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Salzburger Totentanz

Salzburger Totentanz

Titel: Salzburger Totentanz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ines Eberl
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hatte Risse, in denen sie noch die Reste von Papierkügelchen sehen konnte, die sie als Kind hineingesteckt hatte. Hier war das Brandzeichen von dem Tag, als Paps die heiße Grillzange auf den Tisch gelegt hatte. Und dort drüben war sein Frühstücksplatz gewesen. Kreisrunde Kaffeeflecke waren an den Stellen eingedrungen, wo er seine Tasse, ganz vertieft in die Zeitung, immer neben der Untertasse abgestellt hatte. Michaela spürte überdeutlich ihren Herzschlag. So musste es sein, wenn einem schwer ums Herz wurde.
    »Ja, wie gesagt, ich hab deinem Vater Achilles vorbeigebracht. Und weil ich wusste, dass er so gerne Schwammerl isst, als kleines Dankeschön sozusagen …«
    »Hast du ihm die Pilze gegeben«, sagte Michaela.
    »Also, gegeben nicht direkt.« Teresa fuhr sich mit der Hand durchs Haar. »Er hat ja an seinen Rosen gearbeitet und war so in Gedanken. Und Achilles war schon im Garten unterwegs. Er kennt sich hier ja aus … Ich hab das Körberl auf den Küchentisch gestellt.«
    Michaela wollte nichts mehr hören. »Teresa …«
    »Aber Arnulf hat doch immer jedes Schwammerl dreimal umgedreht«, sagte Teresa und rang die Hände. Michaela wandte sich ab. »Ich hab gedacht …« Ihre Stimme wurde unsicher, dann fing sie zu weinen an.
    »Ach, Paps«, flüsterte Michaela. Sie stand auf, holte die Küchenrolle vom Waschbecken und hielt sie ihrer Nachbarin hin. Teresa griff dankbar danach.
    »Mein Gott, es tut mir ja so leid«, sagte sie. »Wie konnte das nur passieren?«
    »Schon gut«, sagte Michaela. Ähnlich wie jetzt hatte sie sich nach Paps’ Tod gefühlt. Erst war da gar kein Gefühl gewesen. Dann hatte sie es nicht wahrhaben wollen. Sie hatte innerlich gegen das Schicksal aufbegehrt und es schließlich doch akzeptieren müssen. Nur weinen hatte sie nicht können. Nicht einmal auf der Beerdigung. Aber irgendwann würde die Trauer kommen, hatte jemand auf dem Friedhof gesagt, und mit ihr die Tränen und der Abschied. Aber jetzt? Jetzt fühlte sie sich einfach nur müde und leer. »Mach dir keine Vorwürfe. Das ändert doch nichts mehr und … vielleicht waren es ja auch die … die Studentenschwammerl.«
    Sie konnte nicht mehr atmen in der stickigen Küche. Auf der Fensterbank standen noch immer die Reisemitbringsel. Michaela starrte auf den Gecko, dessen weißliche Haut wie mit einem gelben Schimmer überzogen leuchtete. Ihre Lider brannten. Das tote Tier verschwamm vor ihren Augen, und endlich spürte Michaela, wie ihr die Tränen die Wangen hinabliefen.

VIERZEHN
    Im Inneren der Paris Lodron Universität herrschte reges Treiben. Das Wintersemester stand bevor, und alle – die aufgeregten Erstsemester wie die alten Hasen – wollten sich rechtzeitig ihren Platz in einer begehrten Lehrveranstaltung sichern. Auf der breiten Marmortreppe kam Michaela eine Horde junger Leute entgegen, sodass sie Mühe hatte, sich mit der Dogge im Schlepptau über die ausgetretenen Stufen in den ersten Stock hinaufzuarbeiten.
    Am oberen Treppenabsatz staute sich eine Menschenmenge vor dem Sekretariat, aus dem Frau Happels Feldherrenstimme bis auf den Gang hinaus tönte. Michaela ging gleich weiter bis zu Paps’ Büro, in dem jetzt sicher Hans arbeitete.
    Sie legte die Hand auf die Türklinke und zögerte einen kurzen Moment, den Achilles nutzte, um sich hechelnd auf den Steinboden fallen zu lassen. Sie ruckte an der Leine. »Na los, komm schon, Faulpelz!«
    Die Dogge gähnte und schloss ihr Maul mit einem Fiepen.
    »Achilles, ich warne dich«, zischte Michaela. »Wenn du hier Zicken machst, kauf ich dir eine Fahrkarte in den Lungau.« Sie wollte das Riesentier nicht unbeaufsichtigt auf dem Gang lassen.
    Achilles wandte den Kopf ab.
    »Na gut, dann bleib halt liegen.« Sie drückte die Türklinke.
    Die große Flügeltür war nur angelehnt. Als Michaela eintrat, traf sie ein starker Luftzug von dem raumhohen Fenster, vor dem sich die schweren Vorhänge blähten. Rasch schloss sie die Tür hinter sich. Hans konnte sie nirgends entdecken. Vielleicht hätte sie anrufen sollen.
    Auf dem Schreibtisch lagen Computerausdrucke und handschriftliche Aufzeichnungen, die der Wind offensichtlich durcheinandergewirbelt hatte. Michaela erkannte Paps’ altmodische schwarz-goldene Füllfeder, die neben einem aufgeschlagenen Kunstband lag. Hans hatte das Büro anscheinend nur kurz verlassen.
    Auf dem kleinen Tisch neben dem Kachelofen lag ein Stapel Bücher. Wie oft hatte sie nach dem Tod ihrer Mutter hier ihre Hausaufgaben gemacht, während

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