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Salamitaktik

Salamitaktik

Titel: Salamitaktik Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralf H. Dorweiler
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Gott sei Dank behalten lassen. Das heißt, dass ich dich brauche. Du wirst machen, was ich dir sage, sonst kannst du dich darauf verlassen, dass du vom Amt bald keinen scheiß Cent mehr bekommst. Haben wir uns verstanden?«
    Lutz Vollmer schaute zu Boden und nickte.
    Â»Ob wir uns verstanden haben?«, brüllte Schlaicher.
    Â»Ja.«
    Â»Dann komm jetzt.« Ohne darauf zu achten, ob Lutz ihm folgte, wandte er sich mit schnellen Schritten der Treppe zu, um im Erdgeschoss die erste Besprechung mit den Detektiven vorzunehmen. Hinter sich hörte er in einigem Abstand Lutz Vollmers Schritte. Ob er das Gemurmel des Mannes richtig verstand, wusste er nicht. Er hörte so etwas wie: »Ich habe ja wohl nicht zuerst gelogen«, und war kurz davor, wieder zu explodieren, riss sich dann aber zusammen. Jetzt musste er zuerst diesen Job so gut über die Bühne bringen, dass Gampp vielleicht ein Auge zudrücken konnte.
    * * *
    Nichts als alte Akten. Hanspeter Schlageter hatte eigentlich schon wieder genug von diesem Tag, der gerade erst angefangen hatte.
    Â»Chef, brauchen Sie die noch?« Helbach, Schlageters Mitarbeiter, hatte die wahrscheinlich tiefste Stimme, die man sich vorstellen konnte. Dabei war er schmächtig wie ein Hemd, genau das Gegenteil von Schlageter selbst, der heute eine schicke karierte Hose und ein dünnes, blaues Hemd trug.
    Das war das Praktische an den karierten Hosen – eine der Farben passte immer irgendwie zum Oberteil. Jacqueline Ribeau, die Frau, die Schlageters Herz höher schlagen ließ, hatte zwar mit ihm gemeinsam andere Hosen gekauft, aber sollte er seine Karohosen deshalb verrotten lassen? Immer, wenn er sie nicht traf, zog er sie an.
    Er hatte Jacqueline Ribeau vor knapp einem Jahr kennengelernt. Eine Frau, so spröde, wie es nur eine kettenrauchende Schweizerin sein konnte, die mindestens ebenso konzentriert und mit Leidenschaft ihrer Polizeiarbeit nachging wie Schlageter der seinen. Beide hatten sie lange Jahre einen Solopart gespielt, und entsprechend schwer fiel ihnen nun das Duett. Jacqueline war darum in Basel wohnen geblieben und Schlageter in seiner kleinen Wohnung in Lörrach. Es sprach einfach zu viel dagegen zusammenzuziehen, auch wenn Jacqueline ihn vor einem Monat vorsichtig darauf angesprochen hatte. Schlageter gefiel sie, vielleicht war da sogar mehr als nur Gefallen. Aber es sagte ihm auch zu, sich gelegentlich in eine rauchfreie Wohnung zurückziehen zu können. Mit dem, was sie jeden Tag an Nikotin durch ihre Glimmstängel zog, könnte man wahrscheinlich das ganze St.-Jakob-Stadion innerhalb einer Woche eingilben.
    Auch wenn sie im Grunde nicht viel auf Äußerlichkeiten gab, war Jacqueline doch eine angemessen schicke Garderobe wichtig. Schlageters Freude an den praktischen Karos verstand sie nicht, sie wünschte sich, dass er modernere Kleidung trug – ohne Muster. Und meistens tat Schlageter ihr den Gefallen. Helbach war sehr verwundert gewesen, als er seinen Chef das erste Mal in nicht karierten Hosen gesehen hatte. Helbach – hatte der nicht eben etwas gesagt?
    Â»Was meinen Sie?«, brummte Schlageter.
    Â»Ich habe gefragt, ob Sie die noch brauchen.« Helbach zeigte auf einen Berg von ungespülten Tassen, die fast die Hälfte von Schlageters Schreibtisch einnahmen, und sagte dann: »Ich meine, vielleicht sollten wir die langsam aufräumen. Dann haben Sie mehr Platz für die Planung der Feier.«
    Â»Meine Tassen bleiben da, wo sie sind. Noch sind Sie mich nicht los, Helbach, auch wenn Sie sich bestimmt schon diebisch darauf freuen. Haben Sie eigentlich nichts Besseres zu tun, als sich Gedanken über meinen Schreibtisch zu machen?«
    Helbach atmete genervt aus. Schlageter sah das als Zeichen, dass seine baldige Pensionierung Helbach nun auch noch den letzten Rest Respekt vor ihm als seinem Vorgesetzten nahm. Und tatsächlich: Normalerweise hätte sich Helbach auf eine solche Bemerkung Schlageters hin irgendeine sinnvolle Beschäftigung gesucht, doch heute setzte er seine Widerworte fort: »Ich mache mir keine Gedanken über Ihren Schreibtisch, sondern darüber, dass es schon übermorgen so weit ist. Ihr definitiv letzter Tag im Dienst.«
    Â»Das brauchen Sie mir aber nicht ständig aufs Butterbrot zu schmieren«, schimpfte Schlageter erregt.
    Â»Ich möchte doch nur, dass Ihre Abschiedsfeier dem Anlass entsprechend abläuft«, schnauzte Helbach

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