Saga von Dray Prescot 16 - Vallian-Zyklus 02 - Wildes Scorpio
sprühte über das weiße Bettlaken. Zitternd fuhr er zu mir herum. »Selbst wenn ich dir deine Geschichte glauben würde – du hast mir noch nicht verraten, wer das alles getan haben soll ...«
»Das kann ich dir sagen – Ashti Melekhi!«
Er starrte mich fassungslos an. Dann lachte er und ließ sich auf den verzierten Sessel neben dem Bett sinken. Die goldenen Quasten des Mantels schüttelten sich im Takt seiner Heiterkeit. Er lachte mich an.
»Du Onker! Deine traurige Geschichte ist eine einzige Lüge. Die Frau hat dir Kontra gegeben, und dagegen hast du etwas. Ashti – nun, Ashti hat mich selbstlos und ergeben gepflegt. Sie ließ Dr. Charboi kommen. Deine Geschichte mit dem Solkien-Konzentrat kann nicht stimmen, deine Geschichte, daß wir die Wunderkur geschafft hätten – alles gelogen! Ich rufe die Wachen ...«
»Das brauchst du nicht. Ich habe dich gewarnt. Die Frau ist gefährlich. Sie wird es wieder versuchen. Ich möchte nur zu gern wissen, für wen sie arbeitet.«
»Na, für mich! Sie ist loyal.«
»Und Königin Lust?«
Zornbebend starrte er mich an. Er versuchte aufzustehen, doch meine Hand hielt ihn zurück.
»Sie heißt König Lushfymi und hat mit dieser Sache nichts zu tun. Ashti weiß, daß sie niemals Herrscherin werden kann!«
»Daran habe ich auch gar nicht gedacht. Ich glaube eher, daß hier größere Kräfte am Werke sind, die nicht nur dich vernichten wollen, sondern unsere ganze Familie.«
»Familie?«
»Ich weiß, daß du mich für einen unwürdigen wilden Klansmann hältst; aber deine Enkel sind nun mal Delias Kinder. Du mußt mir glauben!«
»Das kann ich nicht. Ich muß über deine Worte nachdenken und mir darüber klar werden, was ich mit dir mache.«
»Also schön, Herrscher«, sagte ich aufgebracht. »Denke ruhig nach. Ich habe dich gewarnt und werde versuchen, dich zu schützen. Wenn ich jetzt gehe, wirst du mir deine Chulik-Garde nicht auf den Hals schicken. Sonst mußt du eine Handvoll Todesprämien zahlen.«
Schweratmend rief er mir nach: »Manchmal, Dray Prescot, manchmal würde ich gern meinen ganzen Schatz für Kopfgelder ausgeben, wenn eins für dich bestimmt wäre.«
»O ja, da bist du nicht der einzige!«
In diesem Augenblick knirschte die gewölbte Tür, und Licht fiel durch den sich öffnenden Spalt herein. Niemand hatte angeklopft. Der Herrscher erhob sich von dem Stuhl. Er sah erleichtert aus.
»Hier kommt ja Ashti. Jetzt werden wir die Lügen ausräumen, die du mir aufgetischt hast!«
Das erklärte den zweiten Kelch. Der purpurne Wein war also bestimmt nicht vergiftet. Durstig leckte ich mir die Lippen.
Ashti Melekhi betrat das Schlafzimmer des Herrschers, ihre Bewegungen erinnerten an die katzenhafte Anmut eines Neemu. Sie trug grüne Jagdkleidung aus Leder.
»Ashti? Du bist mir willkommen – aber warum dieses Kostüm?«
Sie bedachte ihn mit ihrem strahlenden Lächeln. »Weil es heute nacht auf die Jagd geht, Majister.«
»Jagd?« Der Idiot war erstaunt.
Hinter Melekhi erschien die mächtige Gestalt Naths des Iarvin, dichtauf gefolgt von sechs Chuliks. Es waren Offiziere, Hikdars und Jiktars. Die Waffen trugen sie blank in den Fäusten.
Der Herrscher wich zurück. »Ashti!« flüsterte er.
»Ja, Herrscher. Wir können nicht warten. Dein neugieriger Schwiegersohn ist zurückgekehrt, und er kennt die Wahrheit. Du mußt also heute abend noch sterben, sofort!«
20
»Bringt ihn um, ihr Dummköpfe!«
Verächtlich deutete Ashti Melekhi auf den Herrscher, der rückwärts gehend über seinen Sessel stolperte und Wein über die kostbaren Teppiche verschüttete.
Ich trat nun ins Licht. Der lange Mantel verdeckte mein Gesicht.
»Wer immer das ist, tötet ihn ebenfalls!«
»Siehst du, Herrscher«, sagte ich. »Einem alten Onker kann man eben nicht die Wahrheit sagen, auch wenn sie ihm ins Gesicht starrt.«
Der Herrscher keuchte und versuchte sich aufzurichten. »Wächter!« krächzte er.
»Wozu?« fragte ich. »Sollen noch mehr kommen? Die Hexe hat doch schon genug mitgebracht.«
Ashti Melekhi stockte hörbar der Atem. Ihr Gesicht schimmerte vor Freude, ihre grüngrauen Augen funkelten. »Der Prinz Majister!« rief sie. »Zwei mit einem Streich! Die Götter lächeln auf mich herab!«
»Das hängt ganz von den Göttern ab«, sagte ich und warf den hinderlichen Mantel fort.
»Tötet sie beide!« wiederholte sie und preßte die Hände vor die Brüste. Sie konnte es kaum erwarten.
Das Rapier löste sich glatt aus der Scheide, ebenso der
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