Sagen aus dem Rheinland
Elisabeth, ihrer Irdischkeit vergessend, von dem Glanz und Licht herangezogen, lebend, ohne Tod, aus dieser Zeit in die Ewigkeit und Seligkeit gegangen wäre.
Das versunkene Schloß
Wo sich jetzt das Weinfelder Maar ausbreitet, da stand vor Zeiten auf gesegneter Flur ein prächtiges Schloß. In diesem Schlosse wohnte ein reicher Graf, der wegen seiner Mildherzigkeit weit und breit berühmt war. Seine Gemahlin aber hatte ein hartes Gemüt. Lieber trat sie das Brot mit Füßen, als daß sie es einem Hungrigen reichte. Das bereitete dem Grafen großen Kummer. Doch still duldend ertrug er sein Leid. Er fand nur Trost in der Liebe zu seinem einzigen Kinde.
Eines Tages war der Graf mit seinem Gefolge zur Jagd geritten. Da verfinsterte sich plötzlich über dem Schlosse der Himmel, aus schwarzem Gewölk zuckten grelle Blitze, unheimlich rollte der Donner. Unter betäubendem Getöse spaltete sich der Boden, und ungeheure Wassermassen stiegen empor und verschlangen das Schloß mit allem, was darin war. In den aufsteigenden Fluten fand auch die Gräfin einen jähen Tod.
Ein Bote überbrachte dem heimkehrenden Herrn die schreckliche Kunde. Schon von weitem rief er dem Ahnungslosen zu: »Herr Graf, verschwunden ist Euer Schloß; wo es gestanden hat, da flutet jetzt ein tiefer See! « Ungläubig erwiderte der Graf: »Das ist ebensowenig möglich, als daß mein treuer Falchert, auf dem ich sitze, hier eine Quelle aus dem Boden stampfen könnte.« Noch hatte er nicht ausgesprochen, da fing das Pferd an zu scharren, und unter seinen Hufen sprudelte alsbald eine frische Quelle hervor. Der Graf wurde bleich wie der Tod. Er drückte seinem Pferde die Sporen in die Weichen und sprengte der Unglücksstätte zu. Als er dort ankam, sah er nichts als eine weite, unheimliche Wasserfläche. Bleich und zitternd starrte der Schwergeprüfte auf die dunkle Flut, die ihm alles genommen hatte. Doch siehe, da trieb, wie durch ein Wunder gerettet, sein liebes Kind wohlbehalten in einer Wiege ans Ufer. Voll Dank gegen Gott drückte er es an seine Brust und zog getröstet von dannen.
Das Zwergenloch bei Elberfeld
In der Kluse bei Elberfeld führte vor dem Bau der Bergisch-Märkischen Eisenbahn von der Wupper aus das Zwergenloch in den steilen Abhang des Döppersberges hinein. Dort war der Eingang zum Reich der Schwarzelfen oder Zwerge. Von dort aus besuchten die kleinen, mißgestalteten, aber gutmütigen Wesen bis in den Anfang des gegenwärtigen Jahrhunderts hinein die Kluse und lustwandelten im Schatten der Buchen und Eichen, unterhielten wohl auch, trotz ihres scheuen Charakters, mit den Menschen, wenn man ihnen redlich begegnete, einen freundlichen Verkehr. Denn diese Erdmännchen, die in den Spalten und Höhlen der Berge Schätze sammeln, prächtige Waffen schmieden und herrliche Paläste bauen, verstanden sich ganz gut mit den Menschen, auch als im Wuppertale an die Stelle des Garnbleichens andere Beschäftigungen getreten waren. Aber als die Eisenbahn gebaut wurde, schlug auch die Stunde der kleinen Leute.
Der Abt und der Schweinehirt
Kurfürst Jan Willem schenkte 1707 den Trappistenmönchen, die bis dahin das Löricker Werth bewohnt hatten, die beiden Speckerhöfe an der Düssel, aus denen dann das Kloster Düsseltal entstand. Nun brauchten sich die Mönche nicht mehr vor Hochwasser, Eisgang und feindlichen Überfällen zu fürchten und fühlten sich hier so wohl, daß sie, wie die Sage berichtet, über dem Eingangstor zum Kloster die Inschrift anbrachten: »Wir leben ohne Sorgen.« Nun stattete eines Tages der Erzbischof Joseph Clemens von Köln dem Kloster einen Besuch ab. Er hatte in seiner langen, wenig gesegneten Regierung über Mangel an Sorgen nicht zu klagen gehabt. Als er die Aufschrift las, gedachte er, dem Abt einen Schrecken einzujagen. Er legte ihm drei Fragen vor und drohte, wenn diese nicht binnen vierzehn Tagen richtig gelöst würden, solle der Abt seinen Posten verlieren. Die Fragen aber lauteten:
1. Was ist nicht krumm und auch nicht gerade?
2. Was ist nicht im Wege und auch nicht daneben?
3. Wo ist der Mittelpunkt der Erde?
Trotz allen Kopfzerbrechens konnte der Abt die Lösung der Rätselfragen nicht finden. Traurig schlich er umher, bis er eines Tages dem Schweinehirten des Klosters begegnete. Der faßte sich ein Herz und fragte nach dem Grunde seiner Traurigkeit. Als der Abt ihm nun seinen Kummer vertraute, da wußte der Hirt ihm die Lösung zu sagen. »Das erste ist eine Kegelkugel, das zweite ein
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