Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Salamitaktik

Salamitaktik

Titel: Salamitaktik Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralf H. Dorweiler
Vom Netzwerk:
Tür war normal breit. Ein Hubwagen hätte es hier schwer.
    Schlaicher überlegte, ob es Sinn machte, seine zweite Kamera hier zu positionieren, entschied sich aber schnell dagegen. Wollte die Lefèvre in den hinteren Lagerbereich gelangen, würde sie sicherlich die größere Tür benutzen. Das Problem war, dass er sein Glück vielleicht überstrapazierte, falls er die Kamera wirklich draußen anbrachte. Eine versteckte Stelle, an der sie nicht sofort auffallen würde, wäre sicherlich zu finden, aber damit sie ihm einen Blick in den hinteren Bereich ermöglichen konnte, musste er die Kamera auf der einsehbaren Fläche, also quasi direkt unter den Augen der Männer im Büro anbringen.
    Vielleicht unterhalb der Treppe? Wenn die Kamera dort angebracht werden konnte und er die Linse auf den Türbereich richtete, könnte er mit dem Zoom vielleicht sogar die Tastatur des Zahlenschlosses erkennen. Er holte das Handy aus der Tasche und schaltete es ein. Die App war schnell wieder da, was sie mit einem viel zu lauten Piepen meldete. Schlaicher zuckte erschrocken zusammen und lauschte. Nichts zu hören. Keine Reaktion von oben. Auf dem Display sah er, dass die am Fenster montierte Kamera gerade aufzeichnete, weil der Bewegungssensor seine Bewegungen mitbekommen hatte. Er sah sich selbst recht unscharf, wie er unter der Treppe stand und auf sein Smartphone blickte. Dass die Kamera jetzt lief, kostete zwar Batterie, aber so wusste er wenigstens, dass alles funktionierte.
    Er wählte die Treppenstufe mit dem besten Blick auf die Metalltür, drückte die Klebefläche extra fest an und hoffte, dass sie ihre Last auch dann halten würde, wenn jemand auf die Stufe trat. Dann aktivierte er die Kamera und setzte seinen Rucksack wieder auf.
    Jetzt aber raus hier. Er suchte nach einer Route, die ihn möglichst wenigen Blicken von oben aussetzen würde. Da hörte er etwas. Schlaicher fror sofort ein. Stimmen von oben. Er bekam sie nur am Rande des Wahrnehmbaren mit, war sich aber sicher, dass oben im Raum relativ laut gesprochen wurde. Würde gleich jemand auf die Galerie hinaustreten und ihn entdecken? Nein, so sehr er sich auch anstrengte, er hörte nur, dass eine Männerstimme brüllte und eine Frau dagegenhielt. Das war gut. Solange die dort oben miteinander beschäftigt waren, würde es ein Leichtes für ihn sein, unbemerkt das Lager zu verlassen.

11
    Mario stieg auf den Beifahrersitz, und Irfan brauste los, als wollte er die verschlafene Zeit aufholen. Während Mario an die Nachwirkungen seines Grases gewöhnt war, merkte man Irfan an, dass sie ihm ziemlich zu schaffen machten. Der Türke war knurrig und unkonzentriert, was andererseits auch daran liegen mochte, dass er darauf bestanden hatte, sofort und ohne Frühstück loszufahren. Gegen halb elf war Mario als Erster wach geworden und hatte Irfan kurz darauf durch Klopfen an die Tür geweckt. Seit er ihm die Uhrzeit genannt hatte, war Irfan unausstehlich, auch zu Opa und Michael.
    Â»Ã„hm, ich nehme an, wir fahren jetzt zu diesem Schlaicher und holen uns die Würste?«, versuchte Mario, ein Gespräch in Gang zu bringen. So nett der Abend gestern gewesen war, er freute sich auf die Zeit, die es nach dieser Geschichte hoffentlich für ihn geben würde. Zu Beginn ihres gemeinsamen Kifferlebnisses hatte Mario den Eindruck gewonnen, dass Irfan doch nicht so hart war, wie er sich gab. Der weitere Verlauf des Abends hatte dann aber doch eher auf das Gegenteil hingedeutet. Nach der Marley- CD hatte Irfan sich Marios Gitarre genommen und darauf verschiedene Lieder gespielt. Er war wirklich gut. Mario hatte gefragt, wieso er nicht Musiker geworden sei, und erfahren, dass Irfan davon träumte, ein Geschäft mit türkischen Instrumenten zu eröffnen. So weit, so wenig hart. Allerdings wirkte diesem Wunsch seine Tätigkeit für Babacıgım , seinen Onkel Umut, entgegen. Umut schien mehr als nur ein bisschen Einfluss in Frankfurt und Umgebung zu besitzen und war immer noch scharf auf seine Sucuk. Trotz seines benebelten Geistes hatte ihm Irfan nicht verraten, was es mit den Würsten auf sich hatte. Aber er war anderweitig ins Erzählen gekommen und hatte Mario berichtet, mit welchen Mitteln die Familie vorging, um zu erreichen, was Onkel Umut wollte. Die Beschreibungen waren so gar nicht nach Marios Geschmack gewesen. Nur ein Zug an einem neuen Joint hatte seinen Magen wieder

Weitere Kostenlose Bücher