Saga von Dray Prescot 24 - Spikatur-Zyklus 02 - Der Rebell von Antares
Hardur das Geschehen, und sein Gebrüll erstickte jeden vernünftigen Gedanken. Dennoch dachte ich nach. Ich sagte mir, daß meine Klingengefährtin Jaezila für Hamal arbeitete. Vielleicht war sie gar nicht meine Tochter Lela. Sie wandte sich von mir ab; konnte ich es nicht umgekehrt ebenso tun? Wir würden Klingengefährten bleiben, denn die Bande, die zwischen uns bestanden, würden sich nicht so schnell lösen; und selbst dieser Zwischenfall, der alles andere als leicht beizulegen war, würde die Gefühle, die ich für sie hegte, nicht verändern können - und umgekehrt ebenfalls. Vielleicht hatte sie, die hamalische Spionin, sich in der Rolle der Prinzessin Majestrix von Vallia hier eingeschlichen und versuchte meinem Land ein Leid zu tun?
Ich schaute auf die Gruppe der Anführer, die auf etwas elegantere Art diskutierte, während der Mob brüllte und johlte. Sie alle wollten mein Blut sehen. Daran bestand kein Zweifel, bei Vox!
Jaezila brüllte Hardur von unten herauf an wie eine Tigerin. »Ich liebe diesen Mann! Wenn du ihm etwas antust, bringe ich dich um!«
»Aber er ist ein hamalischer Spion; er kennt unsere Geheimnisse!«
Lildra rief: »Er ist ein Hyr-Pakrun und hat mich gerettet und kann unmöglich der Herrscher sein. Aber... aber ich will nicht, daß er stirbt, egal was er getan hat!«
Nath erhob ebenfalls die Stimme: »Klanak der Tresh bürgt für ihn...«
»Vielleicht hat er sich täuschen lassen!« dröhnte Hardurs Stimme. »Ich bin dafür, ihn sofort zu töten, so wie man den Fuß auf einen schmutzigen Rast drückt, der einen Misthaufen verseucht.«
»Da würdest du dir einen schmutzigen Fuß holen, Hardur!« brüllte ich.
Jaezila lachte.
Bei Zair! Wenn sie nicht meine Tochter war - wie sehr aber hätte ich mir nun gewünscht, daß sie es war!
Hardur setzte seine Körpergröße und Lungenkraft ein, um immer wieder meinen sofortigen Tod zu fordern und Prinzessin Lildra auf seine Seite zu ziehen. Er war ein loyaler Mann, wenn auch ein wenig engstirnig, und trotz seines leidenschaftlichen Zorns erkannte er, daß er mich nicht einfach gegen Lildras ausdrücklichen Wunsch beseitigen konnte.
Der Streit ging weiter - brutale Gewalt gegen Gefühle, gesunder Menschenverstand gegen sentimentale Einwände. Wird ein Spion gefangen, muß geschehen, womit er rechnet - manchmal. Nath steckte in der Klemme, denn er mochte mich und hatte Informationen von Orlan; doch brachten auch meine Gegner heftige und überzeugende Argumente vor. Sollte die Trennlinie ungefähr in der Mitte verlaufen und Gruppe gegen Gruppe stehen, waren wir zahlenmäßig zwar überlegen. Doch konnte ich mir nicht vorstellen, daß Harud Mortiljid sich deswegen Gedanken machte.
Während das Durcheinander weiterging, fühlte ich plötzlich etwas am Arm. Ich sagte nichts. Eine Stimme flüsterte: »Laß dir nichts anmerken. Die Prinzessin Majestrix hat mich gebeten, dich loszuschneiden. Ich weiß immer noch nicht, ob es nicht besser gewesen wäre, dich mit meiner Klaue zu erledigen, ehe du durch die Falltür sprangst.«
Meine Fesseln lösten sich hinten und wurden festgehalten, damit ihre Bewegung mich nicht verraten konnte. Ich hielt die Lippen starr, als ich sagte: »Sei bedankt, Valona. Kannst du dir vorstellen, daß ich dachte, du seist meine Tochter?«
Ein leises, amüsiertes Schnauben. »Du bist zweifellos ein großartiger Paktun. Aber ein Herrscher? Ha! Niemand hat mich entdeckt, und man wird mich auch nicht verschwinden sehen. Laß mir nur vier Herzschläge Zeit, um zu verschwinden, sonst bekommt die Prinzessin Majestrix Schwierigkeiten. Hast du mich verstanden?«
»Ja.«
Valona war in der Dunkelheit hinter mir unbemerkt näher gekrochen. Wenn ich ihre Tat verriet, indem ich sofort lossprang, würde Jaezila ebenfalls in Verdacht geraten. Womöglich würde man sich gegen sie erheben. War sie vielleicht doch Lela? Wir hatten es hier mit Hyrklanern zu tun, die sich einbilden mochten, die ganze Sache sei Teil einer hamalischen Verschwörung. Eine logische Befürchtung.
Einige Schatten huschten vor dem rosagoldenen Antlitz der Frau der Schleier vorbei. Ganz kurz zeichnete der Mond die Silhouetten einer Horde Flugvögel nach, die herabschwebten und lautlos ihre Wege fortsetzen. Ich schaute auf die zerstrittene Menge. Bald würde der Funke überspringen und den Mob durchdrehen lassen. Es wurde Zeit zu verschwinden. Ich bedauerte sehr, dieser Szene den Rücken kehren zu müssen. Ich gebe zu, daß mir die eigene Haut teuer war;
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