Sag Mami Good bye - Fielding, J: Sag Mami Good bye - Kiss Mommy Good Bye
schleuderte ihre Kinder hinein, erst Sharon, dann Adam. Gleich darauf saß sie hinter dem Lenkrad, riß die Tür zu – im selben Augenblick, wo Victor von außen die Hand nach dem Griff streckte. Wieder trafen sich ihre Blicke. Sie bohrten sich ineinander, rissen sich dann los. Donna hatte genug von seinem Haß gesehen. Sie ließ den Motor an, während Victors Fäuste gegen die Windschutzscheibe trommelten, während Adams kleine Fäuste gegen ihren Kopf, gegen ihr Gesicht schlugen.
»Adam, bitte, Liebling...«
»Du bist nicht meine Mami! Du bist nicht meine Mami!«
Victor stand jetzt direkt vor dem Auto. Wenn sie losfahren wollte, dann mußte sie ihn überfahren.
Lautlos bewegten sich ihre Lippen. Provozier mich nicht, sagten sie, ohne daß es jemand hören konnte. Donna sah fast unmittelbar vor sich sein Gesicht. Und sie kannte den Ausdruck, diesen Gesichtsausdruck nur zu gut: Keinen Schritt würde er weichen, würde tatsächlich hier vor seinen Kindern sterben, statt sich auch nur ein Stück von der Stelle zu rühren. Unauffällig und doch blitzschnell warf sie einen Blick in den Rückspiegel. Dort war die Straße frei. Wieder sah sie zu Victor, wehrte Adams Hände von sich ab und legte den Rückwärtsgang ein und stieß in höchster Geschwindigkeit zurück, in Richtung 13. Avenue.
Für einen winzigen Augenblick fühlte sie sich erleichtert. Doch gewonnen hatte sie noch längst nicht. Während sie bremste und den Wagen so wendete, war er in sein Auto gesprungen – einen braunen quasi halbsportlichen Wagen. Nein, ihr Vorsprung war wirklich nicht groß. Durch eine ganze Reihe von Straßen mußte sie sich schlängeln. Endlich erreichte sie die Ocean Avenue. Und dieser vertraute Name gab ihr das Quentchen Zuversicht, das sie dringend brauchte. Scharf bog sie nach rechts ab
und strebte in östlicher Richtung dem Highway entgegen. Aber was dann? fragte sie sich verzweifelt.
Denn rasch schloß Victor zu ihr auf. (Zwischen ihnen war eine Zeitlang ein blaues Auto gefahren, das inzwischen jedoch längst abgebogen war.) Sie trat voll aufs Gaspedal. Victor reagierte entsprechend. Und während sie ihm zu entkommen versuchte, mußte sie sich immer wieder Adams erwehren, dessen Angst-und Wutgeschrei eine verblüffende Ähnlichkeit mit Punk-Rock-Konzerten hatte.
Sie versuchte, die Geschwindigkeit noch zu erhöhen. Bog unversehens an einer Ecke ab. Hinter sich hörte sie das Quietschen schleifender Autoreifen. Victor blieb ihr unmittelbar auf der Spur. Mit einem flüchtigen Blick erhaschte sie die entsetzten Gesichter von Passanten, die sich vor den heranjagenden Autos in Sicherheit zu bringen versuchten.
Adams Geschrei drohte ihr das Trommelfell zu sprengen. Gab’s in dieser Stadt denn keine Polizisten? fragte Donna sich verzweifelt. Ist denn niemand da, der diesem Wahnsinn Einhalt gebietet? Guter Gott, sollte das bis in alle Ewigkeit so weitergehen? Während sie wie um ihr Leben fuhr, trommelten die Fäustchen ihres Sohnes auf ihr herum; Sharon dagegen schien von der vorübergleitenden Landschaft verzaubert. Fast hatte sie das Gefühl, wie in einem endlosen Labyrinth herumzukutschieren, in einem gemieteten weißen Buick. Nun ja, soweit es das Höllendasein betraf, war dies wohl noch eine Steigerung gegenüber dem endlosen Geschirrspülen!
Sonderbarer, fast absurder Gedanke. Doch irgendwie wirkte er beschwichtigend. Wird schon alles gutgehen, ging es Donna durch den Kopf.
Und zum erstenmal seit vielen Jahren fühlte Donna Cressy sich in völligem Einklang mit sich selbst.
»Alles geht gut, Kinder«, sagte sie laut. »Alles geht für uns alle gut. Alles.«
Plötzlich krachte es, und nur mit großer Mühe hielt Donna das Auto auf Kurs. »Verdammt noch mal«, fluchte sie, während sie im Rückspiegel sah, daß Victor abermals näher rückte. »Bist du wahnsinnig geworden!?« schrie sie. »Die Kinder sind doch hier drin!«
Doch wieder ließ Victor sein Auto gegen den Buick knallen. Bei dem Aufprall kippten Sharon und Adam nach vorn, und Donna hatte alle Mühe, sie mit einem ausgestreckten Arm vor Schaden zu bewahren. Ein weiterer Stoß dieser Art, und sie würde die Kinder wohl kaum noch schützen können. Beide begannen zu weinen, Adam wie Sharon. Und zum erstenmal ließ Adam davon ab, sich gegen seine Mutter zu wehren, und blickte zum Auto seines Vaters.
Donnas Stimme klang ebenso laut wie verzweifelt.
»Schnallt euch doch endlich an, Kinder!« schrie sie.
Sharon schluchzte. »Ich habe Angst.«
»Ich weiß,
Weitere Kostenlose Bücher