Sagen aus dem Rheinland
ganze Dorf lief zusammen, aber es war nichts mehr zu machen; alle Würste, Schinken und Speckseiten waren verbrannt. Die Neunhollen aber suchten von da an eine andere Winterwohnung auf.
Die Nikolauskerze
Zwischen Sennheim und Mesenich an der Mosel stand früher ein schroffer Schieferfelsen. Die Schiffer kannten ihn alle und nannten ihn schlechtweg die »Lei«. Es war eine gefährliche Stelle für sie, und in einer Nische des Felsens stand ein Bild des heiligen Nikolaus, ihres Schutzpatrons, und keiner vergaß, ihn um Hilfe anzurufen. Einmal bei Hochwasser fuhr ein Schiffer mit kostbarer Ladung zu Tal. Da trieb ihn die reißende Strömung dem Riff zu, und es half auch nichts, daß er mit dem Schorbaum das Schiff vom Felsen abzuhalten suchte. Da warf er sich in seiner Angst auf die Knie und rief: »Heiliger Nikolaus, hilf mir! Ich opfere dir auch eine Kerze so dick wie der Schorbaum.« Kaum hatte er das Gelöbnis getan, da dreht sich das Schiff dicht vor der Lei herum und treibt ganz ruhig im schönsten Fahrwasser. Da wurde der Schiffer gleich wieder übermütig, und wie er an dem Kapellchen vorbeifuhr, rief er: »Niklösche, no kriegst de nit esu lang! «, und dabei legte er den einen Zeigefinger über das erste Glied des andern. Aber er hatte zu früh triumphiert. Gleich unterhalb Mesenich, wo er so oft gefahrlos vorübergefahren war, wurde das Schiff auf einmal so gegen den Riverberg geschleudert, daß es in wenigen Augenblicken unterging. Nur der Schiffsknecht konnte mit Mühe und Not an Land schwimmen.
Die Pferde aus dem Bodenloch
Richmuth von Adocht, eines reichen Bürgermeisters zu Köln Ehefrau, starb und wurde begraben. Der Totengräber hatte gesehen, daß sie einen köstlichen Ring am Finger trug, die Begierde trieb ihn Nachts zu dem Grab, das er öffnete, Willens den Ring abzuziehen. Kaum aber hatte er den Sargdeckel aufgemacht, so sah er, daß der Leichnam die Hand zusammendrückte und aus dem Sarg steigen wollte. Erschrocken floh er. Die Frau wand sich aus den Grabtüchern los, trat heraus und ging geraden Schritts auf ihr Haus zu, wo sie den bekannten Hausknecht bei Namen rief, daß er schnell die Türe öffnen sollte und erzählte ihm mit wenig Worten, was ihr widerfahren. Der Hausknecht trat zu seinem Herrn und sprach: »Unsere Frau steht unten vor der Türe und will eingelassen sein. « »Ach«, sagte der Herr, »das ist unmöglich, eh das möglich wäre, eher würden meine Schimmel oben auf dem Heuboden stehen! « Kaum hatte er das Wort ausgeredet, so trappelte es auf der Treppe und dem Boden und siehe, die sechs Schimmel standen oben alle beisammen. Die Frau hatte nicht nachgelassen mit Klopfen, nun glaubte der Bürgermeister, daß sie wirklich da wäre; mit Freuden wurde ihr aufgetan und sie wieder völlig zum Leben gebracht. Den andern Tag schauten die Pferde noch aus dem Bodenloch und man mußte ein großes Gerüste anlegen, um sie wieder lebendig und heil herabzubringen. Zum Andenken der Geschichte hat man Pferde ausgestopft, die aus diesem Haus zum Boden herausgucken. Auch ist sie in der Apostelkirche abgemalt, wo man überdem einen langen leinenen Vorhang zeigt, den Frau Richmuth nachher mit eigner Hand gesponnen und dahin verehrt hat. Denn sie lebte noch sieben Jahre.
Die reichen Bauern
In der Gegend von Niederkassel und Heerdt war früher ein sehr fruchtbarer Boden, und als die Leute nun viele gute Jahre auf der Reihe hatten, da wurden sie so üppig und protzenhaft, daß der Pfarrer seine liebe Not mit ihnen hatte. Ein Bauer ließ ein Hufeisen von Silber machen mit seinem Namen drauf und ließ das seinem Pferde nur lose unterschlagen; und als er einmal auf die Nachbardörfer ausritt, fiel es natürlich ab. Aber das wollte er ja auch gerade; die armen Schlucker dort sollten es finden und sehen, was die Bauern in Niederkassel für schwerreiche Leute wären. Die Sache sprach sich denn auch herum, aber es kam auch dem Pastor von Heerdt zu Ohren, und der hat dann von der Kanzel herunter seiner Gemeinde ins Gewissen geredet und sie gewarnt und dabei gerufen:
Kassel, Kassel!
Gott wird dich hassen
Mit Feuer oder mit Wasser!
Und bald darnach ist eine furchtbare Überschwemmung gekommen – dieselbe, bei der auch das »Heerdter Loch« entstanden ist – hat Hunderte von Morgen des besten Ackerlandes mit Sand und Kies bedeckt und viele reiche Bauern zu armen Leuten gemacht.
Die Rosen von Altenberg
Im Hochaltar des Domes zu Altenberg befanden sich früher im gemalten Holzschnitzwerk zwei Rosen,
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