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SALVA (Sturmflut) (German Edition)

SALVA (Sturmflut) (German Edition)

Titel: SALVA (Sturmflut) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nina Suslik
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Recht
mich festzunehmen oder sogar auf mich zu schießen. Ich war wie erstarrt und
konnte nicht aufhören ihm in die Augen zu blicken. Hinter mir hatten die beiden
Männer es endlich geschafft, der Frau das Kind zu entreißen. Sie luden es auf
das Transportmobil und ließen die verzweifelte Frau auf dem nassen Asphalt
zurück. Ich nahm langsam die Hand vom Lauf der Waffe, wagte es aber nicht den
Blick abzuwenden. Der Mann sah mir noch für ein paar Sekunden in die Augen, ich
konnte seinen Blick nicht deuten, er wirkte immer noch irgendwie überrascht und
wütend, dann nahm er die Waffe runter und ging. Die Menschenansammlung löste
sich langsam auf, doch ich konnte mich immer noch nicht rühren. Ihsan kam zu
mir gelaufen und packte mich an den Schultern.
             „Ist alles in Ordnung?“ Seine Stimme
überschlug sich vor Aufregung. Ich war immer noch wie gelähmt und wusste nicht,
was ich sagen sollte. „Milla, sag doch was!“ Ihsan schüttelte mich ein wenig
und langsam floss das Blut wieder durch meinen Körper.
             „Ja, alles in Ordnung.“ Ich hatte
Angst, ich würde einfach umfallen, wenn meine Beine sich jetzt nicht in
Bewegung setzten. Ich ging los aber langsam, das Adrenalin raste immer noch
durch mich. Ich wollte nur so schnell wie möglich nach Hause. Ich ließ die
weinende Frau einfach auf dem Boden liegen. Die Möglichkeit erschossen zu
werden hatte mich nicht abgeschreckt doch mich der Verzweiflung dieser Frau zu
stellen konnte ich einfach nicht. Ich wollte vergessen, dass sie da war.
             „Du hast ihr gerade das Leben
gerettet.“ Ihsan lief neben mir her, eine Hand an meinem Oberarm. Scheinbar
hatte auch er Angst, ich würde gleich ohnmächtig zusammenbrechen. Ich fühlte
mich nicht, als hätte ich etwas Derartiges getan. Diese Frau wirkte völlig
zerstört. Ich hatte nur dafür gesorgt, dass sie weiter leiden würde. Je mehr
ich daran dachte, desto schlechter ging es mir.
             „Ich weiß nicht. Lass uns nicht mehr
davon sprechen.“ Ich ging einfach weiter und Ihsan verstand, dass ich es auch
so meinte.

 
    Wir
kamen an unserem Wohnkomplex an. Es war ein riesiger Betonbau mit acht
Wohneinheiten. In einem Abschnitt befanden sich jeweils sechzehn. Jede
Wohneinheit hatte ihren eigenen Außeneingang, es sah so aus, als hätte man
mehrere quadratische Häuser einfach über einander gestapelt und Treppen
angebracht. In der Mitte der sechzehn Wohnkomplexe gab es einen
Einkaufskomplex. Dieses Muster führte sich über alle Blocks meines Stadtteils
fort. Es war eine riesige Plananlage, die maximalen Komfort für die Einwohner
bieten sollte. Eigener, großzügiger Wohnraum, großstadtnah und mit allem, was
man brauchte, direkt vor der Haustür. Diese Art zu bauen kam wieder in Mode,
als die Rohstoffknappheit die Architekten dazu zwang, vor allem effiziente
Wohnmöglichkeiten zu entwickeln. Man fühlte sich nicht wie Hühner in einer
Legebatterie und dennoch lebte man mit dem Minimum an Individualität. Ihsans
Wohneinheit war ganz oben, ich wohnte ganz unten. Der Chip, den man implantiert
bekam, diente auch als Schlüssel. Ich hielt meinen Arm an den Sensor und
öffnete die Tür. Es roch nach Essen. Wir schälten uns im Flur aus den nassen
Sachen und hingen sie sofort zum Trocknen auf. In der Küche wartete schon mein
Stiefvater Boris auf uns. Er war zwar nicht mein richtiger Vater aber ich
verstand mich gut mit ihm. Als meine Mutter Boris Eldan kennen lernte, war mein
Vater bereits seit sieben Jahren fort. Ein Jahr später heiratete sie ihn und er
behandelte meine Mutter und mich immer anständig. Er war kein Freigeist wie
mein Vater, lobte aber die Regierung auch nicht in höchsten Tönen. Nachdem
meine Mutter vor zwei Jahren gestorben war, machte er keine Anstalten mich wie
sein eigenes Kind weiter aufzuziehen und zu versorgen. Ich war zu dieser Zeit
zwar schon kein Kind mehr aber mit siebzehn auch noch zu jung um für mich
selbst zu sorgen.
             „Du bist spät dran und Besuch hast du
auch noch dabei. Hi Ihsan, wie geht es deiner Mutter.“ Er reichte Ihsan die
Hand und klopfte ihm freundschaftlich auf die Schulter. Er mochte ihn, so wie
jeder im Komplex.
             „Danke ganz gut, nur der andauernde
Regen schlägt ihr etwas aufs Gemüt.“
             „Wem nicht.“ Boris gab uns einen Wink
Platz zu nehmen und holte das Essen vom Herd. Ich musste nicht erst fragen, was
es zu essen gab. Ich sah von meinem Platz aus

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