Sagen aus dem Rheinland
eine weiße und eine rote, mit denen hat es folgende Bewandtnis.
Ein Bruder des Klosters lag einst schwer leidend darnieder, und mit ihm flehten alle übrigen Brüder, daß ihn der Himmel durch den Tod von seinem Schmerzenslager bald erlösen möge. Da sproßte im Mönchschor, wo der kranke Bruder gewöhnlich zu sitzen und zu beten pflegte, eine weiße Rose hervor. Drei Stunden darnach starb der Kranke. Seitdem wiederholte sich das Zeichen. Stets fand derjenige, welchem der Tod bevorstand, drei Stunden vor einem Ende eine weiße Rose auf seinem Platze. Dies währte so lange, bis einst ein junger, lebenslustiger Mönch, der dieses Todeszeichen auf seinem Stuhle fand, es seinem Nachbar hinschob. Da ward die weiße Rose plötzlich rot, wie von Blut übergossen, und beide Mönche starben darauf.
Seit dieser Zeit erschien das Zeichen nicht mehr.
Die sieben Schönen von Schönberg
Vor langer Zeit wohnten in der Burg Schönberg bei Oberwesel sieben biIdschöne Schwestern. Von nah und fern kamen tapfere Ritter, um als Freier ihr Glück bei ihnen zu versuchen; doch keiner ward erhört. Jahrelang verteilten die Spröden nur Körbe, die den damit Bedachten viel Spott und Hohn eintrugen.
Da geschah es einmal, daß der Zufall die abgewiesenen Freier zusammenführte. Sie verabredeten sich, dem Werben ein Ende zu machen, und sandten einen Knappen nach Schönberg mit der Botschaft: »Meine Herren lassen euch wissen: Wenn ihr nicht willens seid, sieben Bewerbern aus unserer Mitte das Jawort zu geben, dann werden wir nie wieder Schloß Schönberg betreten. Und auch unsere Freunde und Bekannten werden wir abhalten, jemals den Fuß über die Schwelle eurer Burg zu setzen.«
Über diese Botschaft lachten die übermütigen Schönen. Sie beschlossen, den aufgebrachten Freiern einen heilsamen Streich zu spielen, und luden sie für den folgenden Tag nach Schönberg ein. Als die Schar der Freier im Rittersaale versammelt war, kam eine Magd und berichtete: »Es ist der Wille meiner Herrinnen, sieben von den edlen Rittern als Gemahl anzunehmen. Über die Wahl soll das Los entscheiden.«
In einer silbernen Schale wurden die Lose hereingebracht. Und siehe, die ältesten und unansehnlichsten Freier zogen die Glückslose, die die Namen der Schwestern trugen. Die überglücklichen Gewinner beeilten sich, die Bräute zu begrüßen. Sie strichen schnell noch über Haar und Bart, zupften den Rock zurecht und begaben sich erwartungsvoll in das Frauengemach. Aber die Schwestern waren verschwunden. Nur fratzenhafte Bilder hatten sie zurückgelassen, um die Freier zu verhöhnen. Vom Ufer des Rheines herauf klang ihr spöttisches Gelächter. Sie stiegen eben in einen Kahn, um nach dem andern Ufer überzusetzen und auf einer Burg an der Lahn Wohnung zu nehmen. Ob sie dort angekommen sind, weiß man nicht. Noch heute bringt man ihr Verschwinden in Verbindung mit sieben Felsklippen im Rhein, die in ganz trockenen Sommern aus der Flut auftauchen. Zur Strafe für ihren Übermut sollen sie in dieses harte Gestein verwandelt worden sein.
Die untergegangene Stadt Gression
Als an der Duffesmaar bei Gelch einmal ein Bauer beim Pflügen an etwas Hartes im Boden stieß, so hart, daß der Pflug davon zerriß, fing es an zu läuten; er grub nach und fand die Spitze eines Kirchturmes von Gression. Sofort warf er Erde in das Loch, denn es soll nicht gut sein, in die Geheimnisse einer versunkenen Stadt einzudringen. Einen guten Teil unseres linksrheinischen Niederlandes muß in alten Heidenzeiten einmal diese große Stadt Gression bedeckt haben. Auf dem Rott, einer Flur bei Gürzenich, haben ihre Festungswerke on Poeze (Pforten, Tore) gestanden, aber auch »ein Poezefähld« bei Langerwehe, wie schon der Name besagt; die Marktplätze der Stadt lagen in Düren, wo heute das Muttergotteshäuschen steht, bei Birgel auf dem »Mahdberg« (was also nichts anderes als Marktberg bedeutet) und in der »Duffesmaar« bei Geich. Auch bei Berzbuir, wo es heißt »de ahl Kerch«, und im »Kirchwasser« bei Merken sollen solche Kirchen von Gression versunken sein, oder richtiger Heidentempel, denn auch an der Stelle mancher alten Pfarrkirche, wie der zu Langerwehe und zu Pier, standen solche Tempel. Und bei letztgenanntem Orte im Schlammerweiher liegt denn auch die Burg von dem, der über die Stadt zu sagen hatte; freilich auch die Heidenburg bei Hoven gehörte mindestens noch zu Gression. Und wiederum in Lamersdorf behaupten sie, ihr Ort sei einst der Mittelpunkt von Gression
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