Sagen aus Schwaben
zwei, Ritter und Frauen, zusammen auf das grüne Gras; denn es waren keine Stühle vorhanden; jene elende Frau saß ganz allein am Ende, und niemand achtete ihrer. Goldne Gefäße wurden aufgetragen, Wildbret und Fische, die edelsten Speisen, die man erdenken konnte, weiße Semmel und Brot; Schenken gingen und füllten die Becher mit kühlem Weine. Da wurde auch dieser Speisen Ritter Ulrich vorgetragen, die ihn lieblich anrochen: doch war er so weise, nichts davon zu berühren. Er ging zu der Frauen sitzen, und vergaß sich, daß er auf den Tisch griff, und einen gebratenen Fisch aufheben wollte; da verbrunnen ihm schnell seiner Finger viere, wie von höllischem Feuer, daß er laut schreien mußte. Kein Wasser und kein Wein konnte ihm diesen Brand löschen; die Frau, welche neben ihm saß, sah ein Messer an seiner Seite hangen, griff schnell danach, schnitt ihm ein Kreuz über die Hand, und stieß das Messer wieder ein. Als das Blut über die Hand floß, mußte das Feuer davor weichen, und Ritter Ulrich kam mit dem Verluste der Finger davon. Die Frau sprach: jetzt wird ein Turnier anheben, und euch ein edles Pferd vorgeführt, und ein goldbeschlagener Schild vorgetragen werden; davor hütet euch. Bald darauf kam ein Knecht mit dem Roß und Schild vor den Ritter, und so gern ers bestiegen hätte, ließ ers doch standhaft fahren. Nach dem Turnier erklangen süße Töne, und der Tanz begann; die elende Frau hatte den Ritter wieder davor gewarnt. Sie selbst aber mußte mit anstehen, und stellte sich unten hin; als sie Ritter Ulrich anschaute, vergaß er alles, trat hinzu, und bot ihr die Hand. Kaum berührte er sie, als er für tot niedersank; schnell trug sie ihn seitwärts auf einen Rain, grub ihm ein Kraut, und steckte es in seinen Mund, wovon er wieder auflebte. Da sprach die Frau: »Es nahet dem Tage, und wann der Hahn kräht, müssen wir alle von hinnen.« Ulrich antwortete: »Ist es denn Nacht? mir hat es so geschienen, als ob es die ganze Zeit heller Tag gewesen wäre.« Sie sagte: »Der Wahn trügt euch; ihr werdet einen Waldsteig finden, auf dem ihr sicher zu dem Ausgang aus der Wildnis gelangen könnet.« Ein Zelter wurde der armen Frau vorgeführt, der brann als eine Glut; wie sie ihn bestiegen hatte, streifte sie den Ärmel zurück: da sah Ritter Ulrich das Feuer von ihrem bloßen Arm schießen, wie wenn die Flammen um ein brennendes Haus schlagen. Er segnete sie zum Abschied, und kam auf dem angewiesenen Steige glücklich heim nach Wirtenberg geritten, zeigte dem Grafen die verbrannte Hand, und machte sich auf zu der Burg, wo sein Gevatter saß. Dem offenbarte er, was ihm seine Buhlin entbieten ließ, samt dem Wahrzeichen mit dem Fingerlein und den verbrannten Fingern. Auf diese Nachricht rüstete sich der von Schenkenburg samt Ritter Ulrich; fuhren über Meer gegen die ungetauften Heiden, denen sie so viel Schaden, dem deutschen Hause zum Trost, antaten, bis die Frau aus ihrer Pein erlöst worden war.
Romeias von Villingen
Vor mehr als vierhundert Jahren lebte in Villingen ein Mann namens Romeias. Er war auf dem Käferberg geboren und von riesenhafter Größe, seine Eltern dagegen waren beide von kleiner Statur. Wenn er durch die Gassen ging, dann vermochte er in den zweiten Stock der Häuser zu sehen. Er trug dabei hohe Pfauenfedern auf dem Hut, wodurch er noch größer erschien. Eines Tages hatte er auf einen Wagen zwei Baumstämme geladen, aber die davorgespannten Ochsen konnten die Fuhre nicht vorwärts bringen. Da lud er die zwei Tiere einfach zu den Stämmen auf den Wagen und zog die ganze Last allein nach Hause.
Oft ward Romeias auch in den Wäldern in der Gegend um Villingen gesehen, denn er jagte und wilderte hier gerne. Er war gefürchtet in der Stadt, weil er stark und jähzornig war, er war aber auch bei vielen beliebt, weil er zuvorkommend und hilfsbereit war. Außerdem war er berüchtigt, weil er sein Leben lang immer in Händel verstrickt war. So hat er in den vielen Streitfällen mit Hornberg, Haslach, Rottweil und anderen Orten manchen wackeren Streich verübt. Eine schöne Glocke soll er in Düningen, einem benachbarten Dorf im Württembergischen, geraubt und nach Villingen gebracht haben. Ein besonderes Kunststück vollbrachte er in einem Streit mit der Stadt Rottweil. Bei Nacht und Nebel schlich er sich vor die Rottweiler Stadtmauer und schlug die Wache vor dem Tor nieder. Hierauf hob er den hölzernen Torflügel aus den Angeln, lud ihn auf seine Schultern und trug ihn., ohne ihn nur
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