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Salamitaktik

Salamitaktik

Titel: Salamitaktik Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralf H. Dorweiler
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etwas beruhigt, als Irfan auf Marios Frage, wie viele Menschen er getötet habe, lange überlegen musste, während sich seine Finger mitzählend bewegten, und er schließlich »zu viele« geantwortet hatte. Er gab zwar die Zahl nicht preis, bekannte im nächsten Moment jedoch freimütig dass die »Entsorgung« meist ein Problem darstellte. Dankenswerterweise hatte er das nicht weiter ausgeschmückt. Mario wurde jetzt noch schlecht, wenn er sich überlegte, dass vielleicht ein Feind der Familie in diesen Sucuk verarbeitet worden war und er dessen Überreste im Koffer bei sich getragen hatte. Auch der Gedanke, dass dieser Schlaicher die Würste angeschnitten haben könnte, brachte seinen Magen fast wieder zur Revolte. Zum Glück war er selbst auch nicht zum Frühstücken gekommen.
    Â»Genau. Wir fahren zu Schlaicher, kommen irgendwie rein und nehmen die Sucuk mit«, sagte Irfan nach einer geraumen Pause. Mario hatte schon gar nicht mehr mit einer Antwort gerechnet.
    Â»Und wenn sie nicht mehr da sind?«
    Â»Dann wird er uns sagen müssen, wo sie sind. Bevor wir die Sucuk nicht in den Händen halten, werden wir keine Ruhe geben.«
    Â»Warum sagst du mir nicht endlich, was es mit den Würsten auf sich hat?«, versuchte es Mario erneut. Und er staunte nicht schlecht, als Irfan tatsächlich antwortete.
    Â»Eine davon ist tatsächlich eine Sucuk, wie Onkel Umut sie am liebsten mag. Die anderen sind eher eine Verpackung.«
    Â»Drogen?«, fragte Mario und hoffte, dass die andere Möglichkeit nur seiner Phantasie entsprungen war.
    Irfan nickte. »Ja, und zwar deutlich wertvollere als dein Gras.«
    Den Rest der Fahrt über blieben sie still. Irfan fluchte nur einmal über einen Traktor, der vor ihnen auf der B 317 fuhr und kurz vor Maulburg einen kleinen Stau auslöste. Ausgerechnet am Glasturm bog der Traktor ab, sodass sie ihm weiter im Schneckentempo folgen mussten.
    Als sie endlich an Schlaichers Haus angekommen waren, fuhr Irfan daran vorbei und bog an einem gelben Gebäude nach links ab. Es gab dort ein Geschäft mit mehreren Parkplätzen.
    Sie gingen zurück bis zu dem Haus mit den grünen Fensterläden, nahmen die paar Stufen bis zur Tür und klingelten. Irgendwo im Haus erwachte ein tiefes Bellen.
    Â»Scheiße, ein Hund«, sagte Mario. Aber Irfan ignorierte ihn und klingelte erneut, was dazu führte, dass aus dem Bellen ein lautes Jaulen wurde. Sonst passierte nichts.
    Â»Er ist wohl nicht zu Hause«, meinte Irfan erfreut und drückte auch schon die nächste Klingel.
    Â»Ja?«, fragte eine Frauenstimme durch die Sprechanlage.
    Â»Können Sie uns bitte aufmachen? Wir sind wegen der Heizung da.«
    Â»Müssen Sie zu uns rein?«
    Â»Nein, nur ins Haus.«
    Dsssssss. Die Tür war offen. Mario war immer wieder überrascht, mit welcher Frechheit Irfan seine Ziele verfolgte. Allerdings fürchtete er, die nächste Dreistigkeit schon zu kennen. Wenn Schlaicher nicht da war und Irfan trotzdem ins Haus wollte, konnte das nur bedeuten, dass er gleich wieder seine Plastikkarte auspacken würde, die ihm bereits gestern bei dem Bullen als Ersatzschlüssel gedient hatte.
    Und so war es auch. Noch während sie die Treppe hochstiegen und die Namen auf den Türschildern inspizierten, holte Irfan sein Portemonnaie heraus.
    Im obersten Stock gab es drei Türen. An einer stand der Name Schlaicher. Dahinter waren Bewegungen zu hören. Das musste der Hund sein. Es klang nach einem großen Tier. Mario hatte keine Angst vor Hunden, aber der Gedanke, gleich möglicherweise einem ausgewachsenen Rottweiler gegenüberzustehen, bereitete ihm doch etwas Sorge. Er schaute Irfan an, der die Plastikkarte herauskramte. »Was ist mit dem Hund?«, fragte er flüsternd.
    Irfan wechselte die Hand, in der er die Karte hielt, und griff in seine Jacketttasche. Mario schluckte, als er den Kunststoffgegenstand erkannte: Es war ein Elektroschocker, der bei seiner Aktivierung ein leises Brizzel-Geräusch von sich gab. Irfan stellte den Schocker wieder aus und reichte ihn Mario.
    Â»Sobald die Tür auf ist, setzt du den Hund damit schachmatt«, raunte er ihm zu. Routiniert steckte er die Karte in den Schlitz zwischen Türblatt und Zarge. »Mach das Ding an«, flüsterte Irfan, als Mario sich nicht rührte.
    Mario war selbst wie geschockt. Er legte den kleinen Schalter um, und wieder war das

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