Sagen des klassischen Altertums
– Sagen des klassischen Altertums
Seit Gustav Schwabs ›Schönste Sagen des klassischen Altertums‹ 1838-40 erstmals erschienen, sind sie beinahe selbst ein klassisches Buch geworden. Bereits vier Generationen haben in den Jugendjahren darin mit nicht minder heißen Köpfen gelesen als in Defoes unsterblichem ›Robinson Crusoe‹.
Aber mehr noch: Durch Schwabs Buch sind in über hundert Jahren Zehntausende, denen Kenntnisse der Antike nicht aus der Originallektüre griechischer und lateinischer Dichter und Schriftsteller zuwuchsen, schon in ihrer Jugend mit dem unvergänglichen Bildungsgut der antiken Sagenwelt in Berührung gekommen. Schwab hat die großen und kleinen Quellflüsse antiker Sagenüberlieferung in seinem Werk wie in einem Sammelbecken zusammenlaufen lassen, und es ist ihm gelungen, aus Stoffen unterschiedlicher Herkunft eine gerundete und einprägsame Darstellung zu schaffen, die in dieser Art einzig ist und alle vergleichbaren älteren und jüngeren Unternehmen aus dem Felde geschlagen hat.
Über dem Erfolg dieses Buches, das in zahlreichen Auflagen und Ausgaben erschienen ist, sind die Person des Verfassers und seine mannigfachen literarischen Verdienste in Vergessenheit geraten; von ihnen weiß heute allenfalls der Literarhistoriker. Über diesen Mann und sein Wirken anläßlich einer Neuausgabe der ›Schönsten Sagen‹ zu berichten, erscheint nicht allein als eine Art Ehrenpflicht Gustav Schwab gegenüber, sondern dient zugleich dem Verständnis dieses ewig jungen Buches.
Gustav Benjamin Schwab wurde am 19. Juni 1792 in Stuttgart geboren. Sein Vater, Johann Christoph Schwab, Theologe. Hofmeister. Geheimer Hofrat und Professor an der Hohen Karlsschule, erfreute sich eines über Schwaben hinausreichenden Rufes als Lehrer und wissenschaftlicher Schriftsteller. Nach dem Besuch des Stuttgarter Gymnasiums bezog Gustav Schwab im Herbst 1809 die Universität Tübingen und trat in das berühmte Tübinger Stift ein, um Theologie zu studieren. Das Leben im theologischen Seminar, die Enge und der Zwang, die strenge Klausur und die abgeschmackte Kleidung behagten ihm zwar nicht sonderlich, aber allmählich wurde er in Tübingen heimisch. Viel trugen dazu die Studienfreundschaften und der gesellige Verkehr in Tübinger Bürgerhäusern bei. Bedeutsam wurde für den poetisch veranlagten Schwab sein Bekanntwerden mit Justinus Kerner (1810) und Ludwig Uhland (1811). Für ihren ›Poetischen Almanach‹ (1812) und den ›Deutschen Dichterwald‹ (1813), mit denen sich die sogenannte Schwäbische Dichterschule‹ um Ludwig Uhland konstituierte, steuerte Schwab eine Anzahl von Gedichten bei und rückte damit erstmals in den Blickpunkt der literarischen Welt.
Tübinger Freunde lenkten ihn nicht nur auf die patriotische Erhebung hin, die sich damals, durch Fichte geweckt, anbahnte, sie weiteten auch seinen literarischen Horizont. Vor allem C. W. Pauli, der Schwabs Blick auf die norddeutsche Romantik, auf Schlegel, Tieck, Novalis und Fouque richtete. In Tübingen rief der junge Schwab 1813 die ästhetisch-literarische Studentenvereinigung ›Romantika‹ ins Leben.
Nach Beendigung seiner Studien im Herbst 1814 absolvierte Gustav Schwab in Bernhausen auf der Schwäbischen Alb zunächst die in Schwaben übliche Vikariatszeit. Im Frühjahr 1815 trat er eine größere Bildungsreise durch Mittel- und Norddeutschland an, die ihn über Nürnberg und die Wartburg nach Weimar zu einem Besuch Goethes und von da über Jena, Naumburg, Leipzig und Dresden nach Berlin führte. Hier hielt er sich drei Monate auf und lernte zahlreiche Persönlichkeiten des geistigen und literarischen Lebens kennen (unter anderen Varnhagen, Schleiermacher, Chamisso, E. Th. A. Hoffmann und Fouque). Über Hamburg, Bremen, Göttingen und Kassel, wo er die Brüder Grimm aufsuchte, kehrte er nach Tübingen zurück, wo er als Repetent am Stift zu wirken begann. Diese Stellung ließ ihm Zeit, seinen klassischen und poetischen Neigungen nachzugehen. 1817 siedelte er nach Stuttgart über. Zunächst war er kurze Zeit als Stadtvikar tätig, dann, seit Ende 1817, als Professor am Oberen Gymnasium. 1837 zog er sich, der städtischen Geschäftigkeit und beständigen Ablenkung müde, in die Abgeschiedenheit eines ländlichen Pfarramtes nach Gomaringen bei Tübingen zurück, um Muße für die Verwirklichung literarischer Pläne zu gewinnen.
1841 kehrte er jedoch als Stadtpfarrer von Sankt Leonhard und Amtsdekan nach Stuttgart zurück, wurde dort 1844
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