Salz und Asche - Roman
gottesfürchtig und fromm als deine. Und ich bin durch mein ganzes Leben gegangen, ohne einen Kratzer an meiner Ehre davonzutragen. Wenn ich also entscheide, dass das, was in meinem Hause vor sich geht, ehrbar ist, dann sollte es dir reichen. Meine Susanne und ihr junger Mann sind einander versprochen. Wenn sie sich an der Hand halten, dann ist das recht. Er hat meinem Sohn das Leben gerettet und ist mein Gast, bis er in einigen Tagen die Stadt wieder verlässt.«
»Einander versprochen? Büttner, hast du den Verstand verloren? Dass der Kerl ein Mal eine gute Tat getan hat, das hat dich wohl verblendet. Er bleibt doch ein Straßenköter. Wenn du dem deine Tochter gibst, dann wirst du sie ewig zufüttern müssen. Da wird dein Vermögen dahingehen.«
»Ach, da läuft der Hase. Sei ganz unbesorgt, für Martins und Dorotheas Kinder bleibt genug. Susannes Jan hat Pläne, die haben Hand und Fuß. Der wird ein Schlosser, bei
dem die Leute anstehen werden, warte nur ab. Er wird Hilfe brauchen, damit er heiraten kann. Aber da lasse ich mich so wenig lumpen, wie sich seinerzeit mein Schwiegervater hat lumpen lassen. Er wird es mit Zins zurückzahlen, das kannst du mir glauben.«
»Ha«, sagte Marquart. Seine Miene war noch immer verkniffen, doch die Einwände schienen ihm ausgegangen zu sein. Büttner fühlte Genugtuung. Nun, da er es ausgesprochen hatte, glaubte er schon beinah selbst, dass Niehus einen guten Eidam abgeben würde. »Und weißt du, mein Bester, meine Susanne ist schließlich auch nicht ohne. Die hat einen hellen Kopf auf den Schultern, da kann mancher Ratsherr neidisch sein. Die wird schon darauf achten, dass die Geschäfte laufen.«
Marquart blieb danach nicht mehr lang, und sie sprachen nur noch über das Handwerk und das Wetter. Erst später, als der Alte fort war und Ulrich Büttner Susanne mit ihrem Jan heimkommen hörte, gestand er sich ein, warum er in Wahrheit nichts mehr gegen eine Ehe zwischen den beiden einzuwenden hatte.
Susanne hatte am Vortage in der Küche gesungen. Seit Jahren hatte sie das nicht getan. Er hatte beinah weinen müssen, als er es hörte. Ihre Stimme klang genau wie die ihrer Mutter an den schönsten Tagen ihrer Ehe.
Kleines Nachwort
ABECEDARIUM
Aus dem 17. Jahrhundert sind illustrierte ABC-Lehrbücher erhalten, die im Ansatz bereits kindgerecht gestaltet wurden. Der zitierte Vers »Dem wilden Bär …« ist einer Fibel des 18. Jahrhunderts entnommen. (Susanne war in dieser Hinsicht ihrer Zeit voraus.)
BESEFFLER, BLOCHART, BRUSS …
sind Begriffe aus der Soldatensprache des Dreißigjährigen Krieges. H. M. Moscherosch hat 1640 in seinem satirischen Roman »Philander von Sittewalds wunderliche und wahrhafftige Gesichte« ein kleines Wörterbuch dieser »Feldsprache« zusammengestellt. Ein kleiner Auszug daraus:
BESEFFLER
Betrüger
BLOCHART
Blindgeborener
BRUSS
Aussätziger
DART
Dreck
SCHMALKACHEL
Einer, der übel redet
WEISSHULM
Einfältiges Volk
ZWICKER
Henker
DRUCKEREI LAMPE
Viele Lüneburger kennen den Namen der geschichtsträchtigen Druckerei »von Stern«, die seit Jahrhunderten im
Besitz derselben Familie ist. Die Inspirationsquelle für die »Druckerei Lampe« ist also leicht zu erkennen. Doch da sämtliches Personal des Romans frei erfunden ist, sollte auch die Druckerei nicht mit dem wahren Traditionsunternehmen verwechselt werden.
MONS, PONS, FONS
Wenn die Lüneburger damals über Mons, Pons und Fons gesprochen haben, so ging es dabei um alles, was die Stadt betraf. Denn Mons (der Kalkberg mit der Festung), Pons (die erste Brücke über die Ilmenau) und Fons (die Salzquelle) symbolisieren Lüneburgs Ursprünge. Aus den Anfangsbuchstaben dieser Worte ist das Lüneburger Stadtsymbol zusammengefügt.
SÜLFMEISTER
In der Lüneburger Saline oder »Sülze« wurde das Salz in großen viereckigen Bleipfannen gesiedet, immer vier davon standen in einer Siedehütte. Siedeberechtigt war, wer eine Pfanne (oder einen Teil davon) gepachtet hatte. Ab vier ganzen Pfannen galt ein Pächter als Sülfmeister, was in den guten Zeiten des Lüneburger Salzhandels eine Garantie für Reichtum war. Die Sülfmeister waren über Jahrhunderte hinweg der angesehenste und politisch mächtigste Stand der Stadt.
STRASSENNAMEN
Die Häuser der im Roman auftretenden Familien sind erfunden, nicht aber die Straßen, Plätze und öffentlichen Gebäude. Viele dieser Orte kann man noch heute besuchen und einen Hauch vergangener Zeiten spüren.
Da sich viele Straßennamen
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