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Salz auf unserer Haut

Salz auf unserer Haut

Titel: Salz auf unserer Haut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Benoite Groult
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du, daß ich Feuer an einer gewissen Stelle habe?« sage ich zu Gauvain, denn »zwischen den Beinen« kann ich nicht einfach so, nicht so schnell, sagen. Im Grunde kennen wir uns ja nicht sehr gut. »Du hast Feuer an einer Stelle, an die ich unentwegt denke«, antwortet er honigsüß, und dabei zögert er zwischen der Freude über die Huldigung an seine Männlichkeit und dem Staunen über meine Offenheit, die er bei einer Person meines Bildungsniveaus nicht erwartet hat.
    Es macht mir Spaß, ihn zu schockieren, es ist ja so leicht! Er lebt mit endgültigen Ideen, in einer Welt, wo die Dinge und die Leute ein für allemal in voneinander abgeschottete Kategorien eingeordnet sind.
    Während ich eine lindernde Creme auf die betroffene Zone auftrage, wundere ich mich, daß die Autoren von Erotika diesen kleinen Unfall der… Wollust stets unerwähnt lassen. Die Scheiden ihrer Heldinnen werden als unverwüstliche Rohrleitungen dargestellt, die das Eindringen von Fremdkörpern endlos ertragen können. Meine hingegen ist vollkommen wund. Ich inspiziere die Stelle mit meinem vergrößernden Kosmetikspiegel und erkenne meine brave, anständige, sonst so diskrete, so vornehme Vulva nicht wieder. Sie hat sich in eine ungeheuerliche, unverschämte, überquellende Aprikose verwandelt, bei der das Fleisch die Haut beiseite schiebt und allen Raum einnimmt, kurz, in eine absolut indezente Frucht, die zu allem Unheil auch noch brennt, ganz abgesehen davon, daß sie unfähig ist, auch nur ein Suppennüdelchen aufzunehmen. Und dennoch werde ich in absehbar kurzer Zeit hinnehmen, was erzähle ich, verlangen, daß Gauvain das Brandeisen wieder auf mich ansetzt, daß er mir diese Ungeheuerlichkeit wieder einführt, die gegen alle Regeln der Physik, wenn sie erst einmal die schmerzende Stelle überwunden hat, ihren angemessenen, wenn auch etwas knapp geschneiderten Platz einnimmt. Befänden wir uns im normalen Leben, würde ich um einen vorübergehenden Waffenstillstand bitten, aber wir haben so wenig Zeit! Und gegen alle Voraussicht, wo ich doch dachte, ich würde volltanken und zufrieden meines Weges ziehen, fühle ich mich immer mehr in einem Zustand des Entzugs. Seine dauernde Nähe, sein Getreidegeruch, die Verblüffung, ihn unentwegt zu begehren, monopolisieren all meine Sinne. Also liege ich wach in der Nacht, versuche mich, während er schläft, an ihm vollzusaugen, und tagsüber ernähre ich mich von seiner Schönheit, von den Liebkosungen seiner Hände, die so steif und ungehobelt sind, wenn ich sie auf einer Tischplatte sehe, und die sich in Goldschmiedehände verwandeln, sobald sie mich berühren. Anstandshalber und um uns ein wenig zu wehren gegen das Tier in uns, besichtigen wir in den Zwischenpausen den Eiffelturm, den Arc de Triomphe, den Louvre… Nach den Wandelpfaden der Lust nun also die Touristenwege. Da Gauvain die Hauptstadt noch nie gesehen hat, machen wir auch eine Vergnügungsfahrt auf der Seine. Aber alle unsere Ausflüge finden ein vorzeitiges Ende: Engumschlungen, mit vor Liebe schmerzendem Körper, tun wir zunächst so, als schlenderten wir herum wie ehrbare Fußgänger, bis ein ungewolltes Streifen seines ach so harten Schenkels, ein gezielter Seitenblick auf meinen Busen, ein Blick, in dem ich anderes lese als Interesse für die Louvre-Fassade, uns den Rückweg zum Hotel antreten lassen; es wird ein hastiger Rückweg, und darüber schämen wir uns ein wenig.
    Unten an der Hotelbar legen wir eine kurze Pause ein. Allein der Alkohol vermag es, die zugeschnürte Kehle zu lösen, und jedes Glas schenkt uns ein wenig mehr Intimität und läßt uns die Trennung vergessen, die uns schon umzingelt.
    »Was tust du denn hier, Lozerech? Kannst du mir das erklären?«
»Ich bin noch mehr erstaunt als Sie, gnädiges Fräulein, aber wenn Sie mir bitte nach oben folgen wollen, vielleicht verstehen wir es dann«, antwortet Gauvain und versucht über eine Frage zu scherzen, die ihn ganz offenbar quält. Aber während er redet, drückt er sein Bein an meins, und das genügt schon, um uns aus dem Herrschaftsbereich der Vernunft zu vertreiben. Besiegt, sogar der Ironie unfähig, stoßen wir gemeinsam einen jener Seufzer aus, die die Unbotmäßigkeit des Körpers verraten.
Sie waren schrecklich und genußreich, jene Tage. Genußreich, weil ich die schlimme Fähigkeit besitze, in der unmittelbaren Gegenwart zu leben. Schrecklich, weil ich spürte, daß Gauvain bereit war, mir sein Leben zu schenken, und daß er es nicht zweimal

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