Salamitaktik
leise vor sich hin fluchend die Treppe hinaufkam. »Nur diese eine Wurst! Was hast du?«
»Sieh dir das mal an.«
Irfan beugte sich vor und betrachtete den Bildschirm. »Und?«
»Irgendeine Lagerhalle, als Live-Ãbertragung.«
»Sieht aus, als würde dieser Schlaicher im Sicherheitsbereich arbeiten«, sagte Irfan. »Los, genug geglotzt. Hilf mir endlich, die anderen Sucuk zu finden.«
Der Hund bellte auf einmal wieder. Dann hörten sie, dass unten die Tür geöffnet wurde.
»Jo, de Watson«, sagte eine Männerstimme.
Irfan huschte lautlos in die hinterste Ecke des Galeriebereiches, die von unten nicht einsehbar war, und winkte Mario heftig, ihm zu folgen. Der stand vorsichtig von seinem Stuhl auf, hob ihn dabei geräuschlos an und stellte ihn ein paar Zentimeter hinter sich ebenso leise wieder ab. Dann drehte er sich um und schlich langsam in Irfans Richtung.
»E Feine bisch du. Jo, mr gönn glii uuse.«
Mario atmete erleichtert aus. Offenbar war der Mann gekommen, um mit dem Hund rauszugehen, würde also sofort wieder verschwinden.
»Aber erscht emol nimm i nooânâe Chiirswässerli.« Der Hund gab einen tiefen Beller von sich, der wie eine Antwort klang. Mario verdrehte die Augen. Er war fast bei Irfan angekommen, als er sich in einem der auf dem Boden liegenden Kabel verhedderte, was ein Geräusch auf dem Parkett verursachte.
»Rainer? Bisch duu doo?«, kam sofort die Stimme von unten.
Irfan bedachte Mario mit exakt dem gleichen Blick wie gestern, nachdem er sich in der Wohnung des Polizisten übergeben hatte.
»Rainer?«
Mario duckte sich.
»Isch do öbber umme?«
Der Mann kam die Treppe hinauf. Mario hörte jeden Schritt, und sein Herz schlug in vielfachem Takt in seiner Brust. Fast wurde ihm wieder übel. Dann schaute ein bekanntes Gesicht um die Ecke. Der Nachbar.
»Was mached denn ihr doo?«, rief der Mann laut.
Irfan sprang nach vorne, der Mann brüllte, man hörte ein Brizzeln und ein verzerrtes Stöhnen, dann das Geräusch des auf dem Boden zusammensinkenden Mannes.
»Verdammte ScheiÃe!«, fluchte Irfan und legte noch ein paar türkische Worte nach, die sicherlich nicht aus der schöngeistigen morgenländischen Literatur stammten.
»Hast du ihn umgebracht?«
»Quatsch. Wir müssen ihn fesseln. Er wird gleich wieder zu sich kommen.«
»Fesseln? Hauen wir nicht einfach ab?«
»Verdammt, jetzt mach, was ich dir sage!« Irfan klang überhaupt nicht mehr wie jemand, der ein Musikgeschäft aufmachen wollte, sondern eher so, als könnte er jederzeit ein Messer herausholen, um damit genüsslich Marios Kehle aufzuschlitzen. Mario war von der Situation so geschockt, dass immerhin seine Ãbelkeit verschwunden war. Er schaute sich um, und sein Blick fiel auf die Kabel, die sie verraten hatten.
Als Schlaichers Nachbar wach wurde, lag er immer noch auf dem Boden, war aber mit Irfans Hilfe von Mario an den Hand- und FuÃgelenken gefesselt worden. Der Ausweis in seinem Geldbeutel identifizierte ihn als Erwin Immanuel Trefzer. Der Hund saà neben dem Mann und schien sich zu bemühen, die ungewohnte Situation zu analysieren.
»Was sind ihr für Lüdd? Iibrächer?«, waren Trefzers erste, fast nur geschnaufte Worte, als er die Augen öffnete.
»Was weiÃt du über die Sucuk?«
»Was? Was hännd ihr midd miir gmacht? Mir dued alles weh. Hilfe!« Das letzte Wort versuchte er zu schreien, aber Irfans drückte blitzschnell seine Pistole an die Stirn des Gefesselten und legte ihm die zweite, freie Hand mit starkem Druck über den Mund. Er kam Trefzers Gesicht mit seinem ganz nah.
»Noch ein Ton, und du wirst nie mehr etwas sagen. Haben wir uns verstanden?«
Trefzer starrte ihn mit vor Angst geweiteten Augen an und nickte langsam.
»Also, wo sind die Sucuk?« Irfan nahm die Hand von Trefzers Mund, belieà aber die Pistole an seinem Kopf.
»Jedz hör uff midd dämm Saich. I weià nidd, wo diini Suschuggs sinn. Lönnd mi goo. Ich verrood chainem öbbis, niemerem! Ich schwöör drs bi miim Lääbe.«
Verwirrt schaute Irfan zu Mario. »Er weià es nicht?«
»Er hat keine Ahnung.«
»Wo ist dieser Schlaicher?«, fragte Irfan Trefzer drohend. Der schien sich noch immer in einem Schockzustand zu befinden.
»Jo, schaffe wohrschiinlich. Aber er chunnd gwiis glii wieder zrugg«,
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