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Salz der Hoffnung

Titel: Salz der Hoffnung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Shaw
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gutes Auge hatte. Regal wünschte, sie könnte jetzt eine dieser Pistolen nehmen und ihre Großmutter von ihrem Leiden erlösen, aber dazu fehlte ihr der Mut. Und ihrem Großvater erging es vermutlich ebenso.
             
            An einem regnerischen Tag im Februar starb ihre Großmutter schließlich. Regal sah in ihrem Tod eine Gnade, doch Großvater war erschüttert. Nach der Beerdigung war er offensichtlich von der Vorahnung beseelt, daß auch sein Leben zu Ende ging. Er führte Regal in sein Arbeitszimmer und gab ihr den roten Lederkasten mit dem Schmuck ihrer Großmutter. »Hier, das gehört jetzt dir, Missy. Gib gut darauf acht. Und hier ist noch etwas, das du an dich nehmen solltest. Deine Geburtsurkunde.«
            Sie war sehr aufgeregt, doch sie versuchte, es sich nicht anmerken zu lassen. Sie hatten Großmutter gerade erst zur letzten Ruhe gebettet, alle trauerten, also dankte sie ihm mit dem gebotenen feierlichen Ernst.
            »Du brauchst nicht weiter zur Schule zu gehen«, fuhr er fort. »Ich will nicht, daß die Dienstboten sich auf die faule Haut legen. Solange deine Großmutter noch lebte, wollte ich nicht, daß sie glaubt, jemand verdränge sie von ihrem Platz, aber von nun an wirst du dich um den Haushalt kümmern.«
            »Jessie und Mrs. Hobway sind doch nicht faul«, wandte Regal ein. »Sie wissen, wie man das Haus zu führen hat.« Aber er war nicht umzustimmen. »Ettie hat über das Haushaltsgeld verfügt, den Dienstboten Anweisungen erteilt und sie bezahlt. Ich möchte mit diesen Dingen nicht behelligt werden und will auch nicht, daß mein Geld verschleudert wird. Du wünschst dir ja bestimmt nicht, irgendwann am Bettelstab enden. Darum nehme ich dich von der Schule.«
            »Aber dies ist mein letztes Jahr«, jammerte sie. »Ich habe so hart gearbeitet, um ein gutes Abschlußzeugnis zu bekommen. Wenn ich jetzt von der Schule gehe …«
            »Darüber brauchst du dir keine Gedanken mehr zu machen. Ein Abschlußzeugnis ist nur ein Fetzen Papier. Ich selbst bin auch nicht allzulange zur Schule gegangen, und es ist dennoch etwas aus mir geworden. Du bist alt genug, um all diese Dinge hinter dir zu lassen. Du wirst schön zu Hause bleiben und dir dein Brot verdienen. Ich bin nicht bereit, eine Haushälterin zu bezahlen.«
            »Dann mach doch Jessie zur Haushälterin.«
            »Hör endlich auf zu widersprechen! Geh und belästige mich nicht länger. Du hast jetzt eine Aufgabe, also kümmere dich darum.«
            »Aber ich weiß gar nicht, was eine Haushälterin zu tun hat!«
            »Dann wird es höchste Zeit, daß du es lernst.«
            Draußen lag Schnee, und an den Fenstern hatten sich Eisblumen gebildet. Alles war ruhig, als sei die Stille mit dem Winter eingezogen, um vom Trauerfall im Haus zu zeugen. Regal suchte nach den richtigen Worten. Sie hatte gute Aussichten, den besten Schulabschluß ihrer Klasse zu machen, vielleicht sogar die Jungs zu überflügeln. Mrs. Trotter, die in einem ständigen Konkurrenzkampf mit ihrem Mann lag, hatte sie unterstützt und bestärkt, hocherfreut, daß eines ihrer Mädchen vielleicht den besten Abschluß der ganzen Schule machen würde. Regal hatte hart gearbeitet, sie brauchte die Anerkennung, das Gefühl, um ihrer selbst willen etwas zu gelten, nicht immer nur das uneheliche Hayes-Mädchen sein. Und mehr als alles andere hatte sie ihrer Großmutter eine Freude machen wollen, aber dazu war es jetzt zu spät.
            Großvater wandte sich wieder dem Schmuckkasten zu. »Es steht ein Name darauf …« Mit einer fahrigen Geste wies er auf die Geburtsurkunde, als sei sie ein wertloser Fetzen Papier. »Der Name eines Mannes. Sie hat ihn als den Vater benannt, aber ich würde nicht allzuviel darauf geben. Polly konnte ziemlich verschlagen sein.«
            »Aber, Großvater! Für ein amtliches Zertifikat hätte sie doch sicher niemals gelogen!« Regal war schockiert, daß er die arme Polly derart kritisierte.
            Er zuckte die Achseln, als sei er der Diskussion überdrüssig. »Es spielt keine Rolle, wir wollten nichts von ihm wissen. Er geht uns nichts an.«
            »Mich schon«, sagte sie leise, bemüht, seinen Gedankengang nicht zu unterbrechen, wo es doch noch so vieles herauszufinden galt. »Wann ist er gestorben?«
            »Wer?«
            »Mein Vater. Dessen Name da

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