Sakrament der Lust
Schokoriegeln nicht einmal zu Mittag gegessen. Wo bleibt er nur? Hat Julian es sich doch anders überlegt und will mich nicht mehr wiedersehen? Oder ist mal wieder eine dunkle Gestalt aus seiner Vergangenheit aufgetaucht und hat ihn verletzt? Plötzlich schwirren die wildesten Fantasien durch meinen Kopf. Ich laufe unruhig quer durch meine Wohnung. Keine Sekunde lang kann ich still sitzen. Ich versuche, mich mit Fernsehen oder Malen abzulenken, aber meine Konzentrationsfähigkeit hat einen absoluten Tiefpunkt erreicht. Plötzlich klingelt es und ich spurte mit zittrigen Beinen zur Tür. Ich reiße sie auf und blicke in Jasmins Gesicht.
«Hi, Jana!» Ich starre sie entgeistert an. «Was ist? Hast du jemanden anders erwartet?»
«Äh, nein! Doch! Ja, ich dachte, Julian kommt vorbei!»
«Julian? Der Priester? Er kommt dich tatsächlich besuchen? Ist er nicht mehr in Südamerika?»
Jasmin tritt ein und ich schließe die Tür hinter ihr.
«Nein, er war gestern hier und wollte eigentlich heute vorbeikommen, aber er hat sich den ganzen Tag nicht gemeldet und ich werde fast wahnsinnig, weil ich nicht weiß, was los ist.»
«Hm, ich konnte dich nicht erreichen, weil sowohl dein Handy wie auch dein Festnetzanschluss brach lagen. Wer weiß, vielleicht ist deinem Julian was dazwischen gekommen und er hat vergeblich versucht, anzurufen! Was ist denn los mit deinen Telefonen?»
«Oh verflixt, wahrscheinlich sind mal wieder die Akkus leer! Ich sollte wirklich mehr darauf Acht geben!»
Ich laufe durch das Haus, um die Telefone zu suchen, aber ich entdecke weder das Handy noch das Festnetztelefon. Jasmin hilft mir bei der Suche und es ist bereits Abend als wir schließlich das leere Telefon in Lisas Bett entdecken. Mein Handy taucht in meiner Manteltasche auf. Beide Telefone müssen erst einmal aufgeladen werden.
«Warst du jetzt eigentlich beim Frauenarzt?», fragt Jasmin plötzlich.
«Noch nicht, aber ich habe einen Test gemacht und er war positiv!» Ich kann mir das Strahlen meiner Augen nicht verkneifen.
«Gratulieure! Und du siehst ja richtig glücklich dabei aus! Also hast du es deinem Julian schon erzählt?»
«Ja! Zuerst war er ziemlich geschockt, aber nach den ersten Schrecksekunden schien er sich sogar zu freuen!»
Das nächste Klingeln lässt mich zusammenfahren. Ich öffne mit zitternden Händen, aber statt Julian steht dieses mal Lisa vor der Tür. Sie ist von der Radtour zurückgekehrt und verschwindet sofort im Bad zum Duschen. Ich verabschiede Jasmin an der geöffneten Haustür, als in diesem Augenblick Julian durch das Gartentor tritt. Mein Herz schlägt bis zum Hals, als ich ihn erblicke. Seine ernste Mine treibt ein flaues Gefühl in meinen Magen. Jasmin nickt Julian freundlich zu, als sie an ihm vorübergeht und durch die Pforte verschwindet. Julians Blick durchbohrt mich fast, als er vor mir steht. Ist etwas geschehen?
«Können wir reden?», fragt er ernst.
Ich nicke langsam und geleite ihn ins Wohnatelier. Wir setzen uns nebeneinander auf die Couch, aber ich wage nicht, mich an ihn zu schmiegen, weil ich zu unsicher bin über das, was er mir mitteilen möchte.
«Es ist so, Jana, ich wollte dich anrufen, aber dein Telefon war tot.»
«Was wolltest du mir denn sagen?», frage ich mit zittriger Stimme.
Ging da gerade ein Leuchten durch seine Augen, oder habe ich mich getäuscht?
«Der Bischof wollte mich sprechen. Er hat den Bericht deiner Vernissage in der Zeitung gelesen und eine undichte Quelle hat den Vorfall mit Nail an die Presse weitergegeben. Dazu wollte die Zeitung auch den Bischof über mich interviewen und auf diesem Wege wurde er auch darüber informiert. Er konnte nicht verhindern, dass am Montag ein Artikel über den 'boxenden Priester mit der dunklen Vergangenheit ' erscheinen wird. Wir haben uns fast den ganzen Tag lang über alles unterhalten. Ich habe Bischof Brixen von meinem Gewissenskonflikt erzählt und wie viel mir Jana Herbst und auch die Arbeit als Seelsorger bedeuten. Als ich Bischof Brixen auch noch von deiner Schwangerschaft berichtete, legte er mir nahe, von dem Amt als Priester zurückzutreten, da dieser ganze Wirbel für die Kirche nicht gut wäre und ich sofort die Beziehung zu dir beenden müsste, wenn ich weiter im Amt bleiben wollte.»
Ich halte die Luft an und blicke mitfühlend in Julians trauriges Gesicht. Er atmet tief durch, bevor er fortfährt.
«Bischof Brixen hat mir aber versichert, dass er meinen seelsorgerischen Einsatz sehr schätzt. Deshalb
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