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Salamitaktik

Salamitaktik

Titel: Salamitaktik Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralf H. Dorweiler
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noch lauter, als es durch den Knebel zu hören war.
    Erst jetzt schien dem Jungen klar zu werden, was er gesagt hatte. »Vergessen Sie’s einfach«, flüsterte er in einem fast bettelnden Tonfall.
    Trefzer versuchte, sich ein wenig zu drehen, um dem Druck auf den Arm und sein Handgelenk etwas zu lockern, doch das funktionierte nicht. Der Junge hatte den Elektroschocker mittlerweile ausgeschaltet und neben sich auf den Boden gelegt. Mit diesem Ding wollte er nicht noch mal Bekanntschaft machen. Es fühlte sich an, als würde man von einem D-Zug überrollt. Die Stelle an seiner Brust, wo er getroffen worden war, kribbelte immer noch ganz unangenehm. Stärker jedoch prickelten im Moment seine Füße, die durch die festgezurrten Kabel um seine Gelenke wohl nicht mehr ordentlich mit Blut versorgt wurden und einschliefen.
    Â»Wir wollen eigentlich nur die Sucuk«, flüsterte dieser Mario erneut.
    Hätte Trefzer unwissend mit den Schultern zucken können, hätte er das getan, so zog er nur den Kopf ein und kniff die Augen etwas zusammen. Er hatte so was von keine Ahnung, was eine Suschugg sein sollte. Nie gehört! War das überhaupt ein Wort? Wahrscheinlich irgendetwas Türkisches, eine Wasserpfeife oder so was.
    Â»Du sollst nicht mit ihm reden!«, rief Irfan von unten.
    Â»Entschuldigung. Ich komme mir nur so blöd vor.«
    Â»Du bist blöd«, kam als Entgegnung.
    Â»Vielen Dank«, sagte Mario ironisch und fügte an: »Was machen wir denn jetzt?«
    Â»Sei still und pass auf.«
    Â»Ich muss aber mal.«
    Trefzer rollte mit den Augen. Der Knabe schien wirklich nicht der Hellste zu sein und musste wohl noch lernen, dass man den Türken besser nicht reizen sollte.
    Â»Halt ein«, schimpfte der und ließ ein paar türkische Worte folgen, die stark nach Beleidigung klangen.
    * * *
    Es dauerte etwas, bis jemand zur Tür kam, um zu öffnen. Es war Brockmann selbst.
    Â»Sie schon wieder?«
    Â»Herr Brockmann, das ist mein Kollege Helbach.«
    Â»Mein Beileid«, sagte Helbach.
    Brockmann nickte.
    Â»Wir müssten uns noch einmal kurz mit Ihnen unterhalten. Ich hoffe, Sie können ein paar Minuten aufbringen.«
    Brockmann trug eine legere, anthrazitfarbene Jeans und ein schwarzes Hemd, vermutlich als Ausdruck seiner Trauer. Sein Gesichtsausdruck ließ allerdings eher auf Wut schließen.
    Â»Worum geht es?«
    Â»Natürlich um den Tod Ihrer Frau.«
    Â»Das ist klar«, schnauzte Brockmann. »Haben Sie etwas Neues herausgefunden?«
    Â»Vielleicht können wir das drinnen besprechen? Ich meine, so zwischen Tür und Angel …«
    Brockmann wirkte nicht so, als würde er Helbach und Schlageter gern hineinbitten, doch er kam wohl zu der Einschätzung, dass ihm nichts anderes übrig blieb. »Treten Sie ein, verehrte Herren Kommissare«, sagte er laut. »Ich bin gespannt, was es Neues gibt. Ein Besuch von zwei Kommissaren am Samstagmorgen, das hat man auch nicht alle Tage. Ich hoffe nur, dass es wirklich wichtig ist, ich habe nämlich mit der Planung der Beerdigung alle Hände voll zu tun.«
    Brockmann führte sie in den Raum, in dem Schlageter mit der Putzfrau Lavali gesprochen hatte, und bot ihnen an, auf dem Sofa Platz zu nehmen. Schlageter setzte sich, Helbach blieb stehen und betrachtete interessiert das Kunstwerk an der langen Wand, das strenge geometrische Formen in klaren Farben zeigte. Moderne Kunst gefiel Helbach genauso wenig wie Schlauchbootlippen, das wusste Schlageter aus den Jahren, die sie zusammenarbeiteten. Er blieb stehen, um den Raum und die Gesprächssituation aus einem anderen Blickwinkel in Augenschein nehmen zu können. Zudem war es für einen Verdächtigen immer sehr beunruhigend, wenn er sich mit einer sitzenden Person unterhielt, während sich eine zweite Person im Raum, vielleicht sogar in seinem Rücken aufhielt. Und da sie momentan niemand anderen hatten, war Brockmann ihr Hauptverdächtiger.
    Auf dem Tisch befanden sich Prospekte zweier Beerdigungsinstitute und Muster einer Sterbeanzeige. Dazu eine Aufstellung der zu erwartenden Kosten. Ein tragbares Telefon lag ebenfalls auf der Glasplatte, daneben stand eine dickwandige Tasse Kaffee, die fast leer getrunken war.
    Â»Wollen Sie einen Kaffee?«, fragte Brockmann, als er Schlageters Blick auf die Tasse bemerkte.
    Â»Wenn es Ihnen nicht zu viele Unannehmlichkeiten bereitet …«
    Â»Es ist

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