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Sakrament der Lust

Sakrament der Lust

Titel: Sakrament der Lust Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leah Moorfeld
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stimmt's?»
    Ich nicke stumm und hebe entschuldigend die Arme.
    «Hm, was zwei Wochen Schullandheim an Reifeprozess ausmachen können, ist schon unglaublich! Aber OK, wenn du lieber bei Mike bist, dann kannst du das tun. Bevor du aber bei fremden Leuten übernachtest, würde ich ihn und seine Eltern gerne einmal kennenlernen.»
    «Hm, OK, wenn es sein muss! Mike wohnt sowieso nicht weit weg, du kannst gleich mitkommen! Seinen Eltern gehört der Kiosk in der Dorfstraße.»
    «Tatsächlich! Dann kenne ich sie – ein bisschen alternativ, aber freundlich. In Ordnung, dann kannst du deinen Mike morgen besuchen – aber natürlich nur, wenn das auch seinen Eltern recht ist!»
    «Du bist echt ne coole Mom! Danke!»
    Lisa drückt mir einen dicken Kuss auf die Wange. Damit öffnet sie bei mir sowieso alle Türen. Wir gehen in die Küche und ich wärme das Essen auf, das ich für Lisa gekocht habe. Der Alltag mit seinen Höhen und Tiefen hat mich wieder voll im Griff und ich merke, wie der Kummer um Paul abebbt. Was meine Gedanken in den ruhigen Minuten immer wieder fesselt, ist der geheimnisvolle Priester, dessen Gesicht ich nicht kenne, aber dessen Wärme und dessen Stimme mich einfach nicht mehr loslässt. Ich muss herausbekommen, was er für ein Mensch er ist und wie er aussieht!
     
    Als Lisa übers Wochenende verschwindet, besuche ich zum ersten mal in meinem Leben eine Messe. Die Kirche ist nicht besonders gut besucht und es sitzen hauptsächlich alte Leute in den Reihen, als ein leicht untersetzter Priester mit blonden Haaren vor den Altar tritt. Er trägt ein weißes Gewand, über das ein langer, blauer Schal geschlungen ist. Mein Herz stockt. Kann es sein, das er das ist? Von hinten ertönt Orgelmusik und die Leute erheben sich alle zu einem Lied. Ich weiß nicht, was gesungen wird und stehe nur still da. Dann begrüßt der Priester die Gemeinde. Nein, es ist definitiv nicht die Stimme aus dem Beichtstuhl! Eigentlich bin ich erleichtert, denn rein äußerlich fühle ich mich nicht besonders angezogen von diesem Mann.
    'Jana, was denkst du eigentlich! ', weise ich mich zurecht.
    Von einem Priester kann ich sowieso nicht mehr erwarten, als Gespräche, da ist es doch ganz egal, wie er aussieht! Ich komme mir in der Messe vollkommen fehl am Platze vor, weil ich weder die Gebete kenne, noch weiß, wann ich mich setzen, bekreuzigen oder aufstehen soll. Eigentlich will ich am liebsten wieder verschwinden, aber das wäre mir vor den wenigen anderen Leuten unangenehm, deshalb halte ich bis zum Ende durch. Ich überlege, den Priester nach der Messe zu fragen, wer wohl den Beichtstuhl noch benutzt, aber nach dem letzten Gebet ist er so schnell hinter einer Tür verschwunden, dass ich nicht dazu komme und ihm zu folgen traue ich mich nicht – es könnten ja private Gemächer sein, für die ich keinen Zutritt habe. Ich weiß einfach viel zu wenig von diesen Dingen und das macht mich unsicher.
    Nach der Messe setzte ich mich in ein Restaurant, um Mittag zu essen. Wenn ich heute schon nichts mit Lisa unternehme, dann will ich es mir wenigstens gut gehen lassen. Nach der Mahlzeit laufe ich dann zur Bibliothek, die in unserem Dorf dank vieler freiwilliger Helfer - zu denen auch ich zähle – die ganze Woche inklusive Sonntags geöffnet ist. Die Bibliothek ist eine der größten und besten im ganzen Umkreis und der ganze Stolz unseres Dorfes. Sie ist ein Relikt aus vergangenen Tagen, an denen hier Mönche in der Klosterbibliothek alte Schriften studierten. Nach Aufgabe des renovierungsbedürftigen Gemäuers übernahm die Gemeinde das Gebäude und sanierte es von Grund auf. Ein Großteil der Bücher wurde ebenfalls übernommen und restauriert. Dieses Mammutprojekt hätte unsere Gemeinde niemals stemmen können, wenn sich nicht unzählige Bürger unentgeltlich  beteiligt hätten. Natürlich wurde der antike Buchbestand auch auf moderne Literatur ausgeweitet.
    Ich kann diesen Ort mit gutem Gewissen als mein zweites Zuhause bezeichnen. Während meine Arbeit im Atelier eher einsam verläuft, treffe ich hier fast die ganze Gemeinde an und finde stets interessante Gesprächspartner. Ich lese viel und gerne und am liebsten in der gemütlichen Couchlandschaft der Bibliothek, an die sich auch ein kleines Café anschließt und so zum zentralen Treffpunkt des Ortes für alle Altersschichten geworden ist. Heute suche ich nach Romanen mit kirchlichem Inhalt – es kann ja nicht schaden, etwas mehr über die Materie zu erfahren. Ich finde «Im

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