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Sailer und Schatz 01 - Das ist mein Blut

Sailer und Schatz 01 - Das ist mein Blut

Titel: Sailer und Schatz 01 - Das ist mein Blut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sigrun Arenz
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wenn es ihm lieber ist, dann unterhalten wir uns, wenn seine Eltern dabei sind, okay? Sag ihm das.«
    Das Mädchen lief hinaus. Ein paar Minuten später kam sie zurück, einen schlaksigen Jungen im Schlepptau, dessen Hände in den Taschen seiner ausgebeulten und viel zu weiten Jeans vergraben waren. Er schaute gehetzt von Eva zu Rainer, der sich gehorsam ganz vorne auf eine Bank gesetzt hatte, um nicht im Weg zu sein. »Ich war’s«, flüsterte er mit vor Furcht heiserer Stimme. »Mein Bruder hat gesagt, ich soll es Ihnen lieber erzählen, weil Sie es eh rauskriegen. Ich hab das Abendmahlszeug genommen. Am Sonntag, nach dem Gottesdienst.«

 
    19
    »Berühmt ist der Abendmahlskelch in der St. Leonhardtskirche in Friesau, der zu den wertvollsten Abendmahlsgeräten in Thüringen gehört und nur noch zu besonderen Gelegenheiten gebraucht wird. Eine fromme Stiftung aus dem Jahr 1509, zeigt er eine Kreuzigungsgruppe mit Anna Selbdritt. Er trägt die Inschriften JHESEUS und Mariah, am Knauf befinden sich einzelne Buchstaben (I.H.T.0.G.M.), die man gedeutet hat als: In diesem Kelch steckt das Heil der ganzen Welt. Dass die detailreiche und kostbare Arbeit überhaupt noch in der Kirche ist, gleicht einem Wunder. Denn 1644 wurde der Kelch während des dreißigjährigen Krieges von einem schwedischen Soldaten entwendet und für einen lächerlichen Betrag einem Juden verkauft. Die bald darauf durch den Hauptmann der schwedischen Armee festgenommenen Diebe kamen dank eines vierzehnjährigen Jungen aber noch mit dem Leben davon. Der erzürnte Hauptmann wollte die beiden Männer sofort aufhängen lassen. Der Junge, der sich zuvor mit dem Hauptmann angefreundet hatte, erinnerte ihn jedoch daran, dass Weihnachten nahe sei, und weil er selbst bei dem Offizier noch einen Wunsch frei hatte, konnte er den zwei Delinquenten das Leben retten. Der Kelch aber gelangte wieder zurück in seine Heimatgemeinde. Im Jahr 2000 wurde er …«
    »Herr Römer?«
    Der Pfarrer schaute von dem Buch auf und bemerkte Horst Winter neben seinem Tisch. Der Goldschmied hatte die Arbeitsschürze abgenommen und setzte sich ihm gegenüber.
    »Nicht uninteressant, gell?«, fragte er mit einem Blick auf das Buch.
    Römer nickte. »Ich würde sogar sagen, spannend. Ich fürchte, ich habe darüber meinen Kaffee kalt werden lassen. Trinken Sie auch einen mit, wenn ich noch einen bestelle? Hallo, bitte noch zwei Cappuccini.«
    Dann klappte er das Buch sehr langsam zu, strich mit der Hand über den glänzenden Einband, der einen ausladend dekorierten barocken Kelch zeigte, und sah dann sein Gegenüber fragend an.
    Horst Winter machte ein ernstes Gesicht, musste dann aber lächeln. »Sie haben Glück«, verkündete er triumphierend. »Es war einfacher, als ich erwartet hatte.« Er beugte sich vor und nahm einen Zettel aus der Tasche. »Martin Blumenthal, geboren 1885, ein Goldschmied aus Ellingen. Ich kann Ihnen nicht sagen, weshalb er ausgerechnet diesen Kelch gearbeitet hat, er hat sonst eigentlich nur Schmuck gemacht, aber ich habe das Bild eines seiner Ringe gesehen, er hat dieselben Initialen verwendet. Ziemlich sicher stammt der Kelch auch von ihm.«
    Pfarrer Römer dachte über das Geburtsdatum nach und sagte dann langsam: »Dann könnte ich versuchen, mit seinen Nachkommen zu sprechen, wenn er welche hat. Ich möchte wissen, wie der Kelch in meine Kirche gekommen ist. Hoffentlich lebt noch jemand aus der Familie in dieser Gegend.«
    Horst Winter schüttelte ernsthaft den Kopf. »Das glaube ich nicht. Sehen Sie, Blumenthal war Jude – das heißt, er war ein jüdischer Christ, aber Sie wissen, dass das damals keinen Unterschied gemacht hat. Entweder ist er in der Nazizeit geflohen oder umgekommen, aber auf jeden Fall ist es unwahrscheinlich, dass die Familie hierher zurückgekommen ist … Ist das Ihr Handy?«
    Römer, der sich schon über die rücksichtslosen Leute geärgert hatte, die ihren Klingelton so laut stellten und dann nicht einmal abhoben, wurde rot und begann, in seiner Tasche nach dem Gerät zu kramen, die leider ziemlich groß und mit allerhand Kram vollgestopft war. Es hatte bereits wieder aufgehört zu klingeln, als er es schließlich in der Hand hielt, aber dank detaillierter Instruktionen einiger jüngerer Gemeindemitglieder beherrschte er den Apparat mittlerweile so gut, dass er die Liste mit den entgangenen Anrufen fand und zurückrufen konnte. Allerdings kannte er die Nummer nicht, die er nun wählte, und war darum einigermaßen

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