SALVA (Sturmflut) (German Edition)
stehen. Ich hörte
ihn nur rufen.
„Es tut mir Leid Kela! Alles wird gut,
mein Mohnblümchen, alles wird gut. Pass auf Mama auf, solange ich weg bin.“ Ich
rief zurück, ich würde auf alles aufpassen, solange er fort sei. Es war das
letzte Mal, dass ich meinen Vater sehen sollte
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Es
war Zeit für Gestaltungsunterricht. Die Stunden nach dem eigentlichen
Unterricht, die jeder Schüler und Student für Selbststudien nutzen sollte. Da
die Bildungsinstitute wesentlich besser ausgestattet waren, als die Haushalte,
nutzten viele dieses Angebot. Für mich war es die perfekte Tarnung. Ich war
sowieso gut darin, meine Spuren zu verwischen, aber die Öffentlichkeit des
Ortes gab mir noch einmal zusätzlichen Schutz. Ich war auf dem Weg in den
Informationsraum. Dort hatte man freien Zugang zu virtuellen Medien. So sollten
alle Zugang zu den wichtigsten Nachrichten bekommen. Es waren nicht wirklich
Nachrichten. Ein kleine Zahl von Menschen in Europa wusste, dass es nur
Regierungspropaganda war. Ich hatte es mir selbst zum Ziel gesetzt, diese Zahl
wachsen zu lassen. Ich war keine Rebellin. Ich sah mich nicht in der Lage für
Selbstbestimmung und Freiheit auf die Straße zu gehen und zu kämpfen, so wie
mein Vater. Alles, was ich über die Wahrheit wusste, hatte er mich
gelehrt. Ich war damals noch sehr jung und konnte nicht alles verstehen aber er
hatte keine andere Wahl, als es mir so früh wie möglich zu erzählen. Er und
eine Hand voll anderer Menschen hatten nur sehr begrenzte Mittel, um gegen
einen übermächtigen Gegner anzugehen, die Vereinten Staaten von Europa. Er
wusste, dass er diesen Kampf nur verlieren konnte, doch sein Gewissen erlaubte
ihm nichts anderes, als es zumindest zu versuchen. Ich war erst sieben, als sie
kamen und meinen Vater fest nahmen. Danach habe ich ihn nie wieder gesehen und
nie wieder etwas von ihm gehört. Er hatte meine Mutter und mich zurückgelassen.
Ich hatte Nichts von ihm, außer seinem Willen zu kämpfen. Glücklicherweise
hatte ich noch etwas anders, das mein Vater nicht hatte: Ein Händchen für
Technik. Ich öffnete die Tür zum Informationsraum und ging ganz nach hinten
durch. Die Plätze an der hinteren Wand waren mir am liebsten. Es war nicht so,
dass irgendjemand bis jetzt Verdacht geschöpft hatte aber ich war lieber
vorsichtig. Niemand traute das, was ich tat, einer jungen Frau zu. Das war
vermutlich mein größter Schutz. Ich hielt meinen Arm an den Scanner des Tablets
vor mir. Erst durch das Einlesen eines Chips in meinem Arm konnte ich mich
vernetzen. Das war kein größeres Problem, ich würde die Informationen gleich
manipulieren und meine Spuren verwischen. Das war nicht ganz einfach. Ich hatte
lange dafür an einem Tablet-Dummie geübt, den ich mir zusammengebastelt hatte
aber mittlerweile konnte die Regierung kaum noch ein Update schalten, das mich
groß aus dem Konzept brachte. Ich setzte den Dive , ein kleines
Kontrollgerät, das an der Schläfe befestigt wurde und die Kontrolle des Tablets
durch Nervenimpulse erlaubte, auf und schon ging es los. Meine Ziele waren
immer die gleichen virtuellen Medien. Die Seite der Regierungsadministration
meines Landes und die großen Nachrichtensysteme. Ich blockierte ihren Zugriff
und überspielte die vorhandenen Informationen mit meinen eigenen Botschaften.
Es war eigentlich ein Tropfen auf den heißen Stein. Meistens brauchten sie nur
wenige Stunden, um die Medien wieder herzustellen. Vorher nahmen sie sie
natürlich ganz aus dem Netz. In diesem kurzen Zeitfenster kamen kaum
irgendwelche Leute dazu meine Aufrufe und Nachrichten zu lesen. Trotzdem musste
ich weiter machen. Es war die einzige Möglichkeit für mich, das weiter zu
führen, was mein Vater angefangen hatte. Ich sah mich um. Der Informationsraum
war schon ziemlich leer geworden, bald würden sie uns auffordern zu gehen. Ich
musste mich beeilen. Für heute hatte ich eine aggressivere Botschaft mit
weniger Inhalt vorbereitet:
An
alle Regierungstreuen,
wacht
endlich auf und erkennt die Wahrheit.
Das
Gift, das man euch als Medizin verkauft beraubt euch eurer Freiheit.
Ihr
seid die willenlosen Sklaven einer riesigen Lüge.
Ich
begutachtete noch einmal meine Arbeit und löschte mich dann selbst aus dem
Kontrollprotokoll der User. Ich nahm meine Sachen und verließ den Raum. Ich
hatte oft darüber nachgedacht meine Arbeit mit einem Synonym zu
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