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Salamitaktik

Salamitaktik

Titel: Salamitaktik Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralf H. Dorweiler
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zurück. »So etwas plant sich nicht von allein, und das Datum lässt sich auch nicht mehr verschieben.«
    Er hatte recht. Es fiel Schlageter schwer, sich das einzugestehen, aber letzten Endes versuchte er wohl immer noch, den Abschied von seinem Schreibtisch, seiner Stellung als Kommissar und seinem geschäftigen Lebensalltag aufzuschieben. Er hatte die Zeit schon gestreckt, so weit es nur ging, doch inzwischen war sein letzter Tag besiegelte Sache.
    Der Leiter der Polizeidirektion hatte ursprünglich vorgeschlagen, die Party eigenhändig zu planen, aber Schlageter hatte das weit von sich gewiesen. Wenn er wirklich gezwungen war, die Polizeidirektion zu verlassen, wollte er das auf seine Art tun. Allerdings hatte er wirklich noch nichts erledigt, außer sich einmal den großen Kellerraum anzuschauen, den er aber ohnehin zur Genüge kannte. Die von Helbach vorbereitete Einladungsmail hatte er zuerst vernichtend kritisiert, dann aber doch sein Placet gegeben. Und das war es gewesen. Dabei kam es ihm so vor, als würde er seit zwei Wochen nichts anderes tun, als sich um seinen Abschied zu kümmern. Dieses Frühjahr war gar nichts los: Kein Mord, kein ungeklärter Todesfall, keine Banden, die einen Einbruch nach dem anderen ausführten und von ihm erwischt werden wollten. Es kam Schlageter vor, als hätten sich alle Verbrecher gegen ihn verschworen, um ihm die letzten Wochen so langweilig und eintönig wie möglich zu machen. Dabei sehnte er sich doch so nach einem hübschen Mordfall, dessen Aufklärung er den Kollegen beim Abschiedsfest als seine Visitenkarte überreichen konnte. Alle sollten sagen: Der Schlageter, so einen gibt es nie wieder. Der klärt noch am letzten Tag im Dienst einen Mordfall auf. Ja, das wäre was!
    Â»Chef?«
    Schlageter schaute auf.
    Â»Ich habe eben gesagt, wie sehr ich mir wünsche, dass Ihre Abschiedsfeier gut wird«, wiederholte Helbach. »Ich kann Ihnen gern helfen, aber Sie müssen jetzt wirklich mal loslegen, sonst klappt nichts mehr. Dabei sollen die Kollegen Sie doch als den in Erinnerung behalten, der Sie sind: ein Macher und absolut herausragender Polizist.«
    Natürlich merkte Schlageter, dass Helbach ihm schmeicheln wollte. Gleichzeitig konnte er aber gar nicht anders als anerkennen, dass sein Mitarbeiter mit dem »herausragenden Polizisten« definitiv recht hatte.
    Â»Danke, Helbach. Aber ich brauche Ihre Hilfe nicht. Ich habe alles im Griff.«
    Â»Sie haben bis jetzt nur die Musiker gebucht. Was gibt es zu essen und zu trinken? Gibt es eine Rede? Was ist mit der Dekoration? Wer räumt auf?«
    Â»Jetzt hören Sie aber auf, Helbach!«
    Â»Nein, höre ich nicht. Antworten Sie mir.«
    Â»Das wird schon alles werden.«
    Â»Nein. Sie müssen sich jetzt darum kümmern.«
    Schlageter warf Helbach einen vernichtenden Blick zu, doch der redete bereits weiter: »Ich kann mir ja vorstellen, dass es Ihnen nicht leichtfällt. Aber ich kann Ihnen doch helfen. Immerhin haben wir im Moment sowieso nichts Wichtiges zu tun.«
    Schlageter war ganz kurz davor gewesen, Helbach zuzustimmen, doch dieser letzte Satz machte das wieder zunichte. »Nichts Wichtiges zu tun?«, blaffte er. »Nichts Wichtiges zu tun?« Dann wusste er nicht weiter. »Wie, nichts Wichtiges zu tun?«, fragte er schließlich, weil ihm selbst nichts einfiel, was es zu tun geben könnte. Im nächsten Moment hatte er einen Geistesblitz. »Was ist mit den ungelösten Fällen? Davon gibt es weiß Gott genug.«
    Helbach ließ sich ausgelaugt in seinem Bürostuhl zurückfallen.
    Â»Holen Sie mir die Akte Wellenbrink«, befahl Schlageter. An diesem Fall hatte er sich vor langer Zeit sämtliche Zähne ausgebissen.
    Â»Die ist fast zwanzig Jahre alt«, gab Helbach mürrisch zurück.
    Â»Seit fast zwanzig Jahren läuft ein Mörder frei herum, und Sie wollen eine Party planen?«, brüllte Schlageter.
    Helbach stand gefrustet auf und verließ den Raum.
    Dem Kommissar war klar, dass ihm das Studium der Akte Wellenbrink keine neuen Erkenntnisse bringen würde. Dafür hatte er sie damals viel zu lange und zu ausführlich durchgearbeitet. Bei dem Fall ging es um den Banker Ernst Wellenbrink, der in seinem Garten aus einer Entfernung von knapp einem Kilometer mit einem Präzisionsgewehr aus dem Zweiten Weltkrieg erschossen worden war. Die Waffe war nirgends gemeldet, alle Menschen im

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