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Sagen aus Schwaben

Sagen aus Schwaben

Titel: Sagen aus Schwaben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: ekz.bibliotheksservice GmbH
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den Neckar leicht und sicher hinüberschwamm und drüben verschwand.
    Am anderen Morgen, als der König seine Tochter nicht fand, ließ er sie überall suchen und schickte Boten nach allen Gegenden aus, doch sie kehrten zurück, ohne eine Spur gefunden zu haben. Der treue Diener wollte Notburga aber nicht verraten. Als es Mittagszeit war, kam der weiße Hirsch auf Burg Hornberg zu ihm, und als er ihm Brot reichen wollte, neigte er seinen Kopf, damit er es ihm an das Geweih stecken möge. Dann sprang er fort und brachte es der Notburga hinaus in die Wildnis, und so kam er jeden Tag und erhielt Speise für sie; viele sahen es, aber niemand außer dem treuen Diener wußte, was es zu bedeuten hatte.
    Endlich bemerkte auch der König den weißen Hirsch und zwang dem Alten das Geheimnis ab. Andern Tags zur Mittagszeit setzte er sich zu Pferd, und als der Hirsch wieder die Speise holen kam und damit forteilte, folgte er ihm durch den Fluß hindurch bis zu einer Felsenhöhle, in der das Tier verschwand. Der König stieg ab und ging hinein in die Höhle. Da fand er seine Tochter vor einem Kreuze kniend, und neben ihr ruhte der Hirsch. Der König sprach zu ihr: »Kehre mit nach Hornberg zurück.« Und sie antwortete: Ach habe Gott mein Leben gelobt und suche nichts mehr bei den Menschen.« Was der König auch sprach, sie war nicht zu bewegen, ihm zu folgen und gab ihm immer die gleiche Antwort. Da geriet er in Zorn und wollte sie wegziehen, aber sie klammerte sich ans Kreuz, und als er Gewalt gebrauchte, löste sich der Arm, an welchem er sie gefaßt hatte, vom Leibe und blieb in seiner Hand. Da ergriff ihn ein Grauen, daß er forteilte und sich nimmer wieder der Höhle näherte.
    Als die Leute hörten, was geschehen war, verehrten sie Notburga wie eine Heilige. Viele Pilger und Wallfahrer kamen zu ihr. Sie betete mit ihnen und nahm ihnen die schweren Lasten von ihrem Herzen. Im Herbst, als die Blätter fielen, kamen die Engel und trugen ihre Seele in den Himmel. Die Leiche hüllten sie in ein Totengewand und schmückten sie mit Rosen, obgleich die Blumen längst verwelkt waren. Zwei schneeweiße Stiere, die noch kein Joch auf dem Nacken getragen hatten, trugen sie über den Fluß, ohne die Hufe zu benetzen, und die Glocken von den naheliegenden Kirchen fingen von selbst an zu läuten. Die Tiere brachten, ohne daß sie geführt oder gelenkt wurden, den Wagen nach dem Dorfe Hochhausen an die Stelle, wo jetzt die Kirche steht. Hier wurde Notburga beigesetzt.

Poppele auf Hohenkrähen
    Auf dem Hohenkrähen nahe beim Hohentwiel lebte vor Zeiten Johann Christoph Popelius Mayer als Burgvogt. Er war klein und schwächlich von Gestalt, aber doch wild und unbändig und zu allerlei Untaten aufgelegt. Er wurde von einem Abte, dem er einst einen bösen Streich gespielt hatte, verflucht und muß nun seit seinem Tode als Geist umgehen. Die Leute nennen ihn nur den Poppele von Hohenkrähen.
    Er hilft oft auf dem Bruderhof und tut alles, was sie ihm auftragen. Er holt Wasser und Holz für die Küche, wirft Stroh und Heu von der Bühne, füttert das Vieh und putzt die Pferde. Bei jedem Auftrag aber muß man stets sagen: »It ze litzel und it ze viel!«, sonst macht er Dummheiten und in allem das Gegenteil.
    Zum Lohn muß man dem Poppele auch alle Tage mitdecken, ihm einen besonderen Teller hinstellen, und zwar immer den gleichen, und sagen. »Poppele iß auch mit!« Unterläßt man das, dann wirft er das Gedeck und alle Speisen durcheinander, bindet das Vieh im Stall los und lebt einem auf jede Weise zuleide. Ebenso muß man ihn einladen, wenn auf das Feld gefahren wird, und sagen: »Poppele, fahr auch mit!« Dann setzt er sich hinten auf das vorstehende Wagenbrett und fährt mit ins Feld. Wird er nicht eingeladen, so passiert dem Fuhrwerk bestimmt etwas.
    Einst diente auf der Burg Hohenkrähen eine Magd. Die bekam jedesmal, wenn sie Kühe melkte und dabei etwas von der süßen Milch naschte, von unsichtbarer Hand eine Ohrfeige. Sie kündigte deshalb ihren Dienst auf. Als ihr Herr sie fragte, weshalb sie fort wolle, schwieg sie und wollte nicht so recht mit der Sprache heraus. Endlich gestand sie, daß sie sich beim Melken nicht länger wolle schlagen lassen. »Dann mußt du irgend etwas getan haben, was nicht recht ist, sonst hättest du keine Schläge bekommen.« Die Magd wollte zuerst davon nichts wissen, dann jedoch gestand sie ihre Schuld. »So laß nur das Milchtrinken!« sprach der Herr, »dann wird dir nichts wieder geschehen.« Die

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