Sakrament der Lust
spannendes?»
«Nur ein Portrait!» Ich versuche, gleichgültig zu klingen. «Möchtest du zu Abend essen, mein Schatz?»
«Nein, Danke, Mom! Bemüh dich nicht, ich hab schon bei Mike gegessen!»
«Wann lerne ich ihn denn endlich kennen, deinen Mike?»
«Morgen nach der Schule wollen wir bei mir zusammen lernen, dann kannst du ihn dir ja anschauen. Aber kein Verhör, OK!»
«Ich werde mir Mühe geben!»
«OK, Mom, dann verschwinde ich mal auf mein Zimmer! Gut Nacht!»
«Nacht, Lisa! Träume schön!»
Ich laufe in die Küche, denn nun spüre ich deutlich den Hunger, den ich beim Malen völlig verdrängt hatte. Ich brate mir ein Spiegelei und röste mir etwas Brot und Schinken. Nach dem Essen gehe auch ich ins Bett und träume von dem Priester mit den braunen Augen.
Am nächsten Tag besuche ich wieder die Bibliothek und den Beichtstuhl unserer Dorfkirche – leider ohne Erfolg. Gegen Nachmittag kommt Lisas neuer Freund zu Besuch.
«Hey, Frau Herbst! Ich bin Mike!»
Er reicht mir höflich die Hand und ich mustere den jungen Mann mit den langen braunen Haaren und dem Ohrring. Er sieht nicht schlecht aus, aber wieso fand er meine Tochter mit kurzen Haaren cooler, wobei er selbst lange trägt? Das muss ich wohl nicht verstehen!
«Hallo, du bist also der Freund meiner Tochter, ja?»
«Korrekt! Is Lizzy da?»
«Wer?», frage ich verblüfft.
«Na, ihre Tochter!»
«Ja – äh, ich hole sie!»
«Bin schon da, Mom!», ruft Lisa hinter mir, drückt sich an mir vorbei und fällt Mike in die Arme.
Die beiden küssen sich innig. Ich fühle mich hier überflüssig und verziehe mich wieder in mein Atelier. Ich weiß noch nicht recht, was ich von Mike halten soll, aber da mir Ratschläge im Moment vollkommen sinnlos erscheinen, halte ich mich erst einmal zurück und warte ab, wie sich die Beziehung der beiden entwickelt.
Ich sitze versonnen vor dem Portrait des Priesters, als es abermals an der Tür klingelt. Ich öffne und blicke in Jasmins braun gebranntes Gesicht.
«Hallo Jasmin!», rufe ich erfreut.
«Hallo Süße!», begrüßt sie mich und fällt mir in die Arme. «Du hasst mir gefehlt! Warum hast du dich denn überhaupt nicht bei mir gemeldet?»
«Ach, ich wollte dir doch den Urlaub nicht verderben.»
«So ein Unsinn! Ich hab doch immer ein Ohr für dich!»
«Ich weiß das zu schätzen, aber die Sache hat sich auch schon fast erledigt!»
«Tatsächlich? Dabei warst du dermaßen durch den Wind, dass ich schon überlegt habe, hierzubleiben!»
«Unsinn! Du bist verrückt! Aber komm doch erst mal rein!»
«Eigentlich wollte ich dich ins das Café einladen, das im Nachbardorf heute Eröffnung feiert.»
«Ja, gute Idee! Ich ziehe mich nur rasch um! Du siehst übrigens super erholt aus», rufe ich, während ich ins Schlafzimmer hoch laufe, um in eines meiner neuen Kleider zu schlüpfen.
Kurze Zeit später sitzen wir zusammen in Jasmins Auto und fahren über die Landstraße zum Nachbardorf. Ich habe von der Eröffnung des Cafés gehört und es herrscht tatsächlich reger Betrieb, als wir davor eintreffen. Nur mit Mühe finden wir einen Parkplatz. Außen und innen ist alles mit Luftballons und Girlanden geschmückt. Große Pflanzen, gemütliche Sitzbänke und brennende Kerzen verleihen dem Ort eine einladende Atmosphäre. In der Außenanlage können wir gerade noch einen freien Sitzplatz ergattern. Wir bestellen uns Kaffee und Kuchen. Ich dränge das schlechte Gewissen wegen der vielen Kalorien beiseite. Ab und zu darf man sich doch mal was gönnen, denke ich.
«Jetzt musst du mir aber endlich erzählen, was los war, vor meinem Urlaub!»
Ich seufze. Eigentlich will ich gar nicht mehr daran denken, aber seltsamer Weise schmerzt die Erinnerung an Paul gar nicht mehr so.
«Ich habe nochmal mit Paul geschlafen und war verletzt, dass er trotzdem wieder zu seiner Tina zurückgekehrt ist!»
Jasmin nickt verständnisvoll.
«Kann ich nachvollziehen, dass du danach völlig durch den Wind warst, aber jetzt scheint es dir ja schon erheblich besser zu gehen.»
«Ich wundere mich selbst darüber, aber es war wohl so etwas wie ein letzter Abschied.»
«Ich habe mal gelesen, das kommt bei Geschiedenen oft vor, dass sie am Tag der Scheidung noch mal so zusagen zum Abschied miteinander ins Bett gehen. Das war bei euch wohl so was ähnliches.»
Ich nicke, aber mehr möchte ich dazu nicht sagen.
«Und wie war dein Urlaub, Jasmin? Konntest du dich gut erholen?»
«Es war schön und stressig zugleich. Die Kinder
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