Salamitaktik
Helbach war der Einzige, dem er so weit vertrauen konnte, dass er bis morgen dicht hielt.
Schlageter fand einen Parkplatz genau neben Helbachs Wagen. Der war bereits ausgestiegen und wartete am Hauseingang. Man sah ihm an, dass er nicht glücklich darüber war, das Wochenende mit einem Besuch bei seinem Chef beginnen zu müssen. Allerdings vermutete er einen vollkommen anderen Grund für seine Anwesenheit, wie seine erste Bemerkung verriet: »Wenn es darum geht, irgendwas zu kochen, bin ich der falsche Mann.«
»Kochen? Ach, Sie meinen wegen der Party? Nein, das macht ein Partyservice.« Tatsächlich hatte sich auf Schlageters Heimfahrt der Inder gemeldet und das Catering für morgen bestätigt. Eine Sorge weniger.
»Sie haben echt noch jemanden gefunden?«
»Was meinen Sie denn. Nein, wir müssen uns dienstlich unterhalten. Es ist äuÃerst wichtig. Alles Weitere sollten wir drinnen besprechen.«
Schlageter schloss die Haustür auf und dann die Wohnungstür. Als er sie aufdrückte, war die Welt noch normal. Aber nur Sekunden später hatte er seine Pistole in der Hand und starrte angestrengt in den Flur, wo einige seiner Sachen auf dem Boden lagen. Helbach erschrak, als er die Pistole zog, und tat es ihm nach.
»Ein Einbrecher«, flüsterte Schlageter.
War er noch da? Schlageter war zu angespannt, um sich sofort über die umgeworfenen Sachen in seinem Büro und der Küche aufzuregen. Helbach sicherte das Badezimmer und das Schlafzimmer. Vor der Tür zum Wohnzimmer trafen sie wieder zusammen. Schlageter warf die Tür auf und stürmte hinein, Helbach folgte ihm dicht auf den Fersen. Nach nur zwei Schritten fand Schlageters linker Fuà jedoch keinen rechten Halt mehr und rutschte zu weit nach vorne. Der Kommissar spürte, wie sich sein Schwerpunkt nach hinten verlagerte, während ihm ein eigenartiger, unangenehm saurer Geruch in die Nase drang. Ihm fiel auf, dass niemand im Zimmer zu sein schien, und er dachte an die Pistole, deren Mündung er nach oben in Richtung der Zimmerdecke riss, die sich unterdessen immer mehr in sein Sichtfeld schob.
»Chef!«, rief Helbach, was Schlageter sehr gedehnt wahrnahm. Dann prallte er mit dem Hintern auf den Teppich. Im gleichen Moment löste sich ein Schuss, und der Geruch nach Pulver mischte sich in den stärker werdenden sauren Gestank. Putz rieselte von der Decke auf Schlageter hinab, der endlich komplett zum Liegen kam. »Chef!«, rief Helbach erneut und befand sich kurz darauf an seiner Seite. »Haben Sie sich was getan? Igitt!«
Was das letzte Wort sollte, wurde Schlageter erst klar, als er sich mit den Händen auf dem feuchten Teppich abstützte, um aufzustehen.
»Verdammter Dreck!«, schrie er mit aller Kraft seiner Stimme. Das war immerhin laut genug, um die im Treppenhaus aufkommende Unruhe für kurze Zeit zu übertönen. Er war in einer Lache Erbrochenem gelandet.
Helbach rannte nach drauÃen, um die wegen des Schusses verängstigten Hausbewohner zu beruhigen. Schlageter stand mühsam, aber durchgängig wild fluchend auf und streifte seine Schuhe ab, damit er nicht noch mehr dreckig machte. Sein Weg führte ihn ins Schlafzimmer, das im Gegensatz zu dem, was er im Büro gesehen hatte, nahezu aufgeräumt wirkte. Dort suchte er sich mit der sauberen Hand neue Kleidung zusammen und lief damit ins Badezimmer, das von dem Einbrecher wohl am wenigsten frequentiert worden war. Als Erstes entledigte er sich der Hose und Unterhose, die sich beide vollgesogen hatten, und warf sie in die Badewanne. Er kippte schnell etwas Badezusatz Marke Latschenkieferessenz darüber und lieà Wasser einlaufen, bevor er sich den Rest auszog und in die Dusche stieg.
Erst als das heiÃe Wasser über seinen Körper lief, wurde ihm richtig bewusst, was hier passiert war. Ein Einbrecher in seiner Wohnung! Und das Arschloch hatte ihm auch noch ins Wohnzimmer gekotzt! Als ihm zu allem Ãberfluss noch die Seife aus den Fingern glitt und über Wand und Boden der Dusche rutschte, schrie er vor Wut laut auf.
»Chef?«, fragte Helbach durch die Tür.
»Ich wasche mich«, gab Schlageter lautstark zurück.
»Ja, das denke ich mir. Die Kollegen sind auf dem Weg.«
Natürlich. Jetzt lief die ganze Maschinerie an â und das auch noch doppelt. Nicht nur wegen des Einbruchs, sondern auch wegen des abgegangenen Schusses. Schlageter machte sich keine
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