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Sagen aus Niederösterreich

Sagen aus Niederösterreich

Titel: Sagen aus Niederösterreich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: ekz.bibliotheksservice GmbH
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Schnee auf der Ruine Wolfstein
In einem schmalen Tal, das sich von Aggsbach in den Dunkelsteinerwald hineinzieht, liegt im Wolfsteingraben die Burgruine Wolfstein.
    In der Burgkapelle war einst ein Standbild des heiligen Jakobus aufgestellt. St. Jakob ist ein Heiliger, der die besondere Verehrung der Landleute genießt, gilt er doch als Wettermacher, dessen mächtiger Fürsprache im Himmel ein gut Teil des schönen Wetters zu danken ist, das der Landmann so notwendig braucht. Daher taten auch die Wolfsteiner alles ihrem Heiligen zu Ehren, und dieser erwies sich seinen Verehrern als sehr gnädig.
    Die Wolfsteiner hatten immer besseres Wetter als die Bewohner der umliegenden Gegend. Mit scheelen Augen sahen diese auf ihre glücklichen Nachbarn und beneideten sie um ihren Schutzheiligen. Besonders die Gansbacher waren mit ihrem Wetter gar nicht zufrieden und machten oft Walfahrten zu dem wundertätigen Heiligen nach Wolfstein, um günstigeres Wetter zu erflehen. Aber Jakobus erhörte sie nicht, all ihr Bitten blieb vergebens. Darob ergrimmten die Gansbacher; einige von ihnen gingen nach Wolfstein hinüber, schlichen bei Nacht in die Burgkapelle und stahlen den Heiligen. Als die Wolfsteiner eines Morgens aufwachten und die Kapelle betraten, war Jakobus verschwunden. Sie vermuteten zwar, daß diese Schandtat nur ihre Nachbarn aus Gansbach verübt haben könnten, aber trotz allen Suchens konnten sie den Heiligen dort nirgends entdecken. Die Diebe hatten ihn nämlich in ihrer Kirche an einem recht versteckten Platz aufgestellt, wo er nicht leicht zu finden war.
    Dem heiligen Jakob aber gefiel es in der geräumigen Kirche von Gansbach gar nicht; es war ihm dort zu groß, zu unheimlich und zu kalt. Er sehnte sich nach seinem traulichen Plätzchen in der kleinen Kapelle zu Wolfstein zurück. Daher verließ er in einer finsteren, stürmischen Winternacht, als der Schnee die ganze Landschaft einhüllte, sein neues Heim, um nach Wolfstein zurückzukehren. Im Siedlgraben stieß er mit einem alten Bauern zusammen, der in dem wuchtig daherschreitenden nächtlichen Wanderer gleich den vermißten Schutzheiligen erkannte.
    »Jessus, der heilige Jakobus!« rief verwundert der Bauer. »Sag mir einmal, wo steigst denn du herum bei dem greulichen Wetter?«
    Der Heilige aber erwiderte: »Heim geh' ich halt; was sollte ich denn sonst draußen tun? In Gansbach gefällt's mir schon gar nicht mehr.«
    Der Bauer war vor Freude außer sich, daß der Heilige wieder nach Wolfstein komme und dankte ihm recht herzlich. Als er dann am nächsten Morgen die Burgkapelle aufsuchte, sah er, daß St. Jakob wirklich wieder auf seinem Platz stand. Man merkte es auch gleich an dem Wetter, das von da ab nun wieder ganz nach dem Wunsch der Wolfsteiner geriet, die sofort nach der Rückkehr ihres Heiligen ein großes Freuden- und Dankfest veranstaltet hatten. Die Gansbacher aber wagten es nicht mehr, den Heiligen zu stehlen, sondern gingen zu Jakobus wallfahrten, wenn sie gutes Wetter brauchten.
    Da dieses Wunder der Rückkehr in einer Schneenach geschah, wird seitdem das Bild »Jakobus im Schnee« genannt.

König Otter und das Ruprechtsloch im Otterberg
    Im Semmeringgebiet, auf dem großen Otter, stand vor undenklichen Zeiten ein großes, prächtiges Schloß, in dem der mächtige König Otter Hof hielt. Weithin waren ihm die Lande untertan, und ein stattliches Heer von Rittern und Reisigen gehorchte seinen Befehlen. Als sein Haar grau geworden war und das herannahende Alter seine Kräfte schwächte, wurde er der Herrschaft auf Erden überdrüssig. Er zerstörte sein Schloß auf dem Otter und zog sich mit seinem Gefolge in den Schoß des Berges zurück, wo er sich einen herrlichen Palast erbaute und seither in Ruhe und Frieden seine Tage verbringt. Da sitzt er nun in einem prunkvollen Gemach auf einem goldenen Thron in friedlichem Schlummer. Eine goldene Krone schmückt das edle Haupt, von dem die weißen Locken wallen, ein edelsteinfunkelndes Zepter liegt vor ihm auf dem marmornen Tisch. Um ihn herum ruhen seine Mannen, wie der Herrscher in tiefen Zauberschlaf versenkt.
    Den Eingang zum unterirdischen Palast bewachen regsame Zwerge, die auch noch die Aufgabe haben, dem König zu Diensten zu sein, wenn er von Zeit zu Zeit mit seinem Hofstaat aus langem Schlaf erwacht. Dann befiehlt der König, ihm und seinen Edlen ein Festmahl zu richten, und alles Gesinde rührt und regt sich im Schloß. In ruhigen Nächten hört man zuweilen den Lärm vieler fröhlicher Stimmen

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