draußen laufen und auf die Polizei warten. Aber dann müsste ich Piper zurücklassen.
Neben Caseys Handy liegt noch etwas auf dem Küchentisch: ein kleiner silberner Schlüssel. Er gehört zu den Handschellen.
Ich blicke noch einmal in den Flur.
»Hören Sie mich, Grievous?«
Die Stille scheint mich zu verspotten.
»Wir könnten reden«, sage ich. »Ich kann gut zuhören.«
Nach wie vor nichts.
Vielleicht ist er weg, vom Tatort geflohen und hat mir den Schlüssel dagelassen. Aber er kann unmöglich erwarten zu entkommen. Ich wische mir die Hände an den Hüften ab, nehme den Schlüssel und werfe auf dem Weg zurück zur Treppe einen Blick in
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