Salamitaktik
untereinander darauf.
»Gehe ich recht in der Annahme, dass Sie fertig sind mit ihren Fragen? Wie gesagt, ich habe heute extrem viel zu tun.«
»Wann erfahren Sie denn von Ihrem Kontaktmann, ob zu viele Fischabfälle in Ihrer Creme waren?«
»Krill«, korrigierte Emanuelle Lefèvre. »Ich denke, dass ich Ihnen das bis Montag mitteilen kann. An wen soll ich mich denn dann überhaupt wenden? An Sie oder an diesen anderen?«
»Rufen Sie bei Faller an«, sagte Schlageter, der jetzt schon bereute, am Montag nicht mehr ins Büro gehen zu können. Er stand auf.
»Alles klar. Hier, nehmen Sie Ihrer Frau doch ein Pröbchen mit«, sagte Emanuelle Lefèvre und holte ein kleines Kunststoffbriefchen hervor, das Schlageter an eine Mayonnaise-Verpackung in der Pommesbude erinnerte, allerdings lange nicht so groÃzügig gefüllt war.
»Danke, aber wir haben keinen Bedarf an so was«, sagte er.
Der Besuch bei der Lefèvre hatte seine Ermittlungen nicht weitergebracht. Die Frau war ihm zwar nicht unbedingt sympathisch, aber sie hatte ihm auch keinen Anlass gegeben, an ihren Worten zu zweifeln. Wenn nur Schlaicher nicht da gewesen wäre ⦠Trotzdem, langsam fragte sich Schlageter, ob er sich nicht auf dem Holzweg befand. Bisher sprach wirklich alles dagegen, dass es sich um einen Mord handelte. Er hatte zwar eine Leiche und war geneigt, Schönhorsts Diagnose anzuzweifeln, musste jedoch in Betracht ziehen, dass der Arzt zufällig zum richtigen Schluss gekommen und Tamara Brockmann an einem anaphylaktischen Schock gestorben war. Damit hatte er keine Tat, kein Motiv, keine Möglichkeit und keinen Täter. Alles, was er hatte, war ein eigenartiges Gefühl in seiner Magengegend, das sich durch Schlaichers Ermittlungen deutlich verstärkte. Und kaum noch Zeit. Morgen sollte sein definitiv letzter Tag bei der Kripo sein, sein letzter Tag als Polizist und Mitglied der arbeitenden Bevölkerung. Er fragte sich, was er in Zukunft nur den ganzen Tag über machen sollte. Ja, er hatte etwas Angst vor der Zeit seiner Pensionierung.
Das Handy klingelte, als Schlageter mit seinem Wagen von Weil aus den Tüllinger Berg erklomm.
»Hallo, Hanspeter?«
»Werner! Und, wird es klappen?«
»Sagen wir so, es hat schon geklappt.«
»Du warst schon da?«
»Sag ich doch. Hast du die Unterschrift von den Verwandten?«
Das hatte er natürlich vollkommen vergessen. Und dass Brockmann ihm nach seinem letzten Besuch noch eine Unterschrift geben würde, wagte er zu bezweifeln. Er antwortete trotzdem, ohne zu viel zu verraten: »Kein Problem«, und fügte gleich an: »Und? Was gefunden? Lass mich raten: keine Auffälligkeiten.«
»Im Gegenteil«, antwortete Werner. Schlageter war von einer Sekunde auf die nächste vollkommen wach.
»Was heiÃt das?«
»Das heiÃt, dass ich eine erhöhte Konzentration von Botulismustoxin A festgestellt habe.«
»Toxin? Ein Gift? Was ist das für eines?«
»Das stärkste Gift, das es auf der Welt gibt«, erklärte Werner. »Mit nur einem Gramm könntest du hunderttausend Leute umbringen. Allerdings gibt es solche Mengen nicht.«
Schlageter war gerade an der Tumringer Höhe angekommen und bog nach links ab, um sich auf den Parkplatz stellen und in Ruhe telefonieren zu können.
»Du hast von dem Zeugs wahrscheinlich schon gehört: Es ist bekannt unter dem Namen Botox.«
Schlageter stellte den Motor ab und spürte, wie sein Kribbeln in der Magengegend wieder stärker wurde.
»Das, was man sich gegen Falten spritzen lassen kann?«, fragte er nach und dachte natürlich sofort an die Praxis von Peter Brockmann.
»Exakt. Die Tote hat allerdings keine normale Dosis bekommen. Entweder wurde ihr das Zeug konzentriert verabreicht, was eine ziemlich teure Art wäre, jemanden zu töten, oder sie hat vorher was Schlechtes gegessen.«
»Wie bitte?«
»Botulismustoxin heiÃt auch Wurstgift. Es bildet sich zum Beispiel in längst abgelaufenen Konserven. Allerdings sollte man eigentlich bemerken, dass man die nicht mehr essen kann, weil die Dosen dann meistens aufgebläht sind.«
»Kann es vielleicht sein, dass ihr Arzt ihr einfach mehr gespritzt hat, weil nach dem ersten Mal die Falten noch nicht weg waren?«
»Nein, dazu war die Konzentration zu hoch. Tiefe Falten bekommst du mit Botox allein sowieso nicht weg. Es ist ein
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