Sailer und Schatz 01 - Das ist mein Blut
Pflicht gewesen wäre? Und wie ist es zu dem kaputten Fenster und den Verwüstungen des Altars gekommen?«
»Ich weiß nicht, keine Ahnung. Da gibt es immer mal Vandalismus in den Kirchen heutzutage. Das muss gar nichts mit dem Diebstahl von den Abendmahlsgeräten zu tun haben.«
Rainer wandte sich an Römer. »Als Sie den Einbruch bemerkten, da war der Schrank, in dem die Abendmahlsgeräte aufbewahrt werden, aufgebrochen, nicht wahr?« Als der Pfarrer das bestätigte, sah Eva den Messner unbeeindruckt an. »Erzählen Sie uns die Wahrheit, Herr Probst. Der so genannte Einbruch hatte nichts mit Vandalismus zu tun. Er sollte nur vortäuschen, dass die Kelche und das übrige Altarsilber in der Nacht zum Montag von Einbrechern gestohlen wurden. Habe ich Recht?«
Probst sackte in sich zusammen und nickte, während er die entzweigegangene Zigarette in seinen Händen weiter zerfledderte. »Herr Kronauer hat über die Gerichtsverhandlung geredet. Was für ein Glück ich hätte, wieder einen Job zu haben. Ob die von der Kirchengemeinde gar nichts von der alten Sache wüssten, oder ob sie mir in christlichem Geist eine Chance gegeben hätten. Er war ziemlich unausstehlich und hat so getan, als ob ich der letzte Dreck wäre und er so toll. Dabei wollte er mich bloß ablenken, und sobald sein Komplize mit dem Koffer aus der Kirche war, ist er weggelaufen.«
»Sein Komplize?«, warf Pfarrer Römer verwundert ein. »Von wem reden Sie?«
»Andi König, aber das tut jetzt nichts zur Sache«, erklärte Eva kurz angebunden. »Tja, Herr Probst, da haben Sie sich selbst ganz schön in die Nesseln gesetzt. Der angebliche Komplize war einer der Konfirmanden hier, und Kronauer ist ihm nachgerannt, um ihm den Koffer wieder abzunehmen und ihn zurückzubringen. Und Sie haben gedacht, Kronauer sei der Dieb, und haben sich nicht getraut, das zu erzählen, weil er ja etwas über Ihre Vergangenheit verraten könnte?« Der Messner nickte missmutig.
»Und weiter?«
Unwillig murmelte Probst: »Ich wollte, dass jeder denkt, die Sachen wären in der Nacht gestohlen worden. Deshalb bin ich dann nachts wiedergekommen und hab das Fenster eingeschlagen und so …«
»Und so!«, ereiferte sich Pfarrer Römer. »Sie haben den Altar in Ihrer eigenen Gemeinde verwüstet.« Er schüttelte den Kopf. »Wie sollen wir Sie nach so einem Vorfall als Messner behalten?«
»Wenn der Kronauer nicht selbst der Dieb war, warum ist er dann nicht mit den Sachen zurückgekommen?«, rief Probst trotzig.
Eva musste insgeheim zugeben, dass die Frage berechtigt war. Dietmar Kronauer hatte den Dieb gestellt und ihm den Koffer mit dem Versprechen abgenommen, das Silber zurückzubringen, aber es war eine Tatsache, dass er es nicht getan hatte. Stattdessen hatte er den Koffer bei dem verwirrten Otto Glaubnitz untergestellt und nur ein paar vage Andeutungen über eine Story gemacht, an der er arbeiten wollte. Den offensichtlich so kostbaren Kelch mit der Aufschrift »Das ist Mein Blut« hatte er aber mitgenommen und buchstäblich nicht mehr aus der Hand gelassen.
»Verraten Sie uns lieber, ob Sie Kronauer danach noch einmal gesehen haben«, sagte sie laut, ohne auf Probsts Frage einzugehen. »Speziell möchten wir wissen, was Sie am Dienstagabend und in der Nacht zum Mittwoch getan haben.«
Noch einmal beteuerte der Messner, dass er mit Dietmar Kronauers Tod nichts zu tun habe, dass er ihn nach dem besagten Sonntag nicht wieder gesehen habe, und er kam mit einem Alibi, das so gut oder so schlecht war wie alle anderen, die sie im Laufe der Ermittlungen bisher gehört hatten. »Stammtisch mit Schafkopfspiel«, notierte Rainer, ließ sich die Namen einiger Stammtischfreunde geben und kritzelte dazu: »Nacht – Schlaf. Frau im selben Zimmer.« Das garnierte er mit mehreren Fragezeichen, weil eine schlafende Ehefrau natürlich nicht gerade ein wasserdichtes Alibi war. Probst schien das auch zu finden und erklärte lang und breit, dass seine Frau einen sehr leichten Schlaf hatte und ganz sicher bemerkt hätte, wenn er das Zimmer verlassen hätte. Rainer dachte an ihre Erkenntnisse zu Kronauers Todeszeitpunkt. Es sprach zumindest ein wenig für die Unschuld des Messners, dass er offensichtlich überzeugt davon war, die Nachtstunden seien das Entscheidende an seiner Aussage, und nicht der Abend. Sie schärften ihm ein, die Gegend nicht zu verlassen, ohne sich bei ihnen zu melden, und dann mussten sie ihn gehen lassen. Verdächtig war er sicherlich, aber im Moment hatten sie
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