Salai und Leonardo da Vinci 01 - Die Zweifel des Salai
der reichlich viele Hälse langzieht, kann man ebensogut mal was unternehmen. Ich bin also nach draußen gegangen und hab einen Spazirgang gemacht der wurd ein bisschen länger als geplant, weil unterwegs sind mir zwei Sachen passirt. Die erste war dass es auf einmal nach Spanferkel roch und mir ganz flau wurd, und ich sag mir, wo mag das herkommen, wo mag dies Ferkel sich verstecken, und dann find ich raus dass es ein Fleischverkäufer ist, und trotzdem dass ich in Eile bin, esse ich mir ein schönes Stück Brot mit Schweinebraten, das wird Lionardo eine Lehre sein, wo immer er steckt. Dieweil ich so an dem Braten kaue hör ich eine Stimme die flüstert, schau mal den da mit dem lockigen Haar, der sieht fast aus wie Antinoo, und denk mir, ach herrjeh, immer dieselbe Leier, bald lass ich mir die Haare schneiden dann seh ich keinem mehr ähnlich, aber wann ich mich umdreh um zu sehn wer da spricht bleib ich stocksteif stehn, Signior Padrone, als hätt mich der Schlag getroffen.
Lange und glatte blonde Haare als wie Kornähren, Augen blau wie das Meer und schneeweiße Zähne als wie Perlen und sehr groß ist sie, und wohlgestallt und von festem fleischigem Körperbau, ja sogar mit zwei schönen Schultern, doch nicht zu breit, ich würd eher sagen schmal, und nie hätte ich gedacht dass mir so eine gefallen könnt, nemlich mir gefallen eher die kleinen runden. Es war der köstlichste Anblick der mir je vor die Augen gekommen, Signior Padrone, und sie lacht mich ein bisschen verlegen an indem dass mir vor Staunen der Mund offenbleibt, wo noch der Schweinebraten drin steckt. Aber dann hab ich mich erholt und sag im Scherz zu ihr, sehr erfreut, Euch kennenzulernen, meine Dame, in der Tat heiß ich Antinoo, und vorgestern hat man mich aus Marmor gehauen. Und sie fängt an zu lachen und mit ihr eine von ihren Jungfern die sie begleitet, die ist genau das Gegenteil von ihr, nemlich klein und dunkel (aber auch nicht übel) und wir plaudern ein wenig und sie fragt mich, von wo kommst du? Aus Fiorenza, Signiora, sag ich, ich bin hier in Rom mit meinem Ziehvater. Und dann haben wir noch ein paar andre unnütze Dinge geredet, und ich denk dieweil ich sie anschau, ich liebe dich, ich will dich heiraten, du bist wunderschön, Mamma mia wo find ich nochmal so eine wie dich etcetera, kurzum all die dummen Sachen die man denkt wenn man eine wirklich heiße Braut trifft.
Nachdem sie gegangen ist hab ich mir gesagt, verflucht und jetzt? Wer weiß ob ich sie eines Tags wiederfind, denn zu gern würd ich was mit ihr anstellen. Und ich weiß ja, das Mägdlein und die wo mich unter der Treppe geherzt hat und die andre mit der schmutzigen Wäsche, das sind schon drei die ich am Hals hab, aber diese Blonde, Signior Padrone, die ist’s wert dass sie von Lionardo gemalt wird, oder nein, lieber nicht, sonst sehn sie zu viele und schnappen sie mir vor der Nase weg.
Aber ich hab vergessen, Signior Padrone, Euch das Wichtigste zu schreiben, nemlich dass die oben genannte blonde und scharfe Dame mit einem ausländischen Aktzent spricht der mich an was erinnert hat, aber als ich’s endlich kapirt hatt war sie schon weg, und ich sage mir, das ist ja unglaublich, auch die spricht Teutsch.
Nach einer halben Stunde bin ich also bei der Locanda de la Campana angekommen. Und da seh ich sofort, Signior Padrone, dass ich in ein sehr vornehmes Lokal geraten bin, nemlich eins für honorable Leute und von hohem Stand als wie Ihr. In den Räumen wo man isst gibt’s sehr schöne und bequeme Stühle, nicht so wie die in unsrer Herberge sondern glatt und alle weiß und sauber, und das Holz von den Tischen ist rundum geschnitzt und Gabeln soviel du willst und sogar Gemälde an den Wänden. Also denk ich, Heiliger Strohsack, wer weiß was das kostet hier zu essen und zu trinken, doch da ist’s zu spät denn ein Diener kommt und fragt was ich will, und ich sag, ein wenig Rotwein danke.
Wie ich den Wein trink schau ich mich um und seh dass auch die andern Leute trinken essen reden oder Karten spielen oder ein Buch lesen, kurzum so wie in einer gewöhnlichen Osteria, außer einer Sache: Sie sprechen alle Teutsch! Denkt nur, ich hatt mir sogar in der Hosentasche einen Schreibstift und ein Stück Papier mitgenommen um Notizen zu machen, aber ich hab ja schon Probleme das zu schreiben was die Leute auf Italienisch sagen, da hört’s beim Teutschen, was eine verrückte Sprache ist, natürlich ganz und gar auf. Das andre was ich seh ist dass die Leute keinen Wein
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