Saga von Dray Prescot 17 - Vallian-Zyklus 03 - Dayra von Scorpio
Deb-sa-Chiu?«
Königin Lust hielt den Atem an.
Der Herrscher lächelte sie an, tätschelte ihr die Hand und wandte sich an mich. »Er war krank. Er hat mich gebeten, nach Hause zurückkehren zu dürfen.«
»Und du hast ihn ziehen lassen?«
»Man widersetzt sich nicht leichtfertig den berechtigten Wünschen eines Zauberers aus Loh. Diese Männer besitzen eine – seltsame Macht.«
»In der Tat.«
Ich hätte eine erstklassige Zorca gegen einen alten Calsany gewettet, daß Deb-sa-Chiu, der Delia für mich gesucht hatte, durch die Machenschaften Phu-Si-Yantongs erkrankt war. Dieser Schritt gehörte zu den sorgfältig ausgearbeiteten Plänen. Obwohl kein anderer Zauberer aus Loh so mächtig sein mochte wie Yantong – mit der möglichen und erhofften Ausnahme Khe-Hi-Bjanchings –, wollte der Teufel kein Risiko eingehen und hatte Deb-sa-Chiu ausgeschaltet.
»Was hat ein Zauberer aus Loh mit unseren Problemen zu tun ...« begann Crimahan verächtlich.
Aber der Herrscher war nicht umsonst Delias Vater. »Dray, du glaubst ...?«
»Ich glaube es nicht nur. Ich bin davon überzeugt.«
Königin Lust hob eine Hand an die Brust. Sie war sehr bleich geworden.
»Beruhige dich, meine Königin«, sagte der Herrscher. »Hier hast du ein Glas Wein. Diese Information ist wirklich schlimm, wenn sie stimmt. Du bist mir aber ein großer Trost gewesen. Ohne dich hätte ich nicht so lange durchgehalten. Jetzt darfst du mich nicht im Stich lassen.«
»Ich werde dich weiter unterstützen!« Sie schien bestürzt zu sein – kein Wunder angesichts des Gedankens, einen Zauberer aus Loh zum Gegner zu haben.
In düsterer Stimmung löste sich die Versammlung auf. Niemand hatte mir etwas über den Aufenthaltsort Delias sagen können. Vallia schien an dem ganzen Durcheinander überhaupt nicht beteiligt zu sein. Ebensowenig lagen Informationen aus Rahartdrin, Ava, Womox vor, oder aus Veliadrin oder Zamra oder Valka.
Ich nahm mir vor, einen Rundgang bei den Wachen zu machen, und fand alles ruhig. Nach einiger Zeit kehrte ich in unseren Palastflügel zurück, um einige Burs zu ruhen. Königin Lushfymi erwartete mich in meinem Schlafzimmer.
Sklaven waren nicht mehr im Palast; sie waren alle geflohen, bis auf wenige, die der Herrscher für sich beanspruchte. Erstaunt musterte ich die prachtvolle Erscheinung – das weiße Gewand, das die Ebenholzschwärze ihres Haars und die großen leidenschaftlichen Augen betonte.
»Der Herrscher schläft«, begann sie. »Ich muß mit dir sprechen.«
Ich schenkte ihr einen Kelch Wein ein und nahm auch selbst einen, dann setzte ich mich neben sie auf das Bett. Mir war klar, daß ich von ihr keine Szene zu erwarten hatte, wie ich sie schon mehrmals durchmachen mußte. Sie war keine Königin Lilah oder Königin Fahia, oder wie sie alle hießen.
Sie mußte sich sichtlich ein Herz fassen zu sprechen. Irgend etwas beschäftigte sie, irgend etwas lag ihr auf der Zunge, wollte aber nicht über die vollen Lippen. Schließlich eröffnete ich das Gespräch.
»Wie ich sehe, kommst du mit dem Herrscher gut aus ...«
»Ich liebe ihn.«
Sie sagte die Worte leichthin, tonlos. Ich trank vom Wein. Sie war eine raffinierte Herrscherin. Sie hatte Lome in Pandahem zu großem Reichtum und großer Macht verholfen. Angeblich besaß sie Hexenkräfte. Warum erzählte sie mir dies? Stimmte es überhaupt?
»Ja, es stimmt, Dray Prescot.«
Ich richtete mich auf.
»Nein, ich kann deine Gedanken nicht lesen. Aber ich kann mir vorstellen, was im Herzen eines Mannes vorgeht.«
Ich rieb mir das Kinn. Ich mußte mich dringend rasieren. »Als wir uns kennenlernten – als ich in deine Sänfte stürzte – hattest du nicht besonders viel für mich übrig, und ich auch nicht für dich, das will ich gern zugeben. Warum kommst du jetzt zu mir?« Ich schwieg einen Augenblick lang und fügte dann hinzu: »Jedenfalls werde ich mich dir nicht in den Weg stellen. Ich wäre froh, wenn der Herrscher wieder heiratete und ein ganzes Regiment von Prinzen und Prinzessinnen zeugte ...«
»Das ist es nicht.«
»Dann solltest du mir sagen, was du auf dem Herzen hast.«
»Das fällt mir nicht leicht. Du mußt mir versprechen, daran zu denken, daß ich den Herrscher wirklich liebe!«
»Wenn du willst.«
»Ich kenne dich, Dray Prescot, ich weiß viel mehr über dich, als du ahnst – die Antwort genügt mir also völlig ...« Sie hob die Hand, um meine Fragen abzuwehren, und sprach hastig weiter, bestrebt, sich die Last von der Seele zu reden.
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